Die Krise des Landessportverbands bewegt Land und Leute. In einer mehrteiligen Serie blicken wir auf die Geschichte der größten Personenvereinigung des Saarlandes zurück. In dieser Ausgabe schildern wir, wie der Bau der Saarlandhalle Jahre später die erste große Krise auslöste.
Es sind vertraute Worte. „Ich kann ihnen nichts Schönes, Hoffnungsvolles verkünden. Aber ich verspreche Offenheit und Ehrlichkeit. Dafür bitte ich um Geduld, Nachsicht und die Bereitschaft zur Hilfe." Die Sätze stammen nicht von Adrian Zöhler, dem neuen Präsidenten des Landessportverbands (LSVS). Franz Josef Schumann, der den Verband nach dem Rücktritt Klaus Meisers interimsmäßig führte, hat sie auch nicht gesagt. Auch wenn man es glauben könnte.
Doch die Urheberschaft der Zitate liegt mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Sie liegt bei Albert Wagner, den alle Welt „Ali" nennt. Rückblick: Am 22. Mai 1993 hatten sich die Delegierten des Landessportverbands in der Saarlandhalle getroffen. Wichtigster Tagesordnungspunkt: die Wahl eines neuen Vorsitzenden. Mit „Ali" Wagner gab es nur einen Kandidaten. LSVS-Initiator, Alphatier, Macher und Strippenzieher Hermann Neuberger war gut ein halbes Jahr zuvor gestorben. Sein Tod im Alter von 72 Jahren riss ihn mitten aus einem erfüllten Leben. „Er ist in seinen Stiefeln gestorben", lautete einer der zahlreichen Nachrufe. Soll heißen: Neuberger hatte noch viel vor. Eines der zentralen Projekte, die er noch anstoßen wollte, war die Sanierung der Saarlandhalle und der Verkauf der Eissporthalle im Saarbrücker Ludwigspark. Die Saarlandhalle, heute mehrheitlich im Besitz des Landes, wurde durch den Landessportverband gebaut und mit Toto-Mitteln finanziert. Gleiches galt für die nebenan liegende Eishalle.
Zähe Diskussionen ohne Resultat
Die Kosten hatte stets der Landessportverband zu tragen, und sie waren ursächlich dafür, dass die größte Personenvereinigung des Saarlandes Anfang der 90er-Jahre in seiner ersten schweren Krise steckte. Von der Entscheidung, die Halle zu bauen, bis zur Grundsteinlegung vergingen mehr als zehn Jahre. 1957 führte Saartoto bereits eine Tombola durch, um Geld einzuspielen. Doch dann schaltete sich die Kommunalpolitik ein. Gleichzeitig zu Neubergers Bauplänen trieb die Stadt ein eigenes Projekt voran. Im alten Saarbrücker Hafen sollte ebenfalls eine Halle mit dem Namen Saarlandhalle entstehen.
Nach zähem Ringen dann die Einigung. Neubergers Projekt erhielt den Zuschlag, die Stadt nannte ihr „Baby" Congresshalle. So ist es bis heute. Die Saarlandhalle, zunächst als reine Sporthalle gebaut, wurde schnell zur Multifunktionsarena umgestaltet. Sie war die erste Halle, die als GmbH organisiert war, Hallenbauer aus ganz Deutschland reisten an die Saar, um sich Neubergers Projekt anzuschauen. 11,5 Millionen Mark kostete der Bau, der sich zunächst auszahlen sollte. Populäre Fernseh-Shows wie „Wetten, dass ...?" wurden reihenweise dort produziert, 1973 kam jede fünfte Live-Sendung des ZDF aus Saarbrücken. Doch der Konkurrenzdruck wurde größer und größer. Neuberger versuchte früh, den Standort aufzuwerten, bemühte sich in seiner Funktion als DFB-Funktionär vergeblich um Saarbrücken als Spielort für die Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland. Denn die finanziellen Belastungen wurden größer. Zwar kamen immer noch allerlei Stars und Sternchen an die Saar, allerdings zogen andere Städte nach. Bereits in den 80er-Jahren musste die Halle aufwendig renoviert werden. Geschätzte Kosten: zwölf Millionen Mark, also mehr als der ursprüngliche Bau kostete.
