2019 stehen einige Wahlen an. Spannend werden vor allem die in Ostdeutschland
Gegen Ende eines Jahres ist es gute Sitte, den Blick in die Zukunft zu richten und sich auszumalen, was die kommenden zwölf Monate bringen werden. In Deutschland steht eine Kette von Wahlen an: neben Bremen und der Europawahl vor allem auch die in einer Reihe ostdeutscher Bundesländer.
Die weitere Entwicklung der AfD steht dabei besonders im Mittelpunkt der Betrachtung. Bisher war man davon ausgegangen, dass sich der Siegeszug dieser rechtsradikalen Partei ungebrochen fortsetzen wird. Doch der Wechsel an der Spitze der CDU, die zunehmende Auflösung des Jugendverbandes „Junge Alternative" aufgrund extremistischer Tendenzen und die sich häufenden Spendenskandale werden möglicherweise nicht ganz ohne Folgen bleiben. Es bleibt dennoch festzuhalten, dass die ostdeutschen Bundesländer auf absehbare Zeit ein fruchtbarer Boden für die politischen Ansichten dieser Partei bleiben werden.
Die Aussicht, dass sie sogar den Status der stärksten Partei erreichen könnten, muss Demokraten aufschrecken. Bis auf weiteres ist allerdings dermaßen viel Dynamik in der Entwicklung, dass es schwer fällt, eine verlässliche Aussage über den Ausgang dieser Wahlen zu machen.
Das betrifft nicht nur die AfD. Die CDU unter neuem Vorsitz wird sich auch neu sortieren müssen, und je nachdem, wie die Zusammenarbeit in der christdemokratischen Spitze wird, kann dies zu einer Stabilisierung oder sogar dem endgültigen Ende der Ära Merkel führen. Die Krise der SPD ist noch lange nicht am Ende angekommen, und die Verzweiflung in der Partei ob der sinkenden Umfragewerte ist beinahe mit Händen zu greifen. Sollte der derzeitige Bundesvorstand 2019 keine klaren Konzepte zur Wiederbelebung der Sozialdemokratie vorlegen, dürften auch seine Tage schnell gezählt sein.
Ob die Betrachtung des inneren Zerfleischungsprozesses der SPD wirklich angenehm sein wird, wenn der Niedergang nicht aufgehalten werden kann, darf bezweifelt werden. Stoff für Schlagzeilen wird die SPD aber auch 2019 weiter bieten.
Auch weltweit stehen viele wichtige Entscheidungen an. Der Brexit steht vor der Tür, hart oder gesteuert, mit derzeit noch unabsehbaren ökonomischen und politischen Konsequenzen nicht nur für Großbritannien selbst, sondern auch für den Rest der EU. Die Italienkrise scheint sich aufzuheizen und kann das gesamte Gefüge der Währungsunion ins Wanken bringen. Ein Erfolg der Rechtspopulisten bei der Europawahl kann die Wirksamkeit eines wichtigen Kontrollinstruments europäischer Politik beeinträchtigen.
Und alles schaut weiterhin auf Deutschland, nicht zuletzt die Achse Berlin-Paris, in der auf unserer Seite gerade die Karten neu gemischt werden. Ob eine angeschlagene und auf einem wackeligen Fundament stehende Kanzlerin Merkel in der Lage sein wird, die stabilisierende Funktion Deutschlands in der EU zu stärken, darf mit Recht bezweifelt werden.
Und auch die USA werden uns weiter beschäftigten. Jetzt, wo die Wahlkatastrophe für die Republikaner bei den Midterms sich in vollem Ausmaß abzeichnet, wirft bereits der Präsidentschaftswahlkampf seine Schatten voraus. Während die Demokraten sich genau überlegen müssen, welchen Kandidaten sie gegen Trump ins Rennen führen wollen, werden die Republikaner darüber nachdenken müssen, wie weit sie den alten Markenkern ihrer Partei zugunsten des unberechenbaren und konzeptlosen Populismus ihres aktuellen Präsidenten zu opfern bereit sind.
Sollte ihnen darauf keine gute Antwort gelingen, stehen die Chancen gut, dass wir 2019 mit einem wild um sich schlagenden Donald Trump zu tun haben werden, der angesichts einer sinkenden Chance auf Wiederwahl möglicherweise noch unberechenbarer agieren wird als bisher schon. Im kommenden Jahr könnte uns somit auch weltpolitisch noch ein wilder Ritt bevorstehen.
Eines ist klar: 2019 wird sehr interessant. Das kann aber auch ein Fluch sein. Der alte chinesische Wunsch, dass man in interessanten Zeiten leben möge, ist nicht zuletzt wohl erwogener Sarkasmus. Den werden wir – so oder so – im kommenden Jahr bei der Betrachtung der politischen Entwicklungen brauchen können. Nur so wird manches zu ertragen sein.