Die Eisbären kommen nur langsam in die neue Saison. Auch gegen das Schlusslicht aus Schwenningen war es keine leichte Partie – die Länderspielpause kommt da gerade recht.
Acht verletzte Spieler, wer soll das auf Dauer wegstecken? Die Eisbären Berlin jedenfalls mühten sich am vergangenen Sonntagnachmittag gegen den Tabellenletzten aus Schwenningen zu einem 5:3-Heimsieg. Es war nicht schön, aber unter den aktuellen Gegebenheiten durchaus ein Erfolg.
Die Treffer für die Berliner vor 11.969 Zuschauern erzielten Florian Kettemer, Daniel Fischbuch, Brendan Ranford und Louis-Marc Aubry. Das entscheidende Tor war ein Eigentor von Wild-Wings-Verteidiger Jussi Timonen, der den Puck zum 4:3 für die Berliner ins eigene Tor legte. Glück gehabt, hieß es für die Eisbären, am Ende war es das Glück der Tapferen.
Das 502. Spiel für Kettemer in der DEL
Vor dem Beginn der Partie wurde noch Torhüter Kevin Poulin als Spieler des Monats Oktober ausgezeichnet. Auch Florian Kettemer wurde geehrt, 500 Spiele in der Deutschen-Eishockey-Liga stehen neuerdings in seiner Statistik. Tatsächlich bestritt Kettemer gegen Schwenningen sein 502. Spiel in der DEL und erwischte dabei einen Auftakt nach Maß. Bereits nach acht Minuten schoss der 32-jährige Verteidiger zur 1:0-Führung nach starkem Zuspiel von Marcel Noebels ins leere Tor der Schwenninger ein. Die Wild Wings waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht richtig in der Hauptstadt angekommen, und Berlin legte prompt nach. Kalle Kaijomaa von den Wild Wings verlor die Scheibe im eigenen Drittel an Daniel Fischbuch, der direkt vor das Tor von Dustin Strahlmeier kurvte und aus spitzem Winkel von Höhe der Grundlinie abzog. Der Schwenninger Schlussmann bekam den kurzen Pfosten nicht dicht, drehte sich zu hektisch und sah die Scheibe hinter die Linie kullern – das 2:0 für die Eisbären durch Fischbuch nach neun Minuten. Von den Gästen aus Baden-Württemberg war in den ersten zehn Minuten nicht wirklich etwas zu sehen, doch ein Überzahlspiel (Powerplay) brachte die Wild Wings zurück ins Spiel.
Zunächst spielten die Eisbären die Strafe von Kettemer souverän runter, doch es kam noch schlimmer, und der Torschütze zum 2:0 musste ebenfalls vom Eis. Im Fünf-gegen-drei-Powerplay fiel der Anschluss durch Istvan Bartalis. Als es in einfacher Unterzahl weiterging, war Schwenningen wie ausgewechselt und erzielte doch etwas unerwartet den Ausgleich. Marcel Kurth kam zwischen drei Eisbären vor dem Tor zum Abschluss und verwertete den Abpraller von Mirko Höfflin zum 2:2. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Schwenningen bestimmte das Spielgeschehen und drehte die Partie noch im ersten Drittel. Nach einem McRae-Pass aus der Ecke stand Anthony Rech völlig frei vor dem Tor von Eisbär Poulin, verzögerte kurz und schoss den Puck schließlich unter die Latte. Die Wild Wings hatten somit die Zwei-Tore-Führung der Eisbären binnen sechs Minuten gedreht und gingen mit einer 2:3-Führung in die Kabine.
Im Mittelabschnitt verlief das Spiel lange ohne wirkliche Höhepunkte, doch die Eisbären waren aktiver: Mit einem Schuss scheiterte Kapitän André Rankel freistehend knapp an Torwart Strahlmeier. Kurz vor der üblichen Werbeunterbrechung nach acht Minuten Spielzeit bot sich den Hausherren dann die Chance auf den Ausgleich: Wild Wing Simon Danner musste mit einer Zwei-Minuten-Strafe vom Feld. Berlin feuerte einige Male in Person von Micki DuPont und Mark Cundari von der blauen Linie auf das gegnerische Tor – erfolgreich waren die Versuche nicht. Kurz vor dem Ablaufen der Strafzeit handelte sich der Schwenninger Stefano Giliati ebenfalls zwei Minuten ein, und es ging für kurze Zeit Fünf gegen Drei. Die doppelte Überzahl war gerade ausgelaufen, da standen plötzlich drei Eisbären einem Schwenninger Verteidiger vor dem Gästetor gegenüber. Frank Hördler am Puck setzte zum Schuss an, hatte aber im letzten Moment noch das Auge für Brendan Ranford und spielte den Diagonalpass. Der Kanadier bedankte sich und schob ohne Probleme aus kurzer Distanz zum 3:3 ein. Im restlichen Verlauf des zweiten Drittels bestimmten die Torhüter das Geschehen und hielten ihre Kasten jeweils sauber.
Proteste nach frühem Tor im letzten Drittel
Das Schlussdrittel war noch jung, da zappelte bereits das Netz hinter Eisbär Kevin Poulin, doch es hagelte Proteste. Die Unparteiischen schauten sich die Situation beim Videobeweis sehr ausführlich an, gaben Kevin Poulin und seiner Reklamation Recht und erkannten den Treffer aufgrund von Torhüterbehinderung doch nicht an. Die Entscheidung gab den Eisbären Aufschwung, zwei Minuten später holten sie sich die Führung zurück. Florian Kettemer brachte den Puck einfach mal in Richtung Strahlmeier. Schwenningens Verteidiger Jussi Timonen blockte zwar seinen Gegenspieler, lenkte aber letztlich die Scheibe mit seinem rechten Schlittschuh ins eigene Tor. Pech für die Baden-Württemberger.
Ein weiterer Höhepunkt sollte folgen. Die Spieluhr blieb bei 13:33 Minuten etwas länger stehen, und die Fans flippten aus – ohne dass ein Tor gefallen war. Was war passiert? Es lief die 46. Spielminute in der Arena am Ostbahnhof, Eisbären-Verteidiger Frank Hördler bekam die Scheibe im Angriff, schaute einmal hoch und zog ab. Der Puck zischte mit enormer Geschwindigkeit deutlich über den Kasten der Gäste. So weit, so wenig außergewöhnlich. Was sich in den Zehntelsekunden danach ereignete, gehört wohl sofort zu den Szenen dieser Eishockey-Saison. Es gab einen lauten Knall, und die Plexiglasscheibe hinter dem Kasten zersprang in tausend Einzelteile. Die Scheibe sackte langsam in sich zusammen, erst ging ein kurzes Raunen und dann ein großer Jubel durch die Arena. So etwas sieht man nicht alle Tage. Frank „The Hammer" Hördler war damit natürlich in aller Munde.
In der Schlussphase drückten und drängten die Gäste aus Schwenningen noch einmal auf den 4:4-Ausgleich, doch die Eisbären machten dicht und erzielten kurz vor der Sirene sogar noch das 5:3 durch Louis-Marc Aubry. Die Berliner waren erlöst. „Das war sicher nicht immer schön, aber wir haben einen Weg gefunden zu gewinnen. Das ist das Wichtigste", sagte Trainer Clément Jodoin nach der Schlusssirene der „Berliner Zeitung". Recht hatte er, denn der Sieg war am Ende durch und durch glücklich.
Für die Eisbären kommt die anstehende Länderspielpause gerade recht. Danach werden etliche verletzte Spieler zurückkehren, der Anschluss an die Tabellenspitze soll wieder hergestellt werden.