In Paul Feigs Thriller „Nur ein kleiner Gefallen" verschwindet eine junge Mutter. Ist sie tot? Versteckt sie sich? Ihre Freundin geht der Sache nach.
Regisseur Paul Feig weiß, wie er das Beste aus Schauspielerinnen herausholen kann. Das hat er mit „Brautalarm" (2015), „Spy – Susan Cooper Undercover" (2015) und „Taffe Mädels" (2013) bewiesen. Feigs Heldinnen sind raue Charaktere und stets bereit, Fäuste und Worte fliegen zu lassen. Nun legt der Regisseur mit „Nur ein kleiner Gefallen" seinen neuen Film vor und rückt erneut zwei Frauen in den Vordergrund. Bis zum Finale ist der komödiantische Thriller ein dreckiger Spaß, und er verblüfft mit unerwarteten Wendungen.
Die Geschichte: Die mäßig erfolgreiche Bloggerin Stephanie (Anna Kendrick) ist nach dem Tod ihres Ehemannes alleinerziehende Mutter. Da lernt sie die extravagante Mode-PR-Chefin Emily (Blake Lively) kennen – und glaubt, eine Freundin gefunden zu haben. Oder kommt Emily die etwas dröge Stephanie nur gelegen, wenn sich ihr übervoller Terminkalender mal wieder überschlägt?
Jedenfalls ist Stephanie sofort begeistert von Emily, ihrer so mysteriösen wie starken Ausstrahlung und ihrer „Was andere von mir denken ist mir egal"-Attitüde. Als Emily sie eines Tages bittet, ihren Sohn Nicky von der Schule abzuholen, kommt Stephanie diesem kleinen Gefallen gern nach. Doch sie wartet vergeblich, dass Emily ihren wieder Sohn abholt – Emily bleibt auch die folgenden Tage und Wochen verschwunden. Stephanie kümmert sich ab sofort gemeinsam mit Emilys Mann Sean (Henry Golding) um Nicky. Doch: Was ist mit Emily passiert? Nichts ist so, wie es scheint. Eine Leiche taucht auf ebenso wie eine millionenschwere Lebensversicherung. Dann erzählt Nicky eines Abends, dass er seine Mutter getroffen habe. Einbildung eines traumatisierten Kindes?
Besonders in der ersten Hälfte irritiert „Nur ein kleiner Gefallen" ein wenig. Ist der Film nun eine Komödie oder ein Thriller? So ein Wechselspiel zwischen den Genres ist im Kino ein schwieriges Unterfangen. Wer sich als Zuschauer aber auf die anfangs etwas dahinplätschernde Handlung einlässt, wird belohnt. Nur oberflächlich sind Emily und Stephanie elegante Vorstadtfrauen und Helikopter-Mamis. Wer genauer hinsieht und etwas Geduld beweist, erkennt in ihnen eine Schnoddrigkeit, die typisch ist für Feig und seine Filme, die sich schon immer – und da ist die etwas enttäuschende Neuverfilmung von „Ghostbusters" 2016 das beste Beispiel – bei anderen Kinowerken bedient haben. Ein bisschen „Desperate Housewives", ein wenig von Hitchcocks „Rebecca", dazu eine Portion des Thrillers „Gone Girl": eine ordentliche Mischung, die Feig da präsentiert.
Keine voreiligen Schlüsse ziehen
Ein gutes Duo bilden die Hauptdarstellerinnen. Anna Kendrick („Twilight", „Pitch Perfect") zeigt eine Stephanie, die durch aufwendiges Make-up und eine perfekte Frisur zu verbergen versucht, dass sie bislang über den Durchschnitt nicht hinausgekommen ist. Es macht Spaß zu sehen, wie Stephanie besonders im zweiten Teil des Filmes enthüllt, welche Talente in ihr verborgen waren. Blake Lively (in Deutschland vor allem aus der TV-Serie „Gossip Girl" bekannt) zeigt eine Emily, die ebenso abstoßend wie unwiderstehlich ist – und dennoch etwas oberflächlich bleibt. Obwohl beide Frauen nach dem Verschwinden Emilys nur noch wenige Szenen gemeinsam spielen, scheinen die beiden Charaktere wie zwei verknotete Freundschaftsbänder miteinander verbunden. Kein Wunder also, dass Stephanie dem Geheimnis von Emily auf die Spur kommt – auch, wenn sie bis zum Finale immer wieder in Sackgassen landet und neu anfangen muss.
Kein Zweifel: Regisseur Feig zeigt zwei Frauen, die das Ergebnis seiner vorherigen Filme bilden. Stephanie und Emily können schmutzige Witze reißen, Spione werden, Geister jagen, Gauner fangen, Freundschaften knüpfen und sie wieder zerstören. Weil sie eben dies alles auch tun, gerät „Nur ein kleiner Gefallen" zuweilen in Gefahr, sich in der Vielfalt zu verlieren. Aber der Zuschauer sei gewarnt, vor dem Ende voreilige Schlüsse zu ziehen. „Nur ein kleiner Gefallen" ist wie das Leben in einer US-Vorstadt. In den klinisch sauberen Häusern und hinter den perfekt gesetzten Make-ups der Bewohnerinnen sind zuweilen verbrecherische Seelen verborgen.