Im Zuge des Seventies-Retro-Revivals geht der Cord-Siegeszug munter weiter. Die Designer haben dem samtigen Material durch pastellige Farben und neue Varianten endgültig das spießig-altbackene Image ausgetrieben. Breitcord ist angesagt wie nie, selbst bei Schuhen findet sich das typische Muster.
Wir haben ja schon hinlänglich über Alessandro Michele berichtet. Dem Gucci-Chef gebührt immerhin das Verdienst, lange Zeit ungeliebte oder biedere Designs vergangener Epochen durch Neuinterpretationen zu Lieblingsstücken der Fashionistas-Welt zu machen. Das gilt besonders für die 70er-Jahre, die auch modisch nachhaltig von der 68er-Bewegung, Hippies und Disco-Jüngern geprägt waren. Kein Wunder daher, dass die Designer im Zuge des aktuellen Seventies-Revivals dem damals hochgeschätzten Material Cord wieder ihre ganz besondere Aufmerksamkeit widmen. Schon in der letztjährigen Wintersaison stand der längsgestreifte, samtige Stoff hoch im Kurs. Labels wie Gucci, Prada oder Marc Jacobs hatten ihm seinen Oldschool-Charme als klassischem Lehrer- oder Rentner-Dress schon gehörig ausgetrieben.
Diesen Winter sind die Designer – an der Spitze Mulberry, Prada, Gucci, Marc Jacobs, Off-White, Tory Burch und Lemaire – noch einen Schritt weiter gegangen und haben den letzten Rest von Spießigkeit und jegliche Assoziationen mit der Arbeiterklasse verscheuchen können. Ursprünglich war Cord kostengünstig, denn der Stoff bestand mehrheitlich aus Baumwolle und einem kleinen Polyesteranteil, der daher auch als „poor man’s velvet", als Samt für Arme, bezeichnet wurde. Besonders geschätzt wurde er im Zuge der Industrialisierung.
Aber diese Zeiten sind vorbei, beliebt ist das Material trotzdem noch, gerade bei Streetstyle- oder Social-Media-Stars. Im Folgenden möchten wir die wesentlichen Corduroy-Innovationen der aktuellen Wintersaison vorstellen.
(Pastellige) Farben
Das klassische Cognac-Braun oder der dezente Beigeton wurden durch die gesamte Palette von Pastellfarben ersetzt, von zartem Rosa oder Hellblau über Mintgrün oder Lila bis Kanariengelb oder Weinrot. Dadurch kann der Mode-Sommer auch im Winter fortdauern und umgekehrt.
Mulberry beispielsweise hat in seiner aktuellen Kollektion eine Schlaghose in leuchtendem Beige, bei Isabel Marant ist die Marlene-Hose in Himbeerrosa gehalten, Prada präsentierte einen Anzug in feurigem Rot auf dem Laufsteg. Ulla Johnson kann mit einem pinkfarbenen Dress samt Romantik-Faktor punkten. Stella McCartney ist mit einer blauen Shorts zur Stelle. Derzeit besonders begehrt sind Cordhosen oder Komplett-Looks in Altrosa, bei Mango war eine roséfarbene Schlaghose in Windeseile ausverkauft.
Trendiges Breitcord
Auch wenn Breitcord fraglos die am wenigsten figurschmeichelnde Cord-Variante ist, so ist es diesen Winter doch ein Favorit vieler Designer. Vor allem Hosen sind häufig in großem Breitcord geschneidert. Bei Ashley Williams gibt es einen breit gerippten Hosenanzug. Erdem hat damit ein Kostüm gestaltet, Roland Mouret verwendete Breitcord bei Röcken, Jacken und Mänteln. Bei Central Saint Martins erstrahlt ein Kleid in leuchtendem Grün.
High-Waisted/ausgestellt
Die Mehrzahl der Hosen kommt high-waisted daher, Isabel Marant hat beispielsweise ein wunderschönes waldgrünes Model in ihrem Sortiment. Was zur Folge hat, dass die dazu kombinierten Oberteile in den Bund gesteckt werden sollten. Viele Hosen, auch in den Varianten Culotte oder Bootcut, verfügen über einen weit ausgestellten Beinschnitt. Dazu sollten am besten Schuhe mit Absatz getragen werden.
