Seit November 2018 hat Saarbrücken ein neues Spezialitätenrestaurant. In der „Tante Jenny" wird eine norddeutsche Küche serviert. All die guten Dinge, wegen denen Menschen ihren Urlaub an der Nordsee verbringen.
„Tante Jenny" war vom ersten Tag in Saarbrücken eine Erfolgsgeschichte. Doch wer ist eigentlich Tante Jenny? An der Küste Schleswig-Holsteins, genauer gesagt in Husum, nur ein paar Meter von der dänischen Grenze entfernt, betrieben Jenny und ihr Mann Peter Johnson vor etwa 100 Jahren eine Gaststätte. Nach dem Tod ihres Mannes 1915 betrieb Jenny den Laden alleine weiter. Seit dieser Zeit hieß er dann nur noch: „Tante Jenny". Nach ihrem Tod 1961 wurde das Lokal von ihren Kindern weitergeführt bis 1969. Danach ging es in den Besitz der Nachbarn über und war später zweitweise geschlossen. 1997 wurde es dann wiedereröffnet. Das Konzept blieb immer gleich: Hier wird eine norddeutsche Küstenküche gekocht. Nicht mit Ansprüchen auf Haute Cuisine, aber so, wie die Menschen es im Norden mögen. Und wie sie auch selber zu Hause kochen. Seit vergangenem November gibt es jetzt eine Dependance in Saarbrücken.
Geleitet wird „Tante Jenny" von Sergio und Elvira. Die beiden wollen nur mit ihren Vornamen angesprochen werden. „Das ist bei uns im Norden so üblich", sagen sie. Dabei stammt der gelernte Koch ursprünglich aus Montenegro, lebte aber knapp 30 Jahren in Husum und ist Gastronom mit Leib und Seele. Im hohen Norden lernte er seine Frau Elvira kennen und übernahm mit ihr 2006 das dortige „Tante Jenny". Elvira stammt ursprünglich aus dem saarländischen Homburg. So schließt sich der Kreis, und es erklärt sich, warum die beiden eine Dependance ihres Restaurants ausgerechnet in Saarbrücken eröffnet haben. „Durch meine Frau kenne ich Saarländer schon über zwei Jahrzehnte. Sie sind einfach nette Menschen, die gern gut essen und trinken. Sie haben uns hier fantastisch aufgenommen. Die Freundlichkeit der Menschen hier ist nicht gespielt, sie meinen es ehrlich."
Gekocht wird im „Tante Jenny" Omas Küche aus Norddeutschland. Sergios Küchenbrigade hat er aus Husum mitgebracht. Die Seezunge hier ist eine aus der Nordsee. Hier gibt es Husumer Krabben. Keine Büsumer, sagt er, Husumer. Hauptsache aber aus der Nordsee. Die Organisation der Küche, der gesamte Wareneinkauf läuft wie in Husum.
Die Fische stammen alle aus der Nordsee
Sergio hat sich ein Netzwerk aufgebaut von Händlern aus Schleswig-Holstein und aus dem Saarland, die kooperieren. So verhindert er Qualitätsverluste und bekommt seine Nordseefische. Sein Getränkehändler aus der Heimat im Norden beliefert ihn ebenfalls weiter: Getränke Tatzen aus Oster-Ohrstedt. Die gesamte Weinauswahl stammt von ihm sowie die typisch norddeutschen Spezialitäten, etwa Rum oder Husumer Tin Kümmel. Von ihm stammt auch die Cuvée aus der Pfalz namens „Austernfischer". Aber auch Riesling, Weißer Burgunder aus der Pfalz, italienischer Pinot Grigio und Chardonnay. Der Roséwein stammt aus Italien, die Roten stammen aus Deutschland und Italien.
Am 22. November vorigen Jahres eröffneten Sergio und Elvira in der Saarbrücker Saaruferstraße 16. Ohne große Werbung. Die Leute kamen vom ersten Tag an, erzählten es ihren Freunden. Die Saarländer waren einfach neugierig. Mittlerweile gehören auch Franzosen zu den Gästen, die regelmäßig vorbeischauen. Der Laden ist meistens voll und das Luisenviertel eindeutig um eine Attraktion reicher.
Drei Zimmer bietet das Gasthaus: die Lounge, das eigentliche Restaurant und das Kapitänszimmer, das sich auch für Gesellschaften eignet. Hier im Haus wird auch ausgebildet, unter Leitung von Sergio in der Küche und unter Elviras Leitung im Restaurant: Köche und Restaurantfachleute.
Ich bin an einem Mittwochmittag hier, das Haus ist gut besucht. Auch späte Gäste bekommen hier ihr Mittagessen, von Dienstag bis Samstag ist die Küche durchgehend geöffnet. Neben der Rubrik „Für den kleinen Hunger" mit Labskaus, Matjes, Krabbenbrot und eingelegten Bratheringen lese ich „Fleischgerichte", „Nudeln" und „Vegetarisches". Dann stoße ich auf die Fischspezialitäten, wegen denen ich hierher gekommen bin.
Zudem bietet das Haus jede Woche besondere Spezialitäten, die auf einer Schiefertafel aufgelistet sind. Bei meinem Besuch gibt es etwa Schellfisch, der nicht auf der Karte steht. Aber auch Muschelfleisch auf einem Gemüsebett und Jakobsmuscheln. Ich blättere die Fischkarte durch. Da kommt Freude auf: Husumer Kutterscholle, Halligteller, Dorschfilet gebraten oder gedünstet mit Salzkartoffeln und gekörnter Dijonsenfsoße, Fischteller Tante Jenny, Rotbarschfilet mit Salzkartoffeln und gekörnter Dijonsenfsoße. Und noch weitere Fischpositionen, aber auch Fischsuppe gebunden mit Dorsch, Krabben, Lachs oder Husumer Krabbensuppe. Ein Paradies für Freunde des Meeres.
Neben der festen Karte gibt es Wochenangebote
Ich genieße die Fischsuppe, eine Krabbensuppe, und – weil er heute da ist – Schellfisch. Als Dessert nehme ich einen Friesenbecher. Und zum Espresso einen Schimmelreiter Rum. Alles war frisch, handgemacht und hat mir richtig gut geschmeckt. Die gekörnte Senfsoße bekam ich so schon lange nicht mehr. Und auch hier stimmte die Qualität.
Es war garantiert nicht mein letzter Besuch in der „Tante Jenny", denn eine solche Karte sucht man im Saarland ein zweites Mal vergeblich. Auch die Preise sind in Ordnung, kein Gericht der Fischkarte liegt über 20 Euro. Mit Ausnahme der frischen Seezunge aus der Nordsee, diese kostet 35,90 Euro. Doch auch das ist für ein solches Produkt angemessen. Ich freue mich schon auf den nächsten Besuch hier. Saarbrücken ist wirklich um eine kulinarische Attraktion reicher: Willkommen, „Tante Jenny".