US-Präsident Trump fordert politische Gefolgschaft – von Freund und Feind
In der EU wurde es seit Monaten befürchtet – nun scheint es Gewissheit zu werden: Das US-Handelsministerium empfiehlt offenbar die Verhängung von Importzöllen auf europäische Autos. Als Begründung wird die „Bedrohung der nationalen Sicherheit" angegeben. Dieses Argument wird von der amerikanischen Regierung mittlerweile so inflationär angewendet, dass es hohl klingt. Es ist damit zu rechnen, dass Präsident Donald Trump, der einen obsessiven Hang zu Zöllen hat, innerhalb der nächsten 90 Tage die Auto-Keule Richtung Europa schwingt.
Das würde vor allem die deutsche Fahrzeug-Industrie ins Mark treffen. Die Auto-Branche ist die Königssparte der deutschen Export-Wirtschaft. Im vergangenen Jahr wurden 470.000 Neuwagen mit einem Volumen von 18 Milliarden Euro nach Amerika geliefert. Sollte Trump Importzölle in Höhe von 25 Prozent verhängen, befürchten Experten langfristig einen Einbruch um 50 Prozent. Das würde auch Arbeitsplätze kosten.
Wohlgemerkt: Der Chef des Weißen Hauses hat sachlich insofern einen Punkt, als der US-Export von Autos nach Europa dort deutlich stärker besteuert wird als in umgekehrter Richtung. Dafür kassieren die Amerikaner höhere Abgaben auf eingeführte Last- oder Geländewagen. Nur: Unter verbündeten Ländern redet und verhandelt man. Das ist anstrengend. Aber am Ende gibt es einen Kompromiss, bei dem beide Seiten Federn lassen müssen.
Genau das ist das Problem bei Trump. Von Absprachen und verbindlichen Regeln hält er nichts. Er verfährt, wie die Amerikaner sagen, nach dem Motto „My way or the highway". Zu Deutsch: Vogel, friss oder stirb. Trump will politische Gefolgschaft von Freund und Feind, im Ausland wie im Inland. Er zieht seinen Kurs „America First" gnadenlos durch, bis die Gegenseite nachgibt. Es regiert das Prinzip Erpressung.
Trump hängt der Illusion nach, dass er mit maximalem Druck alles erreichen kann. Als Parade-Beispiel nennt er den Atomstreit mit Nordkorea. Nur die harschen Sanktionen gegen den Diktator Kim Jong-un hätten diesen an den Verhandlungstisch gebracht. Dass Pjöngjang bisher nur große Versprechungen gemacht, nach Erkenntnissen der US-Nachrichtendienste aber weiter im Geheimen an seinem Nuklearprogramm arbeitet, verschweigt Trump.
Mit der gleichen Taktik will er die Europäer weichklopfen. Die Drohung mit wirtschaftlichen Strafmaßnahmen soll sie zum Ausstieg aus dem Nuklear-Abkommen mit dem Iran oder zum Stopp des Erdgas-Pipeline-Projekts mit Russland zwingen. In seiner Lust an Provokation und Eskalation scheint der US-Präsident vor nichts zurückzuschrecken. Er fordert die EU jetzt ultimativ auf, Hunderte Gefangene der Terrormiliz „Islamischer Staat" aus Syrien aufzunehmen – andernfalls lasse er die Dschihadisten frei. Derlei obszöne Muskelspiele war man bislang nur von dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gewohnt.
Das gleiche Prinzip wendet Trump in der Innenpolitik an. Der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko ist für ihn der größte Polit-Fetisch, um die eigene Wählerbasis zu elektrisieren. Deshalb legte er es darauf an, der Opposition im Kongress mehr als fünf Milliarden Dollar für die Barriere aus Beton und Stahl abzutrotzen. Dabei nahm er einen 35-tägigen Regierungsstillstand in Kauf. Die Demokraten sprechen von der „weaponization of the government shutdown" – dem Missbrauch des öffentlichen Dienstes als politische Waffe. Da Trump damit nicht durchkam, versucht er es nun durch die Hintertür mit dem „nationalen Notstand".
Pokern, drohen, einschüchtern: Die Europäer müssen angesichts der Druck-Kulisse aus Washington kühlen Kopf bewahren. Mit Blick auf die möglichen Autozölle ist es vor allem wichtig, geschlossen aufzutreten. Falls der Präsident aufs Ganze geht, sollten Gegenmaßnahmen erwogen werden, die auch die Amerikaner treffen. Aus Brüssel kommen bereits die richtigen Signale. „Sollte Trump sein Wort brechen, werden wir uns an unsere Zusage, mehr US-Soja und Flüssiggas zu kaufen, auch nicht mehr gebunden fühlen", kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an. Wenn es hart auf hart kommt, darf auch die Besteuerung von digitalen Dienstleistungen oder Smartphones kein Tabu sein.
Die EU ist zumindest wirtschaftlich eine Macht. Knickt sie ein, wird dies Trump ermuntern, bald den nächsten Hammer herauszuholen.