Arbeitnehmerfreizügigkeit
Die Berliner Polizei wirbt um neue spanische Kollegen, in Saarbrücker Kaufhäusern beraten viele Französinnen die Kunden: Hinter beiden Beispielen steckt, dass jeder EU-Bürger überall in der EU arbeiten darf. Zu denselben Bedingungen wie jeder Angehörige genau des Landes, in dem die Arbeitsstelle liegt. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer wegen ihrer Nationalität darf es nicht geben. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gehört zum freien Personenverkehr und ist eine der vier Grundfreiheiten des Binnenmarkts.
Aufenthaltsrecht
EU-Bürger dürfen sich in allen EU-Ländern aufhalten, solange sie wollen. Bislang galt dies auch für Großbritannien. Nach dem Brexit wird sich das ändern: Wer als EU-Bürger dort bleiben will, muss zahlen. Die britische Regierung hat vorgesehen, dass jeder EU-Bürger, der in Großbritannien lebt, sich bis Ende Juni 2021 um einen dauerhaften Aufenthalt bewerben kann. Sie müssen einen Wohnsitz angeben, ihre Identität nachweisen und Auskunft über Vorstrafen geben. Der Antrag kostet 65 Pfund (74 Euro) für Erwachsene und die Hälfte für Kinder. Schätzungen zufolge leben rund 3,5 Millionen EU-Bürger in Großbritannien.
Binnenmarkt
Neben dem freien Personenverkehr (Arbeitnehmerfreizügigkeit, Aufenthaltsrecht) gehören drei weitere Grundfreiheiten zum EU-Binnenmarkt. Der freie Warenverkehr: Waren, die sich innerhalb der EU bewegen, werden an den Landesgrenzen nicht kontrolliert. Es gibt keine Zölle und keine Beschränkungen. Dadurch wurde der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten vereinfacht und deutlich angekurbelt. Der freie Dienstleistungsverkehr: Jede Privatperson kann beispielsweise zwischen europäischen Handyanbietern, Stromversorgern oder Versicherungsgesellschaften wählen. Der freie Kapitalverkehr: Jeder EU-Bürger kann sich frei aussuchen, in welchem Land und bei welchem Kreditinstitut er sein Geld anlegen möchte.
„Cherry picking"
Auch wenn die Briten (übersetzt) wählerisch bei den Kirschen statt den Rosinen sind: Immer wieder gibt es den Vorwurf, die Briten wollten sich beim Ausstieg aus der EU alle Vorteile sichern – die Rosinen herauspicken –, aber keine Nachteile in Kauf nehmen. Dazu gehört der Wunsch Großbritanniens, aus dem EU-Binnenmarkt auszutreten, aber für Industriegüter und Agrarprodukte – also nur für Waren, eine einzige der vier Binnenmarkt-Grundfreiheiten – einen gemeinsamen Markt beizubehalten. „Der Europäische Binnenmarkt ist kein Supermarkt!" schimpfte denn auch EU-Chefunterhändler Michel Barnier.
Freihandelszone
Eine Freihandelszone wird durch den Zusammenschluss von zwei oder mehreren Staaten gebildet. In dieser Zone werden weder Zölle noch sonstige Abgaben unter den Partnerstaaten verlangt. Gegenüber Drittstaaten, die außerhalb der Zone liegen, behält jedes Mitgliedsland seine Zollpolitik und seinen Außenzolltarif bei. Somit ist es möglich, alle Güter ohne Beschränkungen ein- und auszuführen. Die grundlegende Idee dahinter ist, dass es durch den Abbau von Handelshemmnissen zu einer effizienteren internationalen Arbeitsteilung kommen soll. Jedes Land produziert die Güter, für die es beispielsweise auf Grundlage natürlicher Faktoren oder verfügbarer Arbeitskräfte und deren Ausbildung Standortvorteile hat. Die so produzierten Güter sollen dann möglichst ungehindert international gehandelt werden können.
Großbritannien will sich durch ein Freihandelsabkommen nach Meinung von Ökonomen im Güterverkehr eine enge Bindung an die EU sichern, ohne die Arbeitnehmerfreizügigkeit, den freien Kapitalverkehr und einen freien Dienstleistungsverkehr akzeptieren zu müssen. Das Land ist der drittwichtigste Handelspartner für deutsche Exporte. Im Jahr 2015 exportierten deutsche Unternehmen Waren im Wert von mehr als 89 Milliarden Euro nach Großbritannien. (Platz 1: USA, Exporte für 114 Milliarden Euro, Platz 2: Frankreich, Exporte für 103 Milliarden Euro.
Kosten
„Generell ist die britische Wirtschaft mehr von der EU abhängig als umgekehrt", sagt der Ökonom Berthold Busch. Nach Berechnungen des Instituts für Wirtschaft (IW) Köln gehen nämlich etwa drei Viertel aller britischen Warenausfuhren und rund 38 Prozent aller Dienstleistungsexporte in Richtung EU-Binnenmarkt. Bei den Verhandlungen über ein neues Abkommen mit der Union könnten die Briten nach einem Brexit somit schnell den Kürzeren ziehen. „Brüssel würde es den Briten alles andere als leicht machen, vorteilhafte Regelungen auszuhandeln – auch, um andere Staaten von einem EU-Austritt abzuschrecken", warnt Busch.
Nettozahler
Nettozahler zahlen mehr in die EU ein, als sie selbst an Leistungen von der EU bekommen – andersherum bekommen Nettoempfänger mehr Mittel aus dem Haushalt der EU als sie dorthin abführen müssen. Betrachtet man rein die absoluten Zahlen, so war das Vereinigte Königreich 2016 mit 6,3 Milliarden Euro drittgrößter Nettozahler der EU – nach Deutschland (11 Milliarden) und Frankreich (9,2 Milliarden). Diese Zahlungen waren eines der Argumente, mit denen die Brexiteers für den Austritt Großbritanniens aus der EU warben.
Nordirland-Grenze
30.000 Pendler überqueren sie jeden Tag: Zwischen Nordirland (Vereinigtes Königreich) und Irland verläuft die einzige Landgrenze Großbritanniens zur EU. Momentan ist sie noch fast unsichtbar. Wird sie bald wieder eine befestigte Grenze sein? Die Frage ist deshalb wichtig, weil beide Teile Irlands mit Pendlern und Warenverkehr praktisch einen gemeinsamen Binnenmarkt im Kleinen haben. Es geht bei der Frage auch darum, den Frieden in Nordirland nicht zu gefährden. Dieses Ziel und auch eine eigenständige nordirische Wirtschaft hat Theresa May mit der Forderung nach einer weicheren Grenze im Blick. Fatalerweise sind die Tories im Parlament aber gleichzeitig auf die Unterstützung der kleinen nordirischen DUP angewiesen, die Grenzkontrollen zu Irland fordert. Was die Sache komplett verwirrend macht: Gäbe es zwischen Irland und Nordirland keine harte Grenze, würde die zwischen der nordirischen und britischen Küste verschoben, wenn die Waren von Nordirland weiter nach England transportiert werden (und umgekehrt).
Referendum
Das Brexit-Referendum im Juni 2016 war denkbar knapp: Für den Austritt Großbritanniens aus der EU stimmten 52 Prozent der Briten, dagegen 48 Prozent. Danach richtet sich bis heute die Politik Großbritanniens.
Auf EU-Ebene, also für die ganze Europäische Union, gibt es ein (bindendes) Referendum nicht. Was es laut Vertrag von Lissabon gibt, ist die Europäische Bürgerinitiative (EBI): Durch sie können die Unionsbürger bewirken, dass sich die Europäische Kommission mit einem bestimmten Thema zu befassen hat. Dafür müssen in zwölf Monaten insgesamt eine Million gültige Unterstützungsbekundungen in einem Viertel aller EU-Mitgliedstaaten gesammelt werden.
Auch wenn es sich ein wenig ähnlich wie eine solche Bürgerinitiative anfühlte: Die Umfrage zur Abschaffung der Sommerzeit war nur eine „Öffentliche Konsultation" innerhalb der EU und ist nicht bindend.
Zollunion
Die innerhalb der EU seit 1968 bestehende Zollunion bedeutet, dass der Handel zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten nicht durch Zölle oder vergleichbare Abgaben behindert wird. Zwischen den Mitgliedstaaten der EU sind dementsprechend Ein- und Ausfuhrzölle sowie mengenmäßige Handelsbeschränkungen verboten; festgelegte Höchstmengen gibt es lediglich bei Waren wie Kraftstoffen, Tabak, alkoholischen Getränken und Kaffee.
Bilden mehrere Länder eine gemeinsame Zollunion, gelten für sie auch gemeinsame Zollvorschriften gegenüber Drittstaaten. Genau das will Großbritannien durch den Austritt aus der EU, also aus der Zollunion, beenden: Es will gegenüber den USA und China auf eine eigene Handelspolitik setzen.
Ob Großbritannien bei Austritt aus der EU tatsächlich auch aus der Zollunion ausscheidet, ist noch offen. Das betrifft auch die britischen Gebiete auf Zypern oder Inseln der britischen Krone wie Guernsey, die Isle of Man und Jersey.