Cord-Anzug en vogue
Natürlich ist frau mit nur einem Cordteil auf der sicheren Seite. Aber diesen Winter möchten viele Designer die Damen zum Total-Look bekehren, sprich: zum Cord-Anzug. Die damit leicht verbundene Gefahr, dass der Look womöglich etwas bieder wirken kann, lässt sich leicht durch Statement-Shirts oder auffällige Sneaker bannen.
Latzkleider
Natürlich gibt es auch die altbekannten Latzhosen oder auch Overalls wieder aus Cord-Material. Aber daneben hat sich eine Reihe von Designern für Latzkleider als Alternative entschieden. Okay, die Teile sehen recht zuckersüß aus und sollten daher am besten nur von jungen Frauen getragen werden. Am besten sollte man sie daher stilbrechend mit dicken Wollstrumpfhosen, Rollkragenpulli und Schnür-Boots kombinieren.
Schuhe und Taschen
Spätestens seit Sean Wotherspoon für Nike den Air Max Hybrid mit buntem Cord als Obermaterial neu interpretiert hatte und die Sneaker trotz Preisen von bis zu 2.500 Dollar reißenden Absatz fanden, hat ein regelrechter Run auf Cordschuhe eingesetzt. Diesen Winter gibt es neben sportiven Teilen auch Boots oder Pumps mit Rippenmuster. Die schönste Cord-Damenhandtasche haben wir übrigens in der Kollektion des Labels Wandler entdeckt. Allerdings ist die „Hortensia"-Bag mit einem Preis von 735 Euro nicht gerade ein Schnäppchen. Selbst Baskenmützen gibt es aktuell aus Cord-Material.
Trage-Tipps
Cord liebt Kontraste. Daher sind sportliche Sneaker ebenso perfekte Kombi-Partner wie spitze Pumps, elegante High Heels oder Stiefeletten. Auch Trainingsjacken, schmale Rollkragenpullover, Grobstrickpullis oder coole Oversized-Hemden lassen sich toll zu Cord tragen. Gut kommt auch ein Materialmix von Cord mit Denim, Seide, Leder, Spitze oder Samt.
Ein Stoff für alle
Auch wenn Cord tendenziell etwas aufträgt und speziell Breitcord-Teile nicht zu eng geschnitten sein sollten, so ist der Stoff doch für alle Generationen bestens geeignet – und auch für beide Geschlechter. Richtig gestylt sieht der Stoff jedenfalls top und gar nicht nach Opas Vermächtnis aus.
Cord in der aktuellen Herrenmode
Auch in der Herrenmode ist Cord derzeit mega-angesagt; von der feinen Baby-Variante bis hin zur Breitrippe. Die bislang von den Männern meist präferierte Used-Optik wurde durch hochwertiger wirkende Teile mit tieferen Längsrippen ersetzt. Schwarz bleibt der Klassiker schlechthin, an seine Seite gesellen sich aber auch farbenfrohe Teile in kräftigem Rot, Grün, Orange, Blau oder Gelb. Wie in der Damenmode ist das Angebot breit gefächert, die Herren der Schöpfung finden jede Menge aus Cord geschneiderte Anzüge, Jacken, Hemden oder Hosen.
Pflege-Hinweise
Zu häufiges Waschen sollte zur Schonung des Gewebes möglichst vermieden werden. Wenn nötig nur bei niedrigen Temperaturen bis maximal 40 Grad in die Maschine geben. Äußerste Vorsicht ist beim Bügeln angesagt, weil das Material sonst seinen Glanz verlieren kann. Hochpreisige Teile sollte man sicherheitshalber chemisch reinigen lassen. Verknitterte Kleidungsstücke lassen sich zu Hause aber meist auch einfach mit Wasserdampf wieder begradigen.