Zwei von drei deutschen Mannschaften haben sich für die K.o.-Runde der Europa League qualifiziert. Während Frankfurt die Massen begeisterte und durch die Vorrunde marschierte, setzte sich Leverkusen standesgemäß in seiner Gruppe durch. FORUM checkt die Chancen der Teams.
Wie oft wurde über das schlechte Abschneiden deutscher Mannschaften auf internationalem Boden diskutiert und geschimpft. In diesem Jahr sieht es in der Europa League und der Champions League ein wenig anders aus. Mit den Bayern, dem BVB und den Schalkern sind in der Bel Etage des Fußballs alle Teilnehmer weiterhin vertreten. In der Europa League strichen die Leipziger unerwartet die Segel. Die anderen deutschen Mannschaften, Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen, marschierten durch ihre Gruppenphase. Vor allem die Frankfurter begeisterten mit sechs Spielen ohne Punktverlust, während Leverkusen es nur gegen den FC Zürich kurz schleifen ließ und verlor. Ein weiteres Unentschieden gefährdete den Gruppensieg aber nicht mehr. Beide Mannschaften bekommen nun unangenehme, aber keine unschlagbaren Gegner. Für beide geht es in den Osten Europas. Frankfurt hat es mit Champions-League-Absteiger Shakhtar Donezk zu tun, Leverkusen mit FK Krasnodar. Unangenehme Reisen, unangenehme Auswärtsspiele. FORUM hat beide Gegner unter die Lupe genommen und die Chancen der Deutschen bewertet.
Shakhtar Donezk
Die Ukrainer sind in ihrer Liga das Maß aller Dinge. Shakhtar qualifizierte sich als Meister für die Königsklasse. In der Saison 2017/18 wurde der elfte Titel der Vereinsgeschichte gefeiert. Zum zweiten Mal in Folge konnte das Double bejubelt werden. In der Champions League endeten die ersten beiden Gruppenspiele unentschieden mit jeweils 2:2, zu Hause gegen Hoffenheim und auswärts gegen Lyon. Danach setzte es aber gegen Manchester City hohe Niederlagen mit 0:3 und 0:6. Chancen aufs Weiterkommen bestanden am letzten Spieltag aufgrund eines glücklichen Sieges gegen Hoffenheim aber trotzdem. Das Unentschieden gegen Lyon war jedoch nicht ausreichend, um über die Gruppenphase hinauszukommen. Zum fünften Mal ist Shakhtar nun im Sechzehntelfinale. Genau ein einziges Mal kamen die Ukrainer weiter − gegen eine deutsche Mannschaft. In der Saison 2015/16 war Schalke der Gegner und nach einem torlosen Remis in Lwiw konnte Shakhtar durch ein 3:0 in Gelsenkirchen den Einzug in die nächste Runde feiern. Marlos und Viktor Kovalenko trafen dabei. Shakhtar hat im Sechzehntelfinale ansonsten Niederlagen gegen den FC Fulham (2009/10), Viktoria Pilsen (2013/14) und Celta Vigo (2016/17) kassiert. In Heimspielen im Sechzehntelfinale gab es noch keinen Sieg. Während der Gruppenphase gelang den Ukrainern kein Heimsieg, in den letzten 17 Europapokal-Spielen auf ukrainischem Boden wurden nur zwei verloren. Frankfurts Trainer Adi Hütter hat als Trainer des BSC Young Boys bereits einen Triumph über Shakhtar gefeiert. In der dritten Qualifikationsrunde der Champions League 2016/17 siegte er im Elfmeterschießen. Für Paulo Fonseca war es das erste Europapokalduell als Shakhtar-Trainer. Trainer Adi Hütter und seine Frankfurter gewannen alle ihre Gruppenspiele – als erstes deutsches Team. Shakhtar gelang dieses Kunststück in der Saison 2016/17. Sein Pendant auf der anderen Seite, Paulo Fonseca, übernahm 2016 das Traineramt bei den Ukrainern und ersetzte den legendären Mircea Lucucescu, der insgesamt zwölf Jahre in Donezk tätig war. In seiner aktiven Spielerkarriere war Fonseca Innenverteidiger. Als Trainer sorgte er in Portugal bei Paços de Ferreira für erste Schlagzeilen, später führte ihn sein Weg zum FC Porto. Vor seinem Engagement bei Shakhtar gewann er mit Braga den portugiesischen Pokal. In der Ukraine holte er zwei Mal das Double.
