Unser Körper reagiert sensibel auf jahreszeitliche Veränderungen
Ein langer Winter liegt hinter uns, der zwar nicht so kalt war wie ganz früher, aber doch wieder dunkel, nass und ungemütlich. Da uns nichts an die frische Luft lockte, hatten wir ausreichend Zeit, uns in der Glotze das politische Gezeter um das Führungspersonal unserer Parteien, um den Brexit oder weltweite Handelskriege anzuschauen. Da erschien das Wetter nur noch halb so schlimm! Im Januar wussten wir gar nicht, was wir uns sehnlicher wünschen: eine vernünftigere Politik oder doch lieber zuerst einen schönen Frühling.
Im Februar setzten wir der Einfachheit halber dann unsere ganze Hoffnung auf den Frühling. Ihm kann man zumindest kalendarisch eine gewisse Zuverlässigkeit nicht absprechen. Seit Ende März könne wir nun die länger werdenden Tage genießen, und es wird uns manchmal auch trotz der politischen Irrungen und Wirrungen schon richtig warm ums Herz. Endlich scheint die dunkle Jahreszeit vorbei zu sein, in der auch mit bestem Willen kaum politische Lichtblicke auszumachen waren. Im Frühling geht es nach langer Durststrecke vielleicht zumindest mit uns Bürgern mal wieder aufwärts.
Als im vergangenen November die Tage immer kürzer und die Temperaturen immer niedriger wurden, hat jeder normale Mensch gemerkt, dass sich solche jahreszeitlichen Veränderungen auch auf unser körperliches Befinden auswirken. Allmählich ging unser innerer Antrieb zurück, schlich sich bleierne Müdigkeit in jedes unserer Glieder, fiel es uns immer schwerer, dem schlappen Körper im Freien den lebensnotwendigen Auslauf zu verschaffen.
Stimmung und Bewegungsdrang sanken mit den Temperaturen auf ein Minimum, und wir wären mit unserer Winterdepression am liebsten morgens im Bett geblieben – zur Not auch ganz allein. In diesen Monaten fragen wir uns jedes Jahr, ob der Mensch nicht doch besser Winterschlaf halten würde.
Aber seit dem 21. März ist diese tieftraurige Zeit endlich vorbei. Die Tage werden immer länger, die Sonne geht früher auf, das Thermometer zeigt nach oben. Das Grün in den Gärten beginnt zu sprießen, sodass es fast kein Halten mehr zu geben scheint. Welch’ eine Kraft hat da im Winter in den Pflanzen geschlummert. Auch die Vögel kommen jetzt zurück und pfeifen schon frühmorgens aus voller Kehle auf die zurückliegende kalte Jahreszeit. Spätestens angesichts dieses munteren Treibens der Natur merken dann auch wir mit jeder Faser unseres Körpers: Es ist wieder so weit. Jetzt beginnt die Zeit unserer Frühjahrsmüdigkeit!
Kaum haben wir diese diagnostiziert, erhalten wir auch schon Hilfe von medizinischer Seite. Und zwar werden – sparbewusst wie unsere Ärzte nun mal sind – keine teuren Medikamente angepriesen. Stattdessen empfiehlt ein selbstloser Doktor in einer Ärztezeitung als Mittel gegen die Frühjahrsmüdigkeit den verstärkten Genuss von vitaminreichen Früchten und viel Bewegung. Dies erspare neben den Medikamentenkosten auch das einschläfernde Lesen der Packungsbeilage und den ermüdenden Besuch beim Apotheker. Die langen Wartezeiten beim Arztbesuch hat der Mediziner leider zu erwähnen vergessen.
Da wir aber nicht hoffen, dass besagter Arzt Verwandtschaft im Obst- und Gemüsehandel oder in der Fitness-Branche hat, vertrauen wir darauf, dass er ausschließlich unser Wohl im Auge hat. Also befolgen wir artig und umgehend seine ärztliche Weisung. Zur Bekämpfung der Frühjahrsmüdigkeit verzehren wir seit Tagen möglichst viele Zitrusfrüchte und unternehmen Waldläufe oder Fahrradtouren, damit unsere schlappen Glieder mitsamt dem schlappen Rest wieder auf Vordermann kommen.
Und siehe da: Es funktioniert hervorragend! Weder beim verschärften Obstessen noch beim Jogging und Fahrradfahren sind wir bisher auch nur ein einziges Mal frühjahrsmüde eingeschlafen. Und fühlen uns richtig gesund!
Und wir sind uns sicher: Wenn wir in ein paar Wochen unsere unappetitliche Zitrusfrucht-Allergie und zudem unseren doch recht schmerzhaften Muskelbündelriss auskuriert haben, dürfte unsere diesjährige Frühjahrsmüdigkeit ganz sicher endgültig überwunden sein!