Roland Helm, ehemaliger SR-Moderator und Redakteur, hat sich ein Herzensprojekt erfüllt. Mit seiner saarländischen Kultband Saarbruck Libre spielt er ein Leonard-Cohen-Tribute-Konzert. Hut inklusive.
Klar, das ist doch der aus dem Radio. Der vom SR. Roland Helm, der Name ist im Saarland ein Begriff. Man muss nicht lange herumfragen. Vom SR, das stimmt, aber es stimmt auch nicht mehr so ganz. Roland Helm war lange eine der beliebtesten Radiostimmen der Region. Bis er 2016 in Rente ging, hat er den Saarländischen Rundfunk über 30 Jahre als Moderator und Redakteur mitgeprägt. Im Jahr 2016 hat er seine letzte Sendung moderiert, heute ist Roland Helm tatsächlich im Ruhestand. Zumindest auf dem Papier. So ganz zur Ruhe will und kann er natürlich nicht kommen. Sein Moderatoren-Gen zum Beispiel steckt noch voll und ganz in ihm. Das merkt man spätestens, wenn man sich mit ihm zum Gespräch trifft.
Dann fängt Roland Helm an zu erzählen und hört von allein fast gar nicht mehr auf. Es sprudelt nur so aus ihm heraus, denn zu berichten hat er so einiges. Die Rente nutzt er nicht zum Däumchendrehen, das Treffen zum Gespräch hat nämlich einen ganz besonderen Grund. Momentan steckt Helm bis über beide Ohren in einem Herzensprojekt, von dem er stundenlang reden könnte. Bei diesem Projekt geht es um einen ganz speziellen Mann. Leonard Cohen, Sänger, Poet, Schriftsteller, Philosoph. „I’ve heard there was a secret chord that David played, and it pleased the Lord but you don’t really care for music, do you." Der Songanfang ist legendär, die meisten hören beim Text gleich das Klavier, haben das melancholische Arpeggio im Ohr, mit dem die bekannteste Version des Stücks beginnt.
Tatsächlich aber wissen viele nicht, dass „Hallelujah" von Leonard Cohen stammt. Roland Helm weiß das sehr wohl. Er zitiert Textstellen, nicht nur aus „Hallelujah", sondern auch aus vielen anderen Cohen-Songs und nimmt während des Gesprächs immer wieder die Gitarre in die Hand, um zu singen. Anlass dafür ist sein aktuelles Projekt, bei dem aus Roland Helm plötzlich Leonard Cohen wird. Gemeinsam mit den Musikern seiner Stamm-Band Sarrbruck Libre hat Helm eine Leonard-Cohen-Tribute-Show konzipiert. Das Projekt gibt es schon etwas länger, aber momentan nimmt es immer mehr an Fahrt auf. Tributebands sind gefragt wie nie. Tina Turner, Beatles, Pink Floyd, ABBA. Viele dieser Shows sind sogenannte Lookalike-Tributes, erklärt Helm, bei denen sich ganze Bands verkleiden, um komplett wie die jeweiligen Künstler auszusehen. Das geht vom aufwendigen Kostüm sogar bis hin zum falschen Gebiss, von dem er einmal bei einem unechten Freddie Mercury gehört habe. So weit geht Helm nicht. Er selbst sieht sich nämlich in erster Linie immer noch als Musiker. Am ehesten trifft deshalb bei der saarländischen Cohen-Show das Attribut „Soundalike" zu, also dass Band und Sänger klingen wie das Original. Die Reaktionen des Publikums geben Helm recht. „Man schließt die Augen und denkt an das Original", zitiert er Zuschauerstimmen. Dass das der Fall ist, nennt er allerdings eher „Zufall und Geschenk". Seine Stimme klinge eben einfach so. Und so kommt er nah an Leonard Cohen heran, ohne dass er sich groß anstrengen muss.
„Zufall und Geschenk"
Im Laufe des Lebens von Roland Helm taucht die Musik immer wieder auf. Er kommt aus einem musikalischen Elternhaus, die Musik ist ständiger Begleiter. „Mein Vater war zwar Ingenieur bei Saarberg, aber daheim stand schon immer ein Flügel. Mein Vater hat auch Geige gespielt, ich habe erst Klavier gelernt", berichtet er, „dann kamen Klarinette und Saxofon." Mit seinem Bruder teilt er die Musikalität bis heute.
Seit seiner Jugend ist Roland Helm immer wieder in verschiedenen Bands unterwegs. Als junger Mann spielt er Lieder seiner Helden, von den Beatles, Pink Floyd oder Santana. „Den Cohen habe ich damals eher so am Rande abgespeichert", erinnert er sich. In den 80er-Jahren gründet er dann mit Freunden die Band Saarbruck Libre, die sich durch eigene Texte, viel Witz, Ironie und ihren ganz eigenen Stil auszeichnet und mittlerweile zu den dienstältesten Bands des Saarlandes gehört. Wie das so lange funktionieren konnte, erklärt Helm so: „Weil wir so unglaublich gut harmonieren. Wir sind gute Kumpels."
Trotzdem erinnert er sich auch heute noch genau daran, wie Cohens Musik ihm zum ersten Mal begegnet ist. Im Jahr 1970 besucht er für ein Austauschjahr das Junior College in West Palm Beach, Florida, von wo er auch sein authentisches Englisch mitgebracht hat. In seine Erzählungen schleichen sich immer wieder englische Begriffe, und wenn er sie ausspricht, dann tut er das mit einem breiten amerikanischen Akzent. So auch, als er sich an den Moment erinnert, der bis heute nachhallt: „Ich kam gerade vom College. Da war so ein Southern Shack, eine Holzhütte, und da war ein Fenster auf. Es war sehr warm und es lief eine Platte. Ich hörte das, und ich dachte: Wow! Der da singt, der klingt anders als andere Leute." Das war Leonard Cohen.
Die Initialzündung für ein Programm mit Liedern von Leonard Cohen kommt Helm aber erst viel später, da ist er über 50. Sein Freund Christof Graf, der nicht nur Hochschulprofessor, sondern auch langjähriger Cohen-Experte ist, stellt vor einigen Jahren sein neues Buch in Helms Radiosendung vor. Dadurch beschäftigt sich der Redakteur und Moderator selbst wieder intensiv mit dem Künstler und kommt zum Ergebnis: „Mensch, der ist wirklich klasse!" Irgendwann kommt der erste Solo-Auftritt, eher zufällig, wie Helm erzählt. Er wird von einem Freund gefragt, ob er nicht bei einer Dichterlesung für die musikalische Umrahmung sorgen will. Helm sagt zu und erinnert sich noch heute an ein begeistertes Publikum, das eigentlich für die Lesung gekommen war. Die Resonanz der Anwesenden ist unerwartet positiv, und Helm wird klar, welchen Stellenwert Leonard Cohen vor allem bei der „Generation der Über-50-Jährigen" immer noch hat. Und so reift die Idee weiter. Er kann sich auf die Musiker seiner Band verlassen und findet in Johanna Ernst, der Tochter eines Freundes, die junge, sphärische Frauenstimme, die bei Leonard Cohen nicht fehlen darf.
Buchungen auch deutschlandweit
Der erste Auftritt der neuen Band wird zum vollen Erfolg. Zum Konzert kommen viel mehr Leute, als eigentlich in den Veranstaltungsraum passen. Mittlerweile wird die Gruppe deutschlandweit und auch über die Grenzen hinaus angefragt. Roland Helm erklärt sich den Erfolg nicht zuletzt dadurch, dass es sich um eine komplette Tribute-Band handelt und nicht nur um einen einzelnen Sänger. Bei den Auftritten hütet er sich davor, zu viel Schauspiel in seine Performance zu legen, doch ganz ohne Cohen-typische Elemente kommt er nicht aus. „Am Anfang wollte ich nur die Lieder spielen und wollte gar nicht seine Kleider anziehen. Mittlerweile schlüpfe ich schon in die Rolle. Die Band sagt immer: Da musst du den Hut anziehen!" Der Hut. Auch wenn Leonard Cohen selbst in seinem Leben mehrere musikalische und auch optische Perioden durchlaufen hat, ist ein Stil doch besonders markant. Man kennt Leonard Cohen als Gentleman, mit Anzug und vor allen Dingen mit Hut. Roland Helm erzählt, dass das Publikum begeistert reagiert, wenn er den typischen schwarzen Filzhut aufzieht und ihn sich tief ins Gesicht zieht. „Die Leute brauchen das. Ich hab meinen Frieden mit dem Hut geschlossen", sagt Helm und lacht.
An den Tag, an dem 2016 die Todesnachricht von Leonard Cohen in den Medien bekannt wird, erinnert sich Helm gut. „Es war Freitag, der 11. November, ich habe noch im Bett gelegen, da ging morgens permanent das Handy. Es haben sogar Leute angerufen, die ich eigentlich gar nicht so gut kenne, um mit mir darüber zu reden." Eine Zäsur, die eigentlich keine ist. Auch wenn Leonard Cohen tot ist, lebt die Faszination für ihn weiter. Es gibt eine große weltweite Cohen-Fangemeinde, die sogar internationale Treffen abhält.
Für Roland Helm geht es mittlerweile um viel mehr, als nur Imitator zu sein. Erst dieses Jahr war er beim Fantreffen in Budapest. Vor einiger Zeit hat er die griechische Insel Hydra besucht, auf der Cohen lange Jahre gelebt und gewirkt hat. Die Atmosphäre dort hat ihn begeistert: „Es hat mir dort gut gefallen. Ich habe auch in seiner Lieblingskneipe gespielt. Das war schon irre!" Als Profi, der er eben immer noch ist, recherchiert er viel. Und viel wichtiger, er erlebt und er musiziert.