Eine Pflegeversicherung, in die alle den gleichen Anteil ihres Einkommens einzahlen: Das wäre solidarisch, so die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Pia Zimmermann. Mitte Februar bringt die Linke dazu einen Bundestags-Antrag ein – die Chancen stehen gar nicht schlecht.
Frau Zimmermann, die Linke möchte die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung umbauen – was bedeutet das?
Die Pflegeversicherung zahlt derzeit nur einen Teil der Pflegeleistungen. Den anderen, mitunter größeren Teil, müssen die Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien selbst übernehmen. Eine Pflegevollversicherung würde alle pflegebedingten Kosten übernehmen, die Eigenanteile würden sich dann nur auf die Kosten für Unterkunft und Verpflegung begrenzen. Die Menschen sollen sich darauf verlassen können, dass sie im Falle eines Pflegebedarfs gut versorgt werden und nicht aus finanziellen Gründen auf Pflegeleistungen verzichten müssen.
Sie sprechen von einer Deckelung der Zusatzbeiträge für einen Heim-Platz. Welche Höhe dafür schwebt Ihnen denn vor?
Die Deckelung der Eigenanteile für die Pflegeheimkosten ist für uns nur ein Schritt in Richtung Pflegevollversicherung. Die Höhe müsste man verhandeln. Vielleicht kann man sich dafür an der Durchschnittsrente in einer bestimmten Region orientieren. Die Kosten und auch die Einkommen der Menschen unterscheiden sich ja gravierend in den einzelnen Bundesländern.
Warum sind denn die Kosten in den Bundesländern dermaßen unterschiedlich?
Die Altenpflege ist Ländersache, das wird überall anders organisiert. Das betrifft nicht nur die Eigenanteile für die Pflegeheimbetreuung, sondern auch die Gehälter für die Pflegekräfte oder den Stellenschlüssel in der Pflege. Das sind krasse Unterschiede. In Niedersachsen zum Beispiel, da komme ich ja her, verdienen die Pflegekräfte am wenigsten von allen westdeutschen Bundesländern. Da muss man sich nicht wundern, wenn die in den Grenzregionen lieber nach NRW zum Arbeiten fahren und 500 Euro mehr verdienen.
Es gibt ja auch die Idee, die Versicherten selbst über höhere Beiträge entscheiden zu lassen, damit sie später keine Zusatzbeiträge entrichten müssen …
Das finde ich unsolidarisch, etwa so wie die private Pflegeversicherung. Besser wäre es, wenn prozentual alle gleich viel von ihrem Einkommen abgeben, um die Pflege zu finanzieren. Die Linke fordert ja auch die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze. Alle sollen einen prozentualen Anteil von ihrem Einkommen für die Pflegeversicherung einzahlen. Zurzeit ist es so, dass die Gutverdienenden einen viel kleineren Teil von ihrem Einkommen dafür abgeben müssen. Das ist ungerecht.
Fänden Sie es besser, mehr Steuermittel in die Pflegeversicherung zu stecken?
Wenn die Steuermittel dann vernünftig eingesetzt werden, habe ich nichts dagegen. Es gibt ja auch in der Pflege versicherungsfremde Leistungen, die trotzdem übernommen werden. Dazu gehören zum Beispiel die Sozialleistungen für pflegende Angehörige. Die Krankenkassen bekommen für versicherungsfremde Leistungen einen Bundeszuschuss. Die Pflegeversicherungen sollten so etwas auch bekommen.
Würde die Finanzierungsreform auch die Qualität der Pflege verbessern, insbesondere für Demenzkranke?
Mehr Geld bedeutet nicht gleich bessere Pflege. Das will uns Herr Spahn ja gern erzählen. Auch für Menschen mit demenziellen Erkrankungen braucht es gute Betreuungskonzepte mit gut ausgebildetem Personal. Die Pflegekräfte müssen genug Zeit haben und auch die Gebäude müssen entsprechend eingerichtet sein. Das alles kostet Geld. Aber es nützt nichts, einfach nur die Beiträge zu erhöhen, es muss ein echter Paradigmenwechsel stattfinden.
Paradigmenwechsel bedeutet für Sie ja auch, dass auch besser Verdienende, Beamte und Selbstständige sich der Pflegeversicherung beteiligen. Das wollen SPD und Grüne ja auch – wäre das nicht eine Mehrheit?
Die Linke fordert die Überführung der privaten Pflegeversicherung in die gesetzliche. Dazu werden wir am 15. Februar einen Antrag in den Bundestag einbringen. Wir haben die positiven Signale aus der großen Koalition auch vernommen und hoffen auf deren Zustimmung. Es gibt eine große gesellschaftliche Mehrheit für unsere Position.
Wie sehen Sie die Zukunft der Pflege: Immer mehr Menschen in Heimen, ambulante Pflege oder häusliche Pflege durch Familienangehörige?
Die Linke setzt sich dafür ein, dass jeder Mensch selbst entscheiden kann, wie er oder sie gepflegt werden will. Niemand soll, aus welchen Gründen auch immer, zu einer bestimmten Pflegeform gezwungen werden. Ich möchte später nicht von meinen Kindern gepflegt werden. Ich möchte, dass es gut ausgestattete, professionelle Pflegeangebote geben wird. Mit meinen Kindern und Enkeln möchte ich lieber Spaß haben.