18 Jahre spielte sie am Berliner Ensemble in Brecht-Stücken wie „Mutter Courage", drehte mit Hollywoodstar Johnny Depp in „Charlie und die Schokoladenfabrik" sowie fürs Kino und fürs DDR-Fernsehen. Franziska Troegner zählt bis heute zu den wandlungsfähigsten Schauspielerinnen des Landes.
Franziska Troegner ist vielen vor allem durch den Vierteiler „Johann Sebastian Bach" in Erinnerung. Allein diese Produktion wurde in 80 Ländern ausgestrahlt. Nach der Wende wurde sie in Serien wie „Der Landarzt", vor allem aber durch Sketche mit Dieter Hallervorden in der Sendung „Spott-Light" einem breiten Publikum bekannt. Manch einer, der sie vorher nicht kannte, unterschätzte die Berlinerin, wenn sie mit „Didi" Hallervorden komische Nummern gab. Sogar mit Johnny Depp spielte sie schon: 2005 in „Charlie und die Schokoladenfabrik" verkörperte sie Frau Glupsch. Über eine Casting-Agentur, die auch mit Tim Burton arbeitet, kam sie an die Rolle.
Alles kommt bei Franziska Troegner locker und leicht daher – dabei hat ihr Erfolg vor allem mit Fleiß und Disziplin zu tun. Dass die große „Charakterkomikerin", wie sie Regisseur Franz Peter Wirth einmal nannte, genau das beherzigt, merkt man im Gespräch sofort. Eine Frohnatur ist die 64-Jährige aber trotzdem. In ihrem neuen Buch „Permanent trendresistent" beschreibt sie Szenen ihrer aufregenden Karriere. Unglaubliche Begebenheiten und kuriose Storys am Set schildert Troegner humorvoll und bissig. Zur Seite stand ihr Co-Autor Andreas Püschel. So mimte Troegner in Luckenwalde mal eine Currywurst-Verkäuferin so gut, dass sich kurz vorm Dreh mehrere Passanten am Grillstand einfanden: „‚Na, Mädel, nun komm ma in die Hufe, ick kriege ne Curry mit Schranke! Rot-weis, vastehste, also Ketschup und Majo.‘" „Junger Mann", sagte ich, „ich kann weder ne Curry, noch ne Schranke rausgeben…" Weiter kam ich nicht. „Wieso denn, die Würste sind doch fertig." Ich versuchte ihm klarzumachen, dass diese Würste nicht für den Bevölkerungs-, sondern für den Kunstgenuss gedacht seien, und stieß auf Unverständnis", heißt es im Buch. In einer anderen Passage schildert Franziska Troegner, wie sie trotz ihrer Höhenangst eine Kranführerin spielte. „Das war für mich eine Überwindung. Am Ende fiel die Szene dem Schnitt zum Opfer." Eine Berliner Talkrunde zum Thema Ernährung vergisst sie wohl nie: Der RBB habe sie mal neben einem „stadtbekannten greisen Playboy" platziert, dessen erster Satz gewesen sei: „Dicke Frauen sind für mich das Allerletzte." Der ältere Herr sei mit zwei 60 Jahre jüngeren „Barbiepuppen als Begleitstützhilfe" erschienen, so die passionierte Köchin, die seitdem Gesprächsrunden zum Thema Ernährung meidet.
„Für’n Film biste zu dick und nicht hübsch genug"
Zu Hause ist Franziska Troegner in Köpenick, in Grünau, um genau zu sein. Schon 1902 kam ihre Familie hierher. „Da gehörte Köpenick noch gar nicht zu Berlin. Ich bin von Kindesbeinen an hier, ging in Köpenick in die Kita und zur Schule. Später war das Funkhaus in der Nalepastraße nicht weit entfernt", blickt Troegner zurück, die es auch auf rund 500 Hörspiele bringt. In den ersten vier Lebensjahren war sie aber auch viel im Brandenburgischen. „Ich wuchs zeitweise bei meiner Oma in Brieske bei Senftenberg auf. Noch heute fahre ich in die Lausitz, um zu sehen, was aus der Gegend geworden ist." Die Komödiantin bereist die Mark aber auch dienstlich, wenn sie etwa aus ihren Büchern liest oder in diversen Kabarettprogrammen zu sehen ist. Als Köpenicker habe man ohnehin einen Bezug zu Brandenburg, weil es „gleich um die Ecke" liege. „Viele Kollegen und Freunde leben dort", sagt die gebürtige Berlinerin. Zu so einer Freundschaft zählt sie etwa die frühere Eiskunstläuferin Christine Stüber Errath, die in Wildau wohnt. „Wir kennen uns seit der Jugendzeit, als ich noch im Jugendkabarett ‚Reizzwecken‘ auftrat und Christine zuschaute." Errath über Troegner: „Ich mag ihre Gradlinigkeit und dass sie sich niemals verbiegen lässt." Auch künstlerisch verbunden fühlt sich Troegner mit Schauspieler Jaecki Schwarz, mit dem sie Kurzkrimis des britischen Autors Roald Dahl liest. „Ich kenne Jaecki gefühlte tausend Jahre vom Theater", so die frühere „Diestel"-Kabarettistin.
Nach Auftritten geht’s gleich zurück ins heimische Köpenick. Franziska Troegner wacht lieber im eigenen Bett auf als im Hotel am Veranstaltungsort. „Wenn ich morgens oder vormittags erst Richtung Heimat starte, ist der halbe Tag schon vorbei, wenn ich ankomme." Früher sei sie Langschläferin gewesen, heute nicht mehr so sehr, erklärt sie etwas unvermittelt. Da trifft es sich gut, wenn Veranstaltungen in Berlin stattfinden, etwa im Theater Adlershof, nur einen Steinwurf von ihrem Wohndomizil entfernt.
Dort, wo vor Jahrzehnten mal die Ost-Fernsehnachrichten „Aktuelle Kamera" produziert wurden, gibt es heute einen bunten Kulturmix, vor allem aber Theater. Franziska Troegner ist ein Teil davon, unter anderem mit ihrer Reihe, in der sie mit Prominenten plaudert. „Kürzlich hatte ich Herbert Köfer hier. Laut Guinness-Buch der Rekorde ist er der älteste noch aktive Schauspieler weltweit", zeigt sich die Gastgeberin beeindruckt.
In anderen Kunstbereichen zu arbeiten, habe ihr nie Schwierigkeiten bereitet, betont Franziska Troegner. „Ganz im Gegenteil, ich liebe die Abwechslung und hatte nie Berührungsängste zu anderen Genres." So war sie als große Theaterschauspielerin schon vor der Wende auch in einem Schwank zu sehen. Der Titel ihrer 2009 erschienen Autobiografie „Fürs Schubfach zu dick" bringt es ganz gut auf den Punkt. Mit der Trennung von Unterhaltungs- und ernster Kunst könne sie ohnehin nicht viel anfangen. Vielleicht hatten auch die Eltern, die aus unterschiedlichen künstlerischen Bereichen kamen, eine Aktie daran – die Mutter war Operettensängerin, der Vater Schauspieler und Kabarettist.
Beide warnten Klein-Franziska vorm Künstlerberuf: „Für‘n Film biste zu dick und nicht hübsch genug. Und am Theater gibt’s für Frauen zu wenig Rollen", zitiert Troegner Mutter und Vater. Bloß gut, dass sie auf keinen der beiden hörte. Dann wäre die deutsche Film- und Theaterlandschaft um einiges ärmer.