Mehr als fünf Jahrzehnte mussten vergehen, bis der Musical-Klassiker mit „Mary Poppins’ Rückkehr" eine Fortsetzung bekam. Der neue Film ist ein Spaß für alle, weil sich die Produktion eng ans Original hält und eine fantastische Hauptdarstellerin hat.
Als 1964 „Mary Poppins" in die Kinos kam, wurde der Musical-Film schnell zum Publikumserfolg. Man sollte meinen, dass in Zeiten von Handy-Spielen, Marvel-Superhelden und Pixar-Animationsfilmen so ein altbackenes Werk heute seine Zauberkraft verliert. Aber nichts da. „Mary Poppins" mit Julie Andrews in der Rolle des singenden Kindermädchens begeistert noch immer durch die Mischung von Realaufnahmen und Zeichentrickanimation.
Nun, mehr als 50 Jahre später, kommt mit „Mary Poppins’ Rückkehr" eine Fortsetzung in die Kinos. Was hätte schief gehen können wegen der längst zum Klassiker gewordenen Erstverfilmung, dürfte ein großer Erfolg werden. Es macht einen Riesenspaß, in die bunte Retro-Welt einzutauchen und für zwei Stunden jegliche moderne Unterhaltungsmedien zu vergessen.
Die Handlung spielt in London im Jahr 1930, etwa 16 Jahre nach dem ersten Film: Die Kinder Michael (Ben Whishaw) und Jane Banks (Emily Mortimer) sind erwachsen. Jane setzt sich für Frauenrechte ein, und Michael arbeitet in der Bank, in der schon sein Vater angestellt war. Die Geschwister leben mit Michaels drei Kindern Annabel (Pixie Davies), Georgie (Joel Dawson) und John (Nathanael Saleh) sowie der Haushälterin Ellen (Julie Walters) nach wie vor im Haus an der Cherry Tree Lane Nr. 17. Doch Michaels Frau ist gestorben und der Haushalt gerät in finanzielle Nöte. Da kommt Hilfe vom geheimnisvollen Kindermädchen Mary Poppins (Emily Blunt), die wie gewohnt britisch-steif und mit strengem Blick vom Himmel schwebt. Sie hat ihre magischen Tricks nicht verlernt und eine Reihe ziemlich skurriler Freunde: Da ist der optimistische Laternenanzünder Jack (Lin-Manuel Miranda) und Marys exzentrische Cousine Topsy (Meryl Streep). Aber reicht Poppins Zauberwelt, um die Familie vor dem Bankrott zu retten? Das Schöne an „Mary Poppins’ Rückkehr" ist, dass sich der Film der Magie des ersten Teils verpflichtet fühlt. Wie leicht wäre es gewesen, die Handlung in die Gegenwart zu verlegen, die Kinder als moderne Teenager erscheinen zu lassen und Mary Poppins als überdrehte Nanny. Doch Regisseur Rob Marshall („Fluch der Karibik – Fremde Gezeiten" 2011; „Into the Woods" 2014) präsentiert einen Film wie aus vergangenen Zeiten. Mary Poppins zeigt den Kindern auf und vor der Leinwand, wie stark die Macht der Fantasie ist. Ein Wannenbad wird zum Unterwasserozean, ein Sprung in der Porzellanschüssel öffnet die Tür in ein Varieté – und stets sind die Szenen gefüllt mit klassischen Musicalsongs und vielen etwas außer Rand und Band geratenen Zeichentrickfiguren.
Handlung voller bunter Abenteuer
Es mag schwer gewesen sein, die perfekte Schauspielerin für die Rolle der Mary Poppins zu finden. Immerhin galt es, an das große Musical-Idol und damalige Poppins-Darstellerin Julie Andrews heranzureichen. Mit Emily Blunt („Der Teufel trägt Prada" 2006; „Girl on a Train" 2016) ist es gelungen. Blunt beweist erneut, dass sie jede Rolle perfekt meistert. Tipp: Mal in die Originalfassung reinhören, um Blunts Gesang in der nicht-synchronisierten Fassung zu hören. Und auch Meryl Streep zeigt nach den beiden „Mamma Mia"-Filmen, dass sie ebenso gut singen wie spielen kann. Wunderbar!
Nachdem die Handlung allerlei bunte Abenteuer bereithält, kratzt das musikreiche Finale mit Happy End aber dann doch durch eine fast übertriebene Blüten- und Farbenpracht am Kitsch. Doch dann geschieht glücklicherweise fast wie nebenbei ein cineastisches Wunder: Als Luftballons verteilende Lady rettet die 93-jährige Angela Landsbury die Szene. Die Schauspielerin und Film-Ikone („Mord ist ihr Hobby", TV 1984–1996; „Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett", 1971) hat sichtlich großen Spaß, in ihre kurzen Szene dem noch etwas griesgrämigen Michael zu mahnen: „Du hast wohl vergessen, wie es ist, ein Kind zu sein." Dann steigt Mary Poppins wieder in den Himmel auf und verschwindet in den Wolken. Schade eigentlich, denn die gut zwei Stunden Filmlaufzeit sind wie im Flug vergangen. Vielleicht dauert es nun aber nicht noch einmal mehr als 50 Jahre, bis Mary Poppins mit einem neuen Film erscheint?