Andrea Lauer, Geschäftsführerin der familiengeführten alteingesessenen Saarfilm Theