Im Zuge der Krise des LSVS wurde zuletzt viel über die Strukturen des regionalen Sports diskutiert. In diesem Teil unserer Serie blicken wir auf die Erfolge zurück, die ihren Ursprung im Saarland hatten.
Das Lob kam aus berufenem Munde. „Hier schlägt im Saarbrücker Stadtwald das Herz des Saarsports. Die Sportschule wird dank vieler Investitionen als eine der besten Trainingsstätten weltweit geschätzt. Doch sie ist mehr als eine Kader- und Medaillenschmiede. Hier werden auch Akzente gesetzt in Richtung Freizeit- und Bildungsangebote. Es sind wichtige Pluspunkte, die unser Land aufzuweisen hat", sagte die heutige CDU-Bundesvorsitzende und damalige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer 2012. Damals war von Krise noch keine Rede. Sportfunktionäre und Politiker konnten auf viele Erfolge verweisen, die die Sportler feierten, die während ihrer Laufbahn in der heutigen Hermann-Neuberger-Sportschule im Saarbrücker Stadtwald trainierten. Dort haben heute auch der Landessportverband sowie der Olympiastützpunkt (OSP) Rheinland-Pfalz/Saarland ihren Sitz. Insgesamt 59 Mal Edelmetall gab es dabei bei Olympischen Spielen und Paralympics. Den Anfang machte dabei der Handballer Fritz Spengler, der während der Olympischen Spiele 1936 in Berlin zweimal zum Einsatz kam, damals allerdings für Waldhof Mannheim spielte. Den Saar-Sport prägte Spengler dennoch mit, Anfang der 50er-Jahre war er Landestrainer der Saar-Handballer.
Einer der bekanntesten Saarländer und besten Saar-Sportler aller Zeiten ist zweifelsohne Armin Hary, der 1960 als erster Mensch die 100 Meter in 10,0 Sekunden lief. Erst nach dem zweiten Versuch gestanden ihm die Zeitnehmer in Zürich die Rekordzeit zu. Hary war einfach zu schnell für die Welt. Der Bergmannssohn aus Quierschied krönte seine Karriere im selben Jahr mit zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Rom.
Eine der erfolgreichsten Sportlerinnen in der Geschichte des Saarlandes überhaupt ist Therese Zenz: Weltmeisterin, dreifache Silbermedaillen-Gewinnerin bei Olympia, EM-Zweite und fünfmal Deutsche Meisterin. Sie hat im Kanu nahezu alles erreicht, was man erreichen kann. Olympia-Gold gab es dann in ihrer zweiten Karriere, nämlich 1964 in Tokio. Zenz war mittlerweile vom Deutschen Kanu-Verband als Trainerin eingestellt worden und auch dort unglaublich erfolgreich.
Frodeno sorgte für eine Euphorie
Ein Aushängeschild für den Saarsport ist zweifelsohne ein „Zugereister". Klaus Steinbach ist nicht nur ehemaliger Weltklasse-Schwimmer, sondern auch höchst erfolgreich im Berufsleben. In seiner aktiven Zeit errang er fünf Europameistertitel mit verschiedenen Staffeln, gewann unter anderem Olympia-Silber in München 1972 und vier Jahre später Bronze mit der 4x100-Meter-Lagenstaffel. Nach seinem Karriereende konzentrierte sich der gebürtige Nordrhein-Westfale auf sein Medizinstudium, das er 1983 abschloss. Seit 1992 arbeitet der Facharzt für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin für die Hochwald-Kliniken in Weiskirchen als Chefarzt und seit 1997 zudem als Ärztlicher Direktor. Gleichzeitig macht er auch als Funktionär eine steile Karriere. 1997 rückte Steinbach in das NOK-Präsidium auf und wurde später Präsident. Bei den Spielen 2000 in Sydney, 2004 in Athen sowie 2006 in Turin führte er die deutsche Olympiamannschaft als Chef der Mission.
Weitaus zurückgezogener lebt die nach Armin Hary wohl erfolgreichste ehemalige Saar-Athletin. Mit den Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles und 1988 in Seoul, jeweils mit der deutschen Florett-Mannschaft, ist die ehemalige Weltklasse-Fechterin Christiane Weber in die Geschichtsbücher eingegangen. Wie Steinbach studierte auch sie Medizin und arbeitet heute als Fachärztin für Chirurgie in einem Krankenhaus in Langenfeld. Interessant: Ihr Sohn Lukas Bellmann, 23, ist ein erfolgreicher Degenfechter.
Die erfolgreichsten Olympischen Spiele aus saarländischer Sicht fanden 1992 in Barcelona statt. Andreas Walzer holte Gold mit dem Bahnrad-Vierer, Michael Jakosits schoss auf die laufende Scheibe am besten und Ralf Schumann siegte mit der Schnellfeuerpistole. „Es war eine spannende, aufregende Zeit", sagt der Homburger Jakosits, der inzwischen in Hohenwarthe bei Magdeburg lebt.
1992 ein „Goldenes Jahr"
Gleich viermal Olympia-Bronze gab es in Barcelona noch obendrauf, als die Damen des Deutschland-Achters als Dritte ins Ziel kamen. Mit Ute Wagner, Annegret Strauch, Ina Justh und Christiane Harzendorf trainierten und lebten vier von ihnen im Saarland. Nach ihrer Heirat und mit dem Namen Ute Schell war eine von ihnen dann auch 1994 dabei, als der Deutschland-Achter Weltmeister wurde. 1988 war sie noch als DDR-Athletin bei den Olympischen Spielen in Seoul dabei. Nach der Wende kam sie ins Saarland. „Es hat einfach alles gepasst. Athleten, Verein, Umfeld. Dass wir so unwahrscheinlich herzlich aufgenommen worden sind, hat es schon einfacher gemacht", erinnerte sie sich in einem Interview mit der „Saarbrücker Zeitung". Stets von der saarländischen Herzlichkeit schwärmte auch Jan Frodeno. In Köln geboren und in Südafrika aufgewachsen, kam er der Trainingsbedingungen wegen nach Saarbrücke und prägt die Triathlon-Szene bis heute. 2008 wurde er Olympiasieger in Peking, zahlreiche Titel folgten. Die deutschen Sportjournalisten wählten ihn 2008 bei der renommierten Wahl „Sportler des Jahres" auf den dritten Rang, das schaffte vor ihm kein Saar-Athlet. „Frodo" lebt mittlerweile in der australischen Heimat seiner Frau und sagt rückblickend: „Die Bedingungen im Saarland waren optimal." Gleiches ist auch von Christian Reif zu hören. Der Pfälzer, der an der Saar zeitweise heimisch wurde und mittlerweile in England lebt, 2010 Weitsprung-Europameister und Leichtathlet des Jahres wurde, entschied sich damals trotz zahlreicher Angebote für den OSP in Saarbrücken. „Es ist eine Mischung aus Urlaubs-Club und Uni. Ein Paradies für Sportler", sagte Reif bei seinem Karriereende 2014, weit vor der LSVS-Krise. Der OSP und die Sportschule sind nicht nur für Individual-Sportler, sondern auch Mannschafts-Athleten eine gefragte Adresse. So holte Tischtennis-Spieler Bastian Steger 2012 als damaliger Profi beim 1. FC Saarbrücken die letzte „Saar-Medaille". Sein Nachfolger Patrick Franziska könnte es ihm 2020 gleichtun. Darüber hinaus hat der Paralympische Sport eine lange Tradition im Saarbrücker Stadtwald. Stellvertretend hierfür sind die Leichtathleten Stefan Strobel (Rollstuhl-Marathon) und Claudia Nicoleitzik (Sprint) zu nennen.