Sie ist mit nur 27 Jahren Deutschlands jüngste Sterneköchin: Julia Komp. Und sie ist eine von nur sieben Frauen unter den 300 ausgezeichneten Gastronomen im Land.
Sie mag keine langen Reden, sie überzeugt andere lieber durch wahre Gaumenfreuden. Gerne verfeinert mit orientalischen und asiatischen Gewürzen. Trotz höchster Auszeichnungen ist sie bodenständig. Sie bleibt sich treu, ist ehrgeizig, neugierig und voller Tatendrang.
Frau Komp, seit Jahren begeistern sich viele Menschen für Kochshows. Hat gutes Essen heute einen größeren Stellenwert als früher?
Kochshows sind so attraktiv wie Quizshows! Aber es gibt nur wenige Menschen, die sich wirklich für das Kochen interessieren, die wissen, wie ein gutes Gericht gemacht wird und wie viel Liebe darin steckt. Nicht viele Leute wissen das zu schätzen. Heute muss alles schnell gehen.
Sie sind eine, die sich interessiert ... Wie beschreiben Sie Ihre Küche?
Ich möchte für die Gäste immer etwas Besonderes machen, und ich liebe Gewürze, vor allem orientalische und asiatische. Meine Oma hatte ein Haus in Tunesien, da habe ich viele Ferien verbracht und viel probiert. Das hat mich fasziniert und beeinflusst. Durch meine Zeit in Malaysia kam die asiatische Richtung dazu. Kochen heißt für mich auch, andere glücklich zu machen.
Offenbar haben Sie auch die Michelin-Tester glücklich gemacht: Sie wurden mit 27 Jahren Sterneköchin.
Das Michelin-Team kam anonym. Und als ich den Stern bekam, war ich einfach sprachlos. Auf der anderen Seite fielen mir eine Million Steine vom Herzen. Danach wurde natürlich gefeiert! Es ging alles viel schneller, als ich dachte. Um mehr Erfahrung zu haben, hätte ich gerne vorher in einem Zwei- oder Drei-Sterne-Restaurant gearbeitet.
Viele Köche träumen ja von einem Stern. War das bei Ihnen nicht so?
Mir war es immer wichtig, ordentlich zu arbeiten, und ich habe einen hohen Anspruch an mich selbst. Schon während meiner Ausbildung wurde ich Stadtmeisterin in Köln. Es folgten der zweite Platz beim Wettbewerb zu den besten Nachwuchsköchen in Deutschland, die Silbermedaille bei der Olympiade der Köche, Doppel-Gold beim Kremlin Culinary Cup in Moskau und viele andere Preise und Auszeichnungen. Nach meiner Ausbildung war ich in einem Restaurant Chef de Partie, in zwei verschiedenen Sous Chefin und seit November 2015 bin ich Küchenchefin im Restaurant Schloss Loersfeld in Köln. Ein halbes Jahr später kam der Stern.
Sind Sie denn schon von Ihrer Familie in Sachen Essen geprägt?
Essen war bei uns immer wichtig. Es wurde großen Wert auf gute Produkte gelegt, gekocht wurden eher bodenständige Gerichte. Gutes traditionelles Essen stirbt langsam aus. Immer weniger Leute können heute noch einen leckeren Sauerbraten machen.
Und wann haben Sie die Kochkunst für sich entdeckt – auch als Beruf?
Meine Großeltern hatten ein Reiseunternehmen. Bei den Busreisen in Deutschland, nach Österreich und Italien gab es immer schöne Hotels und gutes Essen. Wann immer es ging, bin ich mitgefahren – und dabei auf den Geschmack gekommen. Ich wusste früh, dass ich Köchin werden will.
Wie ging‘s weiter, wo haben Sie erste Erfahrungen gesammelt?
Ich habe verschiedene Praktika gemacht, in einem Hotel und einem Delikatessengeschäft. In der Küche hat es mir immer am besten gefallen. Während des Abiturs habe ich einen Partyservice aufgebaut, erst für Freunde und Verwandte, später für Veranstaltungen, um etwas dazuzuverdienen. Fingerfood war sehr beliebt. Meine Vorbilder waren damals Jamie Oliver und Tim Mälzer. Später folgten weitere Praktika in verschiedenen Restaurants in Deutschland und Malaysia. Ein Praktikum machte ich auch im Schlosshotel Lerbach in Köln, wo ich heute Küchenchefin bin.
Haben Sie das Restaurant für Ihre Ausbildung zur Köchin gezielt ausgewählt?
Gelernt habe ich im Restaurant Zur Tant am Rhein in Köln. Kreative deutsche Gerichte und Gourmetmenüs bestimmen dort die Karte. Mir ist das Restaurant für eine Ausbildung empfohlen worden, und ich habe gleich einen Platz bekommen. Bei der Probearbeit war ich so aufgeregt, dass ich ohnmächtig geworden bin! Meine Ausbildung hat mich sehr geprägt, ich durfte immer viel ausprobieren.
Inzwischen sind Sie Küchenchefin – wie sieht denn Ihr Tag aus?
Ich treffe mich morgens mit meinem fünfköpfigen Team zur Besprechung, kümmere mich um die Bestellungen, dann wird gekocht. Nach zwei Stunden Pause am Nachmittag geht es weiter. Es ist nicht immer leicht, das Team bei Laune zu halten, schließlich ist ein Chef nur so gut wie sein Team. Ich mag den Teamspirit und schätze auch die Kritik von anderen. Sonst kommt man selbst nicht weiter.
Es gibt nur sehr wenige Frauen in der Spitzengastronomie. Wie erklären Sie sich das?
Viele wollen geregelte Arbeitszeiten, Freizeit und mehr Geld. Das gibt es in der Gastronomie nicht. Es sind auch keine guten Voraussetzungen für eine private Partnerschaft. Es gibt wenige, die mit dem Erfolg der Frau klarkommen, die mitmachen, wenn man Weihnachten arbeiten muss.
Kochen ist Ihre große Leidenschaft. Mit welchen Schattenseiten haben Sie zu kämpfen?
Ich habe nie Freizeit, immer zu wenig Schlaf. Und wenn ich einen Tag frei mache, habe ich ein schlechtes Gewissen. Ich wünsche mir, einfach mal nichts zu machen und mich zu langweilen.
Sind das auch die Gründe, wegen derer die Gastronomie unter mangelndem Nachwuchs leidet?
Man muss jungen Leuten klar machen, wie viele Möglichkeiten der Beruf bietet! Hinzu kommt, dass der Lernstoff in den Berufsschulen nicht mehr zeitgemäß, uninteressant und langweilig ist. Außerdem wollen von 30 Azubis in einer Klasse höchstens fünf Koch werden – die anderen wissen nicht, was sie wollen. Und viele schrecken die unregelmäßigen und langen Arbeitszeiten ab.
Ein Stern ist geschafft – haben Sie schon nächste Ziele vor Augen? Was möchten Sie noch erreichen?
Ich möchte gerne ins Ausland, nach Asien, Persien, Oman und nach Marokko und Praktika machen. Ich will wissen, wie andere kochen, wie eine Oma in Vietnam eine Nudelsuppe zubereitet oder wie die echten Dim Sums schmecken. Ich verwende die Gewürze, weiß aber gar nicht, wie die authentische Küche in den verschiedenen Ländern schmeckt. Das will ich unbedingt noch herausfinden. Spätestens in fünf Jahren möchte ich ein eigenes Restaurant besitzen. Mein Motto ist: Wenn man auf etwas Lust hat, schafft man das auch. Wenn man aufgibt, hat man es noch nicht einmal versucht.