Drohnen haben vor ein paar Wochen den Londoner Flughafen Gatwick lahmgelegt. Wie bereiten sich deutsche Flughäfen auf Drohnenangriffe vor? Wie hoch sind die Kosten, die auf die Flugsicherung zukommen? Weil Luftsicherheit Sache der Polizei ist, hat noch keiner so richtig aufgerüstet.
Die Geräte sind leicht, wendig, per Fernbedienung lenkbar und in der Lage, wie ein Hubschrauber senkrecht aufzusteigen. Ein handelsübliches Modell für einen Preis von rund 400 Euro hat eine Geschwindigkeit von bis zu 50 Kilometern in der Stunde und eine Funkreichweite von zwei Kilometern. Das ist durchaus erschwinglich und alles sehr cool – kein Wunder, dass Drohnen ein Verkaufsrenner sind. Über 400.000 gingen im vergangenen Jahr über die Theken, der Bestand liegt bei über 1,2 Millionen; über zwei Drittel von ihnen sind semiprofessionelle Drohnen bis zu zwei Kilogramm Eigengewicht.
Die Vorstellung, dass ein sorgloser Hobby-Drohnenpilot – oder eben ein Terrorist mit voller Absicht – sein Gerät bis auf eine Höhe steigen lässt, in der ein startendes oder landendes Flugzeug fliegt, kann einem schon Schauer über den Rücken jagen: Was ist, wenn ein solches Spielzeug in ein Triebwerk gerät? Oder das Fenster zur Pilotenkanzel durchschlägt? Unweigerlich fragt man sich: Sind deutsche Flughäfen überhaupt auf so etwas eingestellt?
Immerhin hat die Deutsche Flugsicherung im vergangenen Jahr 158 Behinderungen des regulären Luftverkehrs durch Drohnen registriert, etwa 80 Prozent mehr als noch 2017. Die meisten von ihnen, nämlich 125 Fälle, seien im Großraum von Flughäfen gemeldet worden. An der Spitze der Störungen lag der Flughafen Frankfurt/Main (31). Für die Berliner Flughäfen bestätigt Unternehmenssprecher Daniel Tolksdorf: „Am Flughafen Tegel gab es 2018 17 Störungen durch Drohnen im Flugbetrieb. 2017 waren es elf. In Schönefeld kam es 2018 zu neun Störungen, 2017 waren es fünf."
„Drohnenflüge am Flughafen sind grundsätzlich verboten", erklärt Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV. Die Flugverbotszone beginnt eineinhalb Kilometer vor dem eigentlichen Zaun, der den Flughafen umgrenzt. Aber was passiert, wenn dieser Sicherheitsabstand missachtet wird? „In der Praxis werden Drohnen meist von Piloten entdeckt", sagt Daniel Tolksdorf. „Wir üben als Flughafenbetreiber auf unserem Betriebsgelände das Hausrecht aus und bewachen es mit eigenem Sicherheitspersonal. Wenn das einen Verstoß feststellt, wird er umgehend an die zuständige Polizeibehörde gemeldet." Ausschließlich den Polizeibehörden sei es gestattet, die aktive Drohnenabwehr vorzunehmen und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.
Verboten: Drohnen an Flughäfen
Spezielle Abwehrmaßnahmen haben die Flughäfen also nicht – und auch bei der Früherkennung und der Beobachtung des Geländes verlassen sie sich offenbar auf die hauseigenen Mittel. Und auf die gesetzlichen Bestimmungen: In Deutschland sind Drohnenflüge nicht nur über den Start- und Landebereichen an Flughäfen verboten, sondern ebenso über Menschenmengen, Krankenhäusern, Gefängnissen, Behörden, Bundesstraßen oder Bahnanlagen. Dort, wo es erlaubt ist, müssen die Geräte während des Fluges grundsätzlich in Sichtweite bleiben und dürfen nicht höher fliegen als 100 Meter. Ausnahmen gibt es auf Modellflugplätzen.
