Die Natur der Evolution ist, dass sich Dinge immer weiter-entwickeln. Der GTC4Lusso T hat ein Stadium erreicht, in dem sich behaupten lässt, dass er perfekt ist. Wir haben den Ferrari getestet – aus der etwas anderen Sicht des Beifahrers.
Als wir den GTC4Lusso an seinem Standort abholen, wähne ich mich im Paradies. Ein riesiger Innenhof voller Ferraris und Rolls-Royces. Dort steht er – „unsere Ferrari". Ein weinroter GTC4Lusso T. Das T steht für Turbo und sagt dem Kundigen, dass dieser Sportwagen acht Zylinder hat. Er unterscheidet sich von seinen Geschwistern vor allem dadurch, dass er Platz für vier Personen hat. Für vier Erwachsene, wie ich selbst feststellen kann. Selbst mit meinen 183 Zentimetern Körpergröße und langen Beinen kann ich in der zweiten Reihe gut sitzen. Ein bis zwei Stunden wären völlig in Ordnung gewesen.
Um das möglich zu machen, ist der Ferrari GTC4Lusso T fünf Meter lang. Ein beeindruckender Wert – vor allem für einen Sportwagen, denn die sind in der Regel kurz, um wendig zu sein. Aber genau das ist unser Testwagen auch, denn er hat eine Allradlenkung. Wenn die Vorderräder nach rechts einschlagen, drehen die Hinterräder gegenläufig, also nach links. Und umgekehrt. Das sorgt nicht nur für einen kleinen Wendekreis, sondern vermittelt mir als Beifahrer auch ein ganz ungewöhnliches, aber gutes Gefühl. Ich habe den Eindruck, dass sich der Wagen fast auf dem Punkt dreht.
Extrem kleiner Wendekreis
Schräg von vorne betrachtet, erstreckt sich eine lange Motorhaube. Die ist notwendig, um den riesigen Motor aufzunehmen. Die Linien erheben sich in einem dezenten Schwung über die Radkästen hinweg und senken sich seitlich zum ersten Holm des Innenraums wieder ab. Dort ziert das Logo der „Scuderia Ferrari" – des Formel-1-Rennstalls von Ferrari – die Kotflügel. Darunter wiederum sorgen breite Lufteinlässe dafür, dass der Motor ausreichend Kühlung bekommt. Unter den Radkästen glänzen 20-Zoll-Räder mit Niederquerschnittreifen. Es ist ein Augenschmaus, den Glanz von Chrom zu sehen, der im krassen Widerspruch zur Mode der matten Lacke steht. Fünf Doppelspeichen fassen das Ferrari-Logo auf den Felgen ein.
Die Türen sind sehr lang, um den Einstieg in den Fond des Wagens möglichst bequem zu machen. Dafür sorgt auch, dass die Sitze automatisch nach vorne fahren, sobald man eine Rückenlehne nach vorne klappt. Gleich hinter dem Anschlag der Türen verjüngen sich die Seitenfenster zum Heck hin. Unter ihnen verbreitern sich die Kotflügel erheblich und laufen, zusammen mit einer sinkenden Dachlinie, zur runden, breiten Rückseite zusammen. Ich hatte die Gelegenheit, unseren Ferrari auf der Autobahn auch einmal von hinten zu betrachten. Es sah so aus, als fülle das Heck die gesamte Fahrbahnbreite aus. Zwei Spoiler rahmen das Heckfenster ein. Der obere Spoiler ist die logische Fortsetzung des Dachs, der untere ist der Übergang des Schwungs der Kotflügel. So ergibt sich ein harmonisches Bild, ohne das Gesamtkunstwerk zu unterbrechen. Die phänomenale Rückansicht des GTC4Lusso T prägen die vier Rückleuchten, unter denen vier Auspuffrohre jede Menge Sportlichkeit demonstrieren. Zwischen den Auspuffrohren sorgen sogenannte Diffusoren für einen günstigen Luftstrom. Ferrari ist es gelungen, den Luftstrom nicht nur durch den Frontspoiler positiv zu beeinflussen, sondern ein nahezu glatter Unterboden – und eben diese Diffusoren – sorgen dafür, dass das Auto wie ein Magnet auf Eisen auf der Straße klebt.