Prognose: Shakhtar ist ein weiterer unangenehmer Gegner für die Frankfurter auf der europäischen Bühne. Auf den ersten Blick gehen die Frankfurter nicht unbedingt als Favorit ins Spiel. Auf den zweiten waren die Gegner in der Gruppenphase von ähnlichem Kaliber. Vorjahresfinalist Olympique Marseille und Lazio Rom wurden aber sowohl auswärts als auch daheim geschlagen. Kommt Frankfurt mit den unglaublichen Fans im Rücken wieder auf dieses Niveau, sollte auch Shakhtar zu schlagen sein. Ein harter Brocken ist dieses Los allemal. Dass die Ukrainer verwundbar sind, hat die TSG Hoffenheim aber durchaus gezeigt. Ebenfalls wichtig für die Frankfurter – als Gruppenerster dürfen die Hessen zuerst auswärts ran. Vorteil Frankfurt.
FK Krasnodar
Krasnodar steht zum dritten Mal in den vergangenen vier Jahren in der Runde der letzten 32. Die Russen wurden in ihrer Gruppe Zweite hinter dem FC Sevilla. Die Russen hatten ebenso viele Punkte wie die Spanier auf dem Konto, aber den schlechteren direkten Vergleich. Leverkusen sammelte in seiner Gruppe 13 Punkte. In neun Partien gegen Mannschaften aus Russland hat Leverkusen vier gewonnen und drei verloren. In den letzten fünf Spielen blieb die Werkself ungeschlagen, die letzten beiden brachten 2016/17 in der Gruppenphase der Champions League zwei Unentschieden gegen ZSKA Moskau. Seit dem Debüt im Europapokal 2014/15 konnte sich Krasnodar jedes Jahr qualifizieren. Dabei war lediglich 2017/18 noch vor der Gruppenphase Endstation, als man in den Play-offs aufgrund der Auswärtstorregel gegen Roter Stern Belgrad unterlag. Durch den vierten Tabellenplatz in der russischen Premier League sicherte sich Krasnodar den Platz in der Gruppenphase der laufenden Saison. Beim ersten Anlauf in der Saison 2014/15 war noch in der Gruppenphase Endstation, doch anschließend schaffte Krasnodar zweimal den Einzug in die Runde der letzten 32. Dort scheiterte man 2015/16 an Sparta Prag, während man 2016/17 erstmals eine K.-o.-Runde in einem europäischen Wettbewerb gewann und durch einen 2:1-Gesamtsieg gegen Fenerbahçe Istanbul ins Achtelfinale einzog. Von den letzten zehn Spielen im Europapokal konnten die Russen sieben gewinnen, zu Hause gab es sogar fünf Siege in Folge. In den 24 Europapokal-Heimspielen von Krasnodar gab es noch kein einziges torloses. Dabei blieben die Russen dreimal ohne eigenes Tor, alle drei Partien wurden verloren. Das einzige Europapokal-Heimspiel, das trotz eigenen Treffers verloren wurde, war gegen einen deutschen Gegner – 2014/15 mit 2:4 gegen Wolfsburg. Cheftrainer Murad Musaev hat eine ganz enge Verbindung zu Krasnodar. Ein erstes Ausrufezeichen setzte er, als er die U19 des Vereins in der Saison 2017/18 in die K.-o.-Phase der Uefa Youth League führte, wo diese vor einer Rekordkulisse erst im Elfmeterschießen an Real Madrid scheiterte. Nach Igor Shalimows Entlassung Anfang April 2018 übernahm er die Profimannschaft zunächst als Interimstrainer, ehe er im Sommer als neuer Cheftrainer bestätigt wurde.
Prognose: Leverkusen verfügt in dieser Saison über eine enorme Qualität, bringt sie aber zu selten auf das Feld. Nach dem Trainerwechsel von Heiko Herrlich zu Peter Bosz soll nun mehr Konstanz in das Spiel der Werkself gebracht werden. Krasnodar ist dabei kein einfacher Gegner. Natürlich verfügen die Leverkusener über mehr Qualität, Krasnodar ist aber eine erfahrene und unangenehme Mannschaft. Die Russen spielen sehr körperbetont und schnell nach vorne, somit wird dieser Gegner eine harte Prüfung für die Leverkusener. Bringen diese ihre PS auf die Straße, dann sollten die Russen schlagbar sein. Vorteil Leverkusen.
Kratzen beide deutsche Mannschaften an ihrer Leistungsgrenze, dann ist die Runde der letzten 16 durchaus wahrscheinlich. Die wirklich großen Spiele werden es aber nicht. Die Fans von Frankfurt werden aber wohl auch die Reise in die Ukraine zu einem Spektakel machen. Leverkusen ist die Auftritte auf internationalem Parkett eher gewohnt. Beide Gegner bergen aber auch ein gewisses Risiko. An guten Tagen können diese Teams auch mal eine große Mannschaft ärgern. An normalen Tagen sind sie aber auch deutlich zu schlagen. Wo der Weg der Deutschen dann noch hingeht, liegt vor allem an ihnen selbst.