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WAS MACHT EIGENTLICH...

Martin Lauer hatte eine große Sportler-Karriere vor sich. Eine Blutvergiftung setzte dem ein Ende.
Foto: imago / Horstmüller

… Martin Lauer?

Als Hürdenläufer und Zehnkämpfer war er einer der vielseitigsten deutschen Leichtathleten seiner Zeit. Und war als Countrymusiker und Journalist erfolgreich. Der heute 82-Jährige wurde 2017 mit der Goldenen Bürgermedaille geehrt.

Vor fast genau 60 Jahren gelang Martin Lauer eine leichtathletische Sensation: Innerhalb von nur 45 Minuten sprintete der Kölner im Züricher Letzigrund-Stadion in zwei Läufen zu drei Weltrekorden: Zuerst stellte er mit 13,2 Sekunden die Hürden-Weltbestleistungen über 110 Meter und 120 Yard (109,73 Meter) und danach auch noch über 200 Meter auf. Als erster Deutscher wurde er daraufhin zum „Welt-Leichtathlet des Jahres" gekürt. „1959 war ein Wahnsinnsjahr für mich und der 7. Juli ein Wahnsinnstag", erinnert sich Lauer in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung". „Wenn man den Aufwand im heutigen Spitzensport sieht, ist es kaum vorstellbar, dass meine Leistungen damals mit nur zweimal Training pro Woche zustande kamen." Sein damaliger 110-Meter-Hürden-Weltrekord hatte 14 Jahre Bestand und wurde erst 1973 geknackt. „Mir war klar, dass mein Weltrekord keinen Bestand mehr hat, wenn die Kunststoffbahnen kommen und alles, was obendrein noch leistungsfördernd ist. Ich habe mich nur gewundert, dass es so lange gedauert hat", sagte Lauer in einem Interview der „Deutschen Welle".

Martin Lauer wurde 2017 mit der Goldenen Bürgermedaille ausgezeichnet.
Martin Lauer wurde 2017 mit der Goldenen Bürgermedaille ausgezeichnet. - Foto: picture alliance / Sven Simon

Dabei hätte es fast so ausgesehen, als könnte er die jetzt bevorstehende 60. Wiederkehr des Dreifach-Rekordtages gar nicht miterleben: Nach dem Olympiasieg 1960, den er trotz einer Knochenhautentzündung im Fußgelenk erreicht hatte, musste er sich in ärztliche Behandlung begeben. Durch eine verunreinigte Spritze bekam er 1961 eine lebensbedrohliche Blutvergiftung, die fast zur Amputation seines Beines geführt hat. Der einjährige Krankenhausaufenthalt bedeutete das Ende seiner Sportlerkarriere. „Ich hatte noch Großes vor, aber mein bitterböses Schicksal hat mir ein Stoppzeichen gesetzt", schildert Lauer der „SZ" seine Erinnerung an dieses schwere Jahr. Oft werde er gefragt, wie er das alles verkraftet habe. „Es gab gar keine andere Möglichkeit. Man kann sich doch mit 23 nicht aufgeben."

Er verlor fast sein Bein

Nach jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Krankenhaus wurden Lauer dann 45.000 Mark Schadensersatz zugesprochen, die noch nicht einmal für die Behandlungs- und Verfahrenskosten reichten. Aus Geldnot wandte sich der sportliche Gelegenheits-Musiker noch im Krankenhaus dem Schreiben und Singen eigener Songs zu und unterschrieb einen Plattenvertrag. Zwischen 1962 und 1966 schaffte er den Durchbruch mit neun deutschen Westernsongs wie „Sacramento", „Die letzte Rose der Prärie", „Wenn ich ein Cowboy wär", „Sein bestes Pferd" und „Taxi nach Texas".

Insgesamt verkaufte Lauer bis 1969 über sechs Millionen Schallplatten und war neben Stars wie Udo Jürgens und Peter Alexander gern gesehener Gast in beliebten Fernsehsendungen. Als erster deutsche Sportler, der seine Erfolge auf anderem Gebiet vermarktet hat, wurde er zum Vorbild vieler anderer Kollegen. Neben der Musik hatte Lauer noch einen zweiten Nebenerwerb: Schon im Krankenhaus hatte er begonnen, sportjournalistische Texte für verschiedene Medien zu schreiben und wurde in namhaften Zeitungen und Magazinen gedruckt. Als Journalist war er 1964 auch bei den Olympischen Spielen in Tokio dabei, um seinen Freund Willi Holdorf auf dem Weg zur Zehnkampf-Goldmedaille zu begleiten.

Mit den Einnahmen aus seinem Plattenvertrag und mit dem Honorar von Texten konnte Lauer die finanziellen Lasten seines Rechtsstreites und sein Ingenieur-Studium im Maschinenbau finanzieren. Auch als Ingenieur hatte er dann große Erfolge. Er arbeitete als Spezialist für die Natriumkühlung von Kernreaktoren, war an der Entwicklung des ersten Micro-Computers beteiligt und bei den Olympischen Spielen von München 1974 für die Einführung der elektronischen Zeitmessung verantwortlich. Später war er Geschäftsführer einer Beteiligungsgesellschaft und Unternehmensberater, bevor er von 1976 bis zu seiner Pensionierung 1988 Prokurist beim Nürnberger Unternehmen Triumph-Adler war, unterbrochen nur von einem dreijährigen Engagement (1983–1986) als Projektleiter für Computer und Bürotechnik beim Versandhaus-Konzern Quelle.

Aufnahme in die Hall of Fame

Ehrenamtlich baute Hobbysegler Lauer ab 1977 in seinem Heimatort Lauf an der Pegnitz die „Leichtathletikgemeinschaft Lauf-Pegnitzgrund" mit auf. Bis 2011 stand er als Vorsitzender an deren Spitze und widmete seine Arbeit vor allem dem Nachwuchs, bevor er das Amt nach 34 Jahren in jüngere Hände übergab. Für seine Verdienste im kommunalen Jugend- und Breitensport erhielt er Ende 2017 die Goldene Bürgermedaille der Stadt Lauf, in der er sich auch einige Jahre als Stadtratsmitglied politisch engagiert hatte. Lauer, der seit 1993 Träger des nordrhein-westfälischen Verdienstordens und seit 2008 auch des Bayerischen Sportpreises ist, wurde 2011 in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen. Die aktuelle Leichtathletik verfolgt der auch in seiner aktiven Zeit nicht immer ganz bequeme Lauer mit „kritischer Distanz".

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