Es heißt nicht umsonst „leben wie Gott in Frankreich". Das Land unserer Nachbarn gilt nicht von ungefähr auch als Wiege der Hochküche. Eine Adresse für alle Genießer ist das „Fleur de Sel" in Sarralbe, wo Vincent Letzter die Gaumen seiner Gäste verwöhnt.
Seit Jahrzehnten bin ich auf Entdeckungstour nach guten kulinarischen Adressen. Dabei bin ich immer wieder sehr gerne in Frankreich. Es ist ja auch nur ein Katzensprung von Saarbrücken aus zu unseren französischen Nachbarn. Manchmal bekomme ich auch über die sozialen Medien Rückmeldung. Saarländische Genießer folgen Vorschlägen und steuern an Wochenenden die im FORUM beschriebenen Restaurants an. Voller Freude berichten sie mir dann häufig von besonderen Erlebnissen in herausragenden Landgasthäusern im nahen Frankreich. Orte wie Remelfingen, Herbitzheim, Grundweiler, Zetting oder Großblittersdorf stehen mittlerweile auf ihrem Zettel.
Heute kommt eine weitere Empfehlung hinzu: das Fleur de Sel in Sarralbe. Hier wird wahrlich große Kochkunst zelebriert. Betreiber des sympathischen Landgasthauses sind Herminia und Vincent Letzter. Sie stammt aus Portugal, er aus der Region um Sarralbe. Kennen gelernt haben sie sich in Luxemburg, dort leben viele Portugiesen. Danach waren die beiden viel unterwegs, vor allem in der Schweiz und in Frankreich. Vor zehn Jahren kamen sie dann zurück in die Heimat und kauften das Anwesen hier. Vincent Letzter kocht ungemein gut, während Herminia die Gäste bei ihrem Besuch liebevoll und sehr kompetent umsorgt. Die beiden verstehen wirklich ihr Fach.
„Gelernt habe ich bei Antoine Westermann in Straßburg, im Buerehiesel", erzählt Vincent Letzter. „Er hat mich von 1985 an drei Jahre lang ausgebildet, von ihm habe ich alles gelernt. Wie man Saucen macht bis hin zur Patisserie. Er hat mich in die große Küche eingeführt." Ein perfekter Ort, um zu lernen. Antoine Westermann ist einer der größten Köche, bei denen ich je gegessen habe. Nachdem er vor ein paar Jahren seinen Drei-Sterne-Tempel verließ, baut er seit 2007 verschiedene Bistros und Restaurants in der ganzen Welt auf. Schwerpunkt: Frankreich, Portugal und die Vereinigten Staaten.
Das Ehepaar versteht sein Handwerk
Die Reise von Vincent Letzter zu den Großen seiner Zunft begann dann aber erst richtig. Erst ging er zu Jean Schillinger, der zu dieser Zeit ein Zwei-Sterne-Restaurant in Colmar betrieb. Dann nach Paris zu zwei weiteren Drei-Sterne-Köchen mit Weltruf: zu Guy Savoy und Alain Senderens. Anschließend führte ihn sein Weg in die Schweiz zu Frédy Girardet ins „Grand Hotel National" nach Luzern. Zehn Jahre lang war er dort Küchenchef im hoteleigenen Restaurant Padrino. Vier Restaurants beherbergt das Haus. Dort lernte Letzter auch den italienischen Sternekoch Roberto Rispoli kennen, der ihn in die Geheimnisse der italienischen Küche einführte. Bis heute liebt er diese leichten, geschmackvollen Speisen. Sie beeinflusste seinen Kochstil ungemein. Auch in Lausanne war er tätig, im „Palace". In der Schweiz arbeite er schon mit seiner Frau Herminia zusammen.
Irgendwann waren die beiden genug herumgekommen, und sie bauten sich ihr eigenes Restaurant in Lothringen auf – das Fleur de Sel. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Das Haus ist mittags wie abends gut besucht. Deshalb die klare Empfehlung: vorher unbedingt reservieren. Als wir ankamen, fand ich die bunte Fassade schon sehr einladend. Wir traten ein, und an einem Mittwochmittag waren alle Tische besetzt. Ein Restaurant mit sehr viel Charme. Die Gastgeber begrüßten uns sehr warmherzig, wir fühlten uns von Anfang an bestens aufgehoben.
Hier haben sie eine kleine Speise- und ebenso eine übersichtliche Weinkarte. Doch es fehlt an nichts. Geschmeckt hat es mir hervorragend. Das ging schon los mit den Eiern in Rotweinsauce mit Spinat. Ein Erlebnis. Danach gab es Bäckchen vom Spanferkel in einer Zartheit, wie ich sie selten erlebt habe. Mit Gemüse und Kartoffelpüree. Dazu ein Glas gut ausgesuchter roter Burgunder aus Marsannay, von René Bouvier. Danach eine Dessertvariation mit frischen Früchten. Westermann ließ grüßen. Delikat hoch zwei.
Fünf Vorspeisen, fünf Hauptgänge, fünf Desserts stehen auf dieser Karte, die sich regelmäßig nach Angeboten des Marktes verändert. Alle Positionen klingen verführerisch. Dazu einige Menüs, auch ein Mittagsmenü, das um die 38 Euro liegt. Eine Entdeckung, die mir ungemein viel Freude machte. Die Positionen auf der Weinkarte hätten mich alle interessiert. Klein, aber fein, mit sehr viel Sachverstand zusammengestellt. Und wenn es Fragen gibt, hilft Herminia Letzter in ihrer zuvorkommenden Art gerne weiter.
Übersichtliche Speise- und Weinkarte
Auch als ich mich umschaute, sah ich nur zufriedene Gesichter. Die Gäste genossen sichtlich. Sei es die warme Gänseleber mit gewürzten Quitten, das Carpaccio vom Reh, die Tagliatelle mit schwarzen Trüffeln aus dem Piemont oder das Entrecôte auf italienische Art mit Risotto. Danach geeister Kaffee auf neapolitanische Art und ein Baba au rhum mit Vanillesauce. König Stanislas wäre hier wohl nicht so schnell aufgestanden. Familie Letzter stammt aus einer Gastronomenfamilie. Bei meinen Recherchen fand ich heraus, dass der Cousin Ivan in Gstaad das Restaurant Rialto betreibt. Tante Angèle und Onkel Wilfred residieren im Caveau in der elsässischen Nachbarschaft in Bischtroff-sur-Sarre, südlich von Sarre-Union. Papa Johnny, heute in Rente, machte sich einen Namen in Straßburg, was erstklassiges Fleisch angeht. Damals servierte er es im „Au Boeuf Mode" an der Place Saint Thomas.
Familie Letzter hat die besondere Gastronomie, die herausragende Küche, also offensichtlich in den Genen. Und Vincent Letzter vermählt in seiner Küche italienische Kochkunst mit der Tradition der weltberühmten Küche der Region Grand Est. Das ist auch etwas ganz Besonderes. Eine Adresse, die man sich merken sollte. Hier findet eine hervorragende Symbiose all der Dinge statt, die der Feinschmecker sucht. Große Küche, gute Weine, Herzlichkeit und die Freude, hier einige Stunden zu verweilen. Und Freundschaften zu schließen. Über alle Grenzen hinweg.
Die Gäste sind stets voll des Lobes
Die Gäste kommen aus einem Umkreis von mehr als 50 Kilometern hierher. Viele gehören mittlerweile zu den Stammgästen. Die Bewertungen in den sozialen Medien sind sehr herzlich geschrieben. Ein „bravo" hier, ein „merci beaucoup" da. Und immer wieder das Versprechen: „Wir kommen gerne wieder". Ich kann mich da nur anschließen. Wir fuhren glücklich nach Hause.