Es gibt sicher bessere Gelegenheiten, um einen Trainer zu entlassen, als es der Hamburger SV in der vergangenen Woche getan hat. Nur einen Punkt standen Mannschaft und Christian Titz hinter dem Aufstiegsplatz und dennoch musste „Big Titz" gehen. Er, der für einen neuen HSV stand, für mehr Bodenständigkeit und Realitätssinn. Der neue Sportchef Ralf Becker erklärte, man sei in der Analyse zu der Übereinstimmung gekommen, dass man mit Titz die angestrebten Ziele nicht erreicht hätte. Für den gemeinen Fan heißt dies übersetzt: „Mit dem wären wir niemals aufgestiegen".
Es ist eine harte Aussage, aber auch eine ehrliche. Der HSV verfügt für Zweitligaverhältnisse über einen unfassbaren Etat, leistet sich mehrere Gehaltsmillionäre. Dafür war die Ausbeute mit 18 Punkten aus zehn Spielen einfach zu wenig. Zudem wurden vier von sechs Heimspielen nicht gewonnen. Natürlich: Die Saison ist noch lang, es gibt viele Möglichkeiten, noch in die Spur zu kommen. Dennoch wollten die Verantwortlichen wohl nichts unversucht lassen, um das Ziel, was auf dem Papier eigentlich nicht mehr als eine Pflichtaufgabe ist, zu erreichen. Mit Hannes Wolf steht nun ein Trainer an der Außenlinie, der den VfB Stuttgart in einer durchaus vergleichbaren Situation übernahm und zurück in die Bundesliga führte. Dort musste er allerdings recht schnell wieder gehen. Blüht ihm beim HSV das gleiche Schicksal? Der Fußball in der heutigen Zeit ist schnelllebig, das Verfehlen eines Ziels kann Millionen kosten. Auf der anderen Seite äußern viele Trainer immer den Wunsch, etwas aufbauen zu dürfen. Doch das ist nicht mehr als eine hohle Phrase. Am Ende des Tages stehen die Mannschaften regelmäßig oben, die das meiste Geld zur Verfügung haben. Überraschungen gibt es, diese machen den Fußball spannend, sind aber nicht die Regel. Daher muss sich ein Trainer an den Gegebenheiten messen lassen. Habe ich den höchsten Etat, muss ich Erster werden. Schaffe ich das nicht, muss ein anderer ran. Christian Titz dürfte gewusst haben, worauf er sich einlässt, als er den Job angenommen hat. Er hat das Risiko gewählt und verloren. So ist das Geschäft.