Die etablierte Veranstaltungsreihe „Photomission Merchweiler" drohte letztes Jahr eingestellt zu werden. Doch Christian Mütterthies und Daniel Spohn, zwei befreundete Naturfotografen, führen sie nun weiter. Die beiden reisefreudigen Fotogafie-Enthusiasten sind auch selbst als Referenten aktiv.
Seit 25 Jahren ist die Gemeinde Merchweiler ein Begriff in der Fotokunst-Szene. Grund ist die besondere Liebe der langjährigen Kulturbeauftragten Ulrike Sutter zur Fotografie. Neben überregionalen Wettbewerben lockt vor allem die Veranstaltungsreihe Photomission regelmäßig Publikum in den imposanten Kuppelsaal des Wemmetsweiler Rathauses. Dort, wo früher Kinofilme gezeigt wurden, berichten Reise- und Naturfotografen live von ihren Abenteuern. Die Photomission hat den Wandel von der klassisch-analogen Diaschau zur volldigitalen Multivision problemlos überstanden. Doch mit der Pensionierung von Ulrike Sutter drohte die Veranstaltungsreihe Ende 2018 zu sterben. Die saarländischen Fotografen Daniel Spohn und Christian Mütterthies wollten dies aber nicht zulassen. Kurzerhand erklärten sie sich bereit, die Reihe fortzuführen. Beide tragen auch selbst mit eigenen Multivisionsshows zum Programm bei. Während der Zimmermeister und Kaufmann Mütterthies die Fotografie nebenberuflich betreibt, macht sich Spohn gerade mit seiner Firma „Natur im Fokus" selbstständig. Beide organisieren Fotoreisen und -kurse. Aktuell leiten sie eine Fototour im norwegischen Tromsø, wo sie auf möglichst spektakuläre Polarlichter hoffen.
Christian und Daniel, wie und wann habt Ihr Ulrike Sutter, die Urheberin der Photomission, kennengelernt?
Mütterthies: Wir haben uns in der saarländischen Fotoszene kennengelernt. Für eine kurze Zeit waren wir auch beide Mitglieder im gleichen Fotoclub. Schon immer war ich Gast bei den Veranstaltungen der Photomission in Wemmetsweiler.
Spohn: Vom Sehen kannte ich Ulli schon länger durch den Besuch ihrer Photomission-Veranstaltungen. Persönlich kennengelernt habe ich sie dann über Christian. Kurz darauf realisierte sie mit uns als Newcomer ein Multivisionsfestival exklusiv mit saarländischen Fotografen. Ab dann intensivierte sich die Zusammenarbeit.
Welche Veranstaltungen waren für Euch besonders beeindruckend und warum?
Mütterthies: Hier erinnere ich mich sehr gerne an ein Wochenende, das die Photomission für Newcomer der Multivisions-Szene aus dem Saarland veranstaltet hat. Hier durfte ich meine Madagaskar-Schau zeigen.
Spohn: Ein Highlight ist es natürlich immer, wenn Wüstenfotograf Michael Martin bei der Photomission zu Gast ist, aber ebenfalls sehr beeindruckend für mich waren der National-Geographic-Fotograf und Afrika-Experte Beppo Niedermeier mit seiner Namibia-Show und die oscarnominierte Filmemacherin Byambasuren Davaa mit ihrer Live-Multivision „Meine Mongolei". Sie alle schaffen es, einen tiefen und teils emotionalen Einblick in „ihre" Länder zu geben und den Zuschauer an ihren Erlebnissen teilhaben zu lassen. Michael Martin etwa berichtet eindrücklich von Expeditionen, von denen man nur träumen kann. Byambaa erzählt, in eine fesselnde Dramaturgie verpackt, von den unterschiedlichsten Facetten ihres Landes und nimmt einen förmlich für zwei Stunden mit in die Mongolei. Und Beppo Niedermeier versteht es wie kaum ein anderer, faszinierende Momente mit seinen Fotos einzufangen und sowohl ästhetisch, als auch emotional auf höchstem Niveau den Zuschauer zu unterhalten.
Mütterthies/Spohn: Außerdem wären da noch der weltbekannte Natur- und Tierfotograf Norbert Rosing, aber auch die Österreicher Petra und Gerhard Zwerger-Schoner, die fantastische und hochprofessionelle Fotografen, Filmer und Referenten sind. Neben diesen „alten Hasen" der Szene gibt es aber auch einige vielversprechende Newcomer wie die Indienreisende Christina Franzisket oder den Motorradnomaden Martin Leonhardt.
Leonhardt wird dieses Jahr seine Südamerika-Reportage zeigen. Warum kommen diese Fotografen einschließlich echter Berühmtheiten so gerne nach Merchweiler?
Mütterthies/Spohn: Ulli hat hier eine weit über die Grenzen des Saarlandes bekannte Institution der Multivision und der Fotografie geschaffen. Auch wird die Offenheit und Freundlichkeit des Publikums und der Saarländer immer wieder gerne von den Referenten angeführt. Und natürlich zählt der Kuppelsaal in Wemmetsweiler zu den schönsten Veranstaltungslocations, die wir im Saarland haben.
Wie wirken solche hochkarätigen Vorträge auf Euch selbst?
Mütterthies: Jede dieser Shows hat eine ganz besondere Wirkung auf mich. Es gibt welche, die fotografisch unfassbar gut und inspirierend sind. Andere reißen durch die Geschichte der Referenten und deren persönliche Art des Vortragens mit. Meist möchte ich nach den Vorträgen direkt ins Reisebüro laufen.
Spohn: Inspirierend sind diese Shows auf jeden Fall, gerade wenn man selbst solche Projekte vor sich hat. Durch die sehr persönliche Herangehensweise der Referenten lernt man andere Sichtweisen kennen, die auch für neue Vorhaben motivieren. Jeder Referent und jede Show ist anders, und man geht jedesmal raus und hat definitiv etwas gelernt. Und genau das ist für mich die besondere Stärke des Mediums Multivision, Live-Reportage oder wie man auch immer diese Art von Vortrag nennen will: Es passiert live, man hat den Referenten/Fotografen/Abenteurer zum Anfassen vor sich und kann sich nach der Show mit ihm austauschen. Und die auf der Bühne stattfindende Symbiose von Live-Kommentar, Musik und Bildern auf einer Großleinwand, wie man sie sonst nur vom Kino kennt, macht das ganze zu einem echten Erlebnis und ist so viel mehr als nur ein „Vortrag". Man muss das einfach mal live erlebt haben.
Die Kulturbeauftragte hört auf. Ihre Stelle wird nicht mehr besetzt. Wie seid Ihr beide darauf gekommen, die Veranstaltungsreihe zu übernehmen?
Mütterthies: Dies ist ein Ergebnis der intensiven Gespräche mit Ulrike Sutter. Irgendwann war klar, dass es für die Gemeinde nicht mehr möglich sein wird, die Photomission nach ihrem Ruhestand so weiter zu veranstalten. Ich möchte auch betonen, dass die Gemeinde noch immer sehr viel an der Organisation mitwirkt. Wir kooperieren an dieser Stelle sehr gut miteinander.
Spohn: Da der Kontakt zu uns spätestens nach dem Festival mit saarländischen Fotografen 2016 intensiv bestand, schlug Ulrike Sutter uns diese Idee vor und bereitete alles für die Kooperation mit der Gemeinde Merchweiler auch über ihren Ruhestand hinaus vor. Da wir selbst Fotografen, Reisende, Referenten und auch langjährige Besucher der Photomission sind, konnten wir gar nicht anders als zusagen und freuen uns natürlich sehr auf diese Zusammenarbeit mit der Gemeinde Merchweiler. Und dass Ulli uns nach wie vor beratend zur Seite steht und die Zukunft der Photomission mitgestaltet, mit all ihrer Erfahrung und ihren Kontakten in dieser Szene, ist einfach unbezahlbar.
Ihr seid keine hauptamtlichen Gemeindemitarbeiter. Wird es Veränderungen geben?
Mütterthies: Der Grundsatz der Photomission wird sicher im Groben bestehen bleiben. Die Veranstaltungen müssen auf höchstem Niveau gehalten werden. Auch sollen Workshops mit in das Angebot aufgenommen werden. Wir wollen versuchen, die jüngere Generation anzusprechen. Eine gute Live-Multivision kann vom Unterhaltungswert sicher mit vielen Kinofilmen mithalten, das müssen die Menschen erst einmal erleben. Es sind alles andere als Dia-Abende mit Onkel Erwin, was hier gezeigt wird. Auch brauchen wir sicher noch einige Sponsoren, die uns unterstützen, um dieses Kulturangebot am Laufen zu halten.
Spohn: Für die Besucher der Photomission – Live-Multivisionsveranstaltungen wird sich nicht wirklich etwas ändern. Wir setzen weiterhin auf qualitativ hochwertige und handverlesene Shows. Perspektivisch ist es sicher notwendig, auch die jüngere Generation mit dem Medium Live-Reportage/Live-Multivision in Kontakt zu bringen. Ich kenne wirklich niemanden, der nachdem er zum ersten Mal eine professionelle Live-Multivision besucht hat, nicht völlig begeistert war von dem was einem hier geboten wird. Eine gewisse Affinität zum Reisen, Interesse an fremden Ländern, Kulturen und Natur ist natürlich von Vorteil, aber letzten Endes sind es zwei Stunden kurzweilige und spannende Unterhaltung mit Bildern, Musik und Live-Kommentar aus allen möglichen Regionen unserer Erde.
Wie sucht Ihr die Fotografen aus, die eingeladen werden?
Mütterthies: Hier gibt es verschiedene Ansätze. Ein Credo von Ulli Sutter war es immer, nur Fotografen auf die Bühne zu lassen, deren Vorträge sie selbst gesehen und für gut befunden hat.
Spohn: Vielversprechende Kandidaten gibt es viele, aber eine Qualitätskontrolle und eine Beurteilung, ob es den qualitativen Ansprüchen unseres Publikums gerecht wird, werden wir weiterhin im Vorfeld selbst durchführen. Prinzipiell ist es wie beim Fußball. Man kann sich Regionalliga, Bundesliga oder Champions-League-Spiele ansehen, was auch eine gewisse Erwartungshaltung beim Zuschauer generiert. Unser Anspruch ist ganz klar, die besten deutschsprachigen Referenten ins Saarland zu holen.
Wird es weiterhin Wettbewerbe geben?
Mütterthies: Ein schwieriges Thema. 2019 denke ich nicht, dass wir einen Wettbewerb veranstalten werden, da dies extrem zeitaufwendig ist, gerade bei einem so hohen Niveau wie es die Photomission in den letzten Jahren gezeigt hat.
Spohn: Wir würden sehr gerne auch die weltweit hoch angesehenen Fotowettbewerbe als Bestandteil der Photomission weiterführen, allerdings werden uns hierfür, zumindest für 2019, die nötigen finanziellen Mittel und die nötigen personellen Ressourcen fehlen. Wir sind aber bemüht, für die Zukunft eine Lösung zu finden. Engagierte Sponsoren würden auch hier natürlich sehr helfen.