Zudem plagten die Stadt immer größere finanzielle Sorgen, und wie so oft sprang der Landessportverband ein. 1981 kaufte der LSVS für 700.000 Mark das zugehörige Grundstück von der Stadt Saarbrücken. Neuberger schwebte früh eine Gesamtlösung vor. Denn die Kosten wuchsen dem Sportverband über den Kopf. Die 1975 eingeweihte Eissporthalle belastete den Verband jährlich mit 500.000 Mark Betriebskosten. Um deren Erhalt entspann sich ein mächtiges Theater. Neuberger nahm den Stuttgarter Medien-Unternehmer Rolf Deyhle mit ins Boot, verwies auf die finanziellen Probleme des Sportverbands. 1992, ein halbes Jahr vor dem Tod des LSVS-Funktionärs, meldete sich der damalige Saarbrücker Oberbürgermeister Hajo Hoffmann (SPD) zu Wort. Es sei nicht untypisch, dass Sportanlagen defizitär seien und es sei auch nicht die Aufgabe des Landessportverbands, kostendeckend zu arbeiten. In heutigen Zeiten eine bemerkenswerte Aussage. Deyhle und Neuberger schwebte eine Umstrukturierung des Standortes vor. Statt der Eishalle sollte ein Multifunktionskomplex mit Kinos und Diskotheken entstehen. Die eingespielten Gelder sollten auch in die Umstrukturierung der Saarlandhalle fließen. Doch die Widerstände waren groß. Am Ende stieg Investor Deyhle aus, die Verträge wurden rückabgewickelt.
Finanzielle Belastung
Als Neuberger starb, stand der LSVS quasi mit leeren Händen da. Eike Emrich, Sportökonom an der Universität des Saarlandes und von 1993 bis 2000 Hauptgeschäftsführer des LSVS, erinnerte sich in einem Gespräch mit der „Saarbrücker Zeitung" an die „erste große Krise" des LSVS. Als die Pläne Neubergers scheiterten, habe der Sportverband mit einer veralteten Halle dagestanden. „Die einzige Lösung war, sie dem Land für eine Mark zu übertragen, wobei der LSVS elf Millionen für die Sanierung als Mitgift für das Land schulterte", sagte Emrich. Die Folge seien Sparmaßnahmen gewesen. Wenig später zog der Sportverband vom Haus des Sports in der Saaruferstraße, wo bis heute Saartoto residiert, in die Sportschule um. „Dies geschah mit einem reduzierten Leistungsumfang und reduzierten Geldern für die Verbände", sagt Emrich. Der Experte sieht in den damaligen Vorgängen eine der Ursachen für die Schieflage, die in den vergangenen Jahren entstanden ist: „Als der auch vom Land gewünschte Olympiastützpunkt kam, brauchte man Sportstätten für den Spitzensport. Schließlich hat der LSVS eine vom Staat völlig vernachlässigte Sportanlage saniert und ausgebaut." Erst vor wenigen Jahren entschloss sich der Verband dann zum Neubau einer Multifunktionshalle auf dem Gelände des Olympiastützpunktes. Diese Kosten liefen aus dem Ruder. Generell, so Emrich, dürfe man aber nicht vergessen, dass der Sportverband viele „Aufgaben der Politik übernommen" habe. Dies resultiere auch aus dem Wegfall der dritten Sportstunde. Doch zurück ins Jahr 1993: „Eine fast legendäre Zeit ist heute zu Ende gegangen. Heute beginnt ein neuer Abschnitt der saarländischen Sportgeschichte", sagte „Ali" Wagner damals. Sein Nachfolger würde es heute wohl nicht anders formulieren.