Der Wagen „klebt" auf der Straße
Spoiler sind für Sportwagen wichtig, aber gute Diffusoren sorgen für bis zu 60 Prozent des Anpressdrucks auf die Straße. Ferrari hat es mit seiner Rennsport-Erfahrung geschafft, dies zu perfektionieren. Sowohl am Bug als auch am Heck des GTC4Lusso T prangt das sich aufbäumende Pferd – das Markenzeichen von Ferrari. Was vielen Betrachtern nicht auffällt, ist, dass Ferrari neben dem Logo der Scuderia Ferrari am Bug auch noch das offizielle Firmenlogo anbringt. Es ist rechteckig, im Gegensatz zur Wappenform des Logos der Scuderia Ferrari.
Von außen betrachtet ist es Ferrari gelungen, einen Supersportwagen zu designen, der elegant und flach, kraftvoll und sportlich wirkt. Dieser Wagen gibt nicht an, fällt aber dennoch auf und sorgt dafür, dass auf Autobahnen immer eine Lücke für uns aufgeht, egal wo wir uns einfädeln wollen. Bei Fotostopps umlagern sofort Schaulustige unser Auto und reagieren meist verlegen, wenn wir zum Auto zurückgehen, einsteigen und wegfahren. Ein Passant ließ sich, als meine Frau aus dem Ferrari stieg, zu der Äußerung hinreißen: „Ah, happy wife, happy life!" Und auch unsere Nachbarn sind beeindruckt: „Schmidts fahren jetzt Ferrari. Wahnsinn!", höre ich durch das gekippte Fenster die Nachbarstochter rufen.
Ein Ferrari wäre aber kein Ferrari, wenn er nur mit äußeren Werten überzeugen könnte. Die Sinnlichkeit dieses Autos setzt sich im Inneren fort. Als ich die Beifahrertür öffne, strömt mir der Duft hochwertigen Leders entgegen, und es empfängt mich der Eindruck eines behaglichen Innenraums. Beige ist hier mit schwarzem Leder gepaart. Zusammen bilden sie eine Innenraumverkleidung, die dafür sorgt, dass ich mich gleich wohlfühle.
Der Sitzkomfort ist erstklassig. Der Sitz lässt sich elektrisch in vielfältiger Form an den Körper anpassen. Sogar die Seitenbegrenzungen der Rückenlehne vermag ich an die Breite meines Körpers anzuschmiegen. Polster zur Unterstützung der Wirbelsäule vervollständigen den Sitzkomfort.
Besonders erwähnenswert finde ich, dass ich als Beifahrer in diesem Auto die gleiche Aufmerksamkeit der Designer genieße, wie die Fahrerin es tut. Wo sie Pedale aus Aluminium im Fußraum hat, ist für mich eine Abstellfläche gleicher Art vorgesehen. Sie hat vielfältige Informationen zu Radio, Navigation und natürlich Drehzahl und Geschwindigkeit. Die habe ich auch – in einem Display direkt vor meiner Nase, in dem ich auf alle nicht für das Fahren relevanten Dinge Einfluss nehmen kann. Ich muss also nicht die Mittelkonsole verstellen, auf der gerade das Navi uns den Weg weist, um das Radioprogramm zu verändern. Das kann ich an meinem Display. Genauso wie viele andere Dinge auch.
Das gesamte Innendesign ist perfekt durchdacht und konsequent umgesetzt. Die Anzahl der Bedienelemente ist unter dem in der Mittelkonsole angebrachten Navi knapp gehalten, denn alle wichtigen Funktionen des Autos sind direkt vom Lenkrad aus bedienbar.