Zusätzlich hat das Bundesverkehrsministerium im vergangenen Jahr eine Drohnenverordnung erlassen. Ab einem Startgewicht von zwei Kilogramm brauchen Dohnenpiloten nun einen Führerschein, mit dem sie entsprechende Kenntnisse für den sicheren Betrieb der unbemannten Fluggeräte nachweisen müssen. Zudem besteht für Drohnen ab 250 Gramm eine Kennzeichnungspflicht. Die sollte noch weiter gehen, fordert der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. „Wir halten eine Registrierungspflicht für Drohnen und ihre Eigentümer für erforderlich, damit Verantwortung klar zugewiesen werden kann", erklärt Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow. Drohnen sollten zudem mit einer Technik ausgestattet werden, die sie für Behörden und andere Luftfahrzeuge identifizierbar macht, wie etwa mit einem Transponder. Eine andere Möglichkeit ist eine elektronische Flugsperre: Es gibt hochwertigere Drohnen, die per GPS-Signal daran gehindert werden, in Flugverbotszonen überhaupt aufzusteigen.
Doch auch andere Unternehmen möchten Drohnen gern fernhalten: Automobilhersteller fürchten Paparazzi-Fotos ihrer Erlkönige – den noch geheimen neuen Modelle – auf Teststrecken, Energieversorger warnen vor Sabotage, Gefängnisse vor Waffen- und Drogenschmuggel, Event-Veranstalter oder Stadien-Betreiber sorgen sich um Verletzungsrisiken für ihre Gäste. Eine Art Drohnen-Entdeckungsschirm gibt es bereits: Die Deutsche Telekom hat mit Industriepartnern den „Magenta-Schutzschirm" entwickelt. Je nach Kundenwünschen kann der Schild mit Radiofrequenz, Video-, Audio- oder Radar-Erkennung ausgerüstet sein. Der Grundpreis liegt bei 30.000 Euro. Die Kasseler Firma Dedrone bietet ein ähnliches System an, das zusätzlich auf Störsignale setzt. Vereinzelt hat man auf Flughäfen auch schon den Einsatz dressierter Adler getestet, die eine Drohne in der Luft wie ein Beutetier in die Krallen nehmen und abstürzen lassen.
Abwehr durch Drohnen-Killer
Viel weiter als Deutschland ist da Israel: Es gilt als der Vorreiter bei der Verteidigung gegen Drohnen. Die seien in den Händen von Terrororganisationen wie dem Islamischen Staat eben auch Waffen, so die Argumentation. Israelische Rüstungsunternehmen haben verschiedene Abwehrsysteme wie etwa den „Drone Dome" entwickelt, der Drohnen entdecken und notfalls ausschalten kann. Und das in bis zu fünf Kilometern Entfernung. Kommt eine Drohne einem Flughafen gefährlich nahe, könne man mit dem „Dome" entweder ihre Kommunikationssysteme stören oder die Kontrolle über das Fluggerät übernehmen, um es dann in sicherer Entfernung zu landen. Beide Methoden werden als „Soft Kill" bezeichnet. Technisch ist auch ein sogenannter „Hard Kill" möglich – der Abschuss der Drohne mit einer zielgenauen Laserkanone, gesteuert etwa aus dem Kontrollturm eines Flughafens.
Im vergangenen Jahr hat das israelische Rüstungsunternehmen nach Medienberichten sechs dieser Systeme an Großbritannien verkauft; Kostenpunkt: umgerechnet etwa 17,45 Millionen Euro. Das Abwehrsystem eines anderen israelischen Anbieters, der „Drone Guard", wurde jüngst zum Schutz des G20-Gipfels in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires eingesetzt. Das System sei auch in der Nähe des Flughafens aktiv geworden, während die Staatschefs dort gelandet seien. Und Deutschland? Auch hierzulande wird man sich irgendwann auf teure Schutzsysteme einstellen müssen. Denn, so Daniel Tolksdorf: „Die Gefahr an den Flughäfen nimmt in dem Maße zu, in dem die Drohnenflüge zunehmen."