In der Mittelkonsole findet sich an einer Stelle, wo viele Autohersteller Lamellen wie in Büroschränken eingebaut haben, eine mittig geteilte Klappe, die sich per Knopfdruck öffnet und zwei Getränkehalter freigibt. Diese Linie nimmt das Armaturenbrett wieder auf, indem es sich in zwei Hälften links und rechts teilt. Faszinierend, mit welcher Aufmerksamkeit und Konsequenz hier Design umgesetzt ist.
Erstklassiger Sitzkomfort
Oberhalb des Displays in der Mittelkonsole befindet sich ein sogenannter Diffusor, nicht zu verwechseln mit dem am Heck. Dieser Diffusor bläst die Luft aus der Klimaanlage breit verteilt in den Innenraum, falls man sich nicht dem direkten Luftstrom aus den turbinenförmigen Luftauslässen der Klimaautomatik hingeben möchte. Die Klimaanlage ist ein Lob für sich wert. Dies fällt mir besonders auf, nachdem wir an einem Rastplatz bei 36 Grad Celsius Außentemperatur eine Pause einlegen und anschließend schwitzend ins Auto zurückkehren. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ich „getrocknet" bin und mich wieder wohlfühlte, dank der hervorragenden Klimaautomatik.
Die Fahrgäste auf der Rückbank haben ebenfalls das Vergnügen solcher Klima-Turbinen. Und auch hier finden sich ausgezeichnet ausgeformte Sitze. Vorne wie hinten gibt es zudem zahlreiche Ablagemöglichkeiten. Unter einer Mittelarmlehne hat Ferrari Getränkehalter für die hinteren Fahrgäste stilvoll verborgen.
Letztlich ist ein Ferrari, so auch der GTC4Lusso T, ein akustischer Genuss. Startet man den Motor, donnern ungezähmte PS ihre Kraft in die Umgebung. Eine Symphonie für meine Ohren. Der satte, kernige Sound setzt sich während der Fahrt fort. Hier haben wir die Wahl, im Komfortmodus zu fahren, der einen angenehmen Federungskomfort bietet und sich akustisch zurückhält. Oder wir können den Sportmodus wählen, der aus dem Fahrwerk ein bretthartes Instrument zum Ertasten von Unebenheiten auf der Fahrbahn macht.
Die Beschleunigung bei dieser Betriebsart stellt gefühlt jeden Start eines Passagierflugzeugs in den Schatten.
Aber nicht nur für Motorfreaks ist der Testwagen eine Wonne. Eine Stereoanlage, wie ich sie noch nicht erlebt habe, sorgt für feinste Töne schon bei ganz leiser Lautstärke. Alle Instrumente und Stimmen sind glasklar wahrnehmbar und erhöhen den Genuss, dieses Auto zu fahren.
Oft ist das Argument zu hören, dass ein Sportwagen nichts für Familien sei. Dass er unpraktisch sei und man nichts mit ihm transportieren könne. Das gilt für diesen Ferrari alles nicht, denn er hat wie gesagt Platz für vier Personen. Sein Kofferraum bietet ausreichend Platz für Gepäck. Die viel zitierte Selterskiste findet gleich dreifach im Kofferraum Platz. Wer zu zweit verreisen möchte, aber viel Gepäck hat, legt einfach die geteilten Rücksitze um und hat ein Kofferraumvolumen, das man bei keinem Sportwagen erwarten würde. So können sogar drei Personen mit mehr Gepäck reisen.
Es fiel uns ausgesprochen schwer, uns von diesem traumhaften Auto wieder zu trennen, denn es ist wirklich ein Genuss für alle Sinne. Der GTC4Lusso T ist mit seinem Top Speed von mehr als 320 Kilometer pro Stunde zwar extrem flott, aber er ist wesentlich mehr als ein straßentauglicher Rennwagen. Er bedient alle Sinne und bietet dabei eine Menge Komfort – für alle Insassen. Wenn sein Preis nicht so astronomisch hoch wäre, wir hätten schon längst einen Ferrari GTC4Lusso T in der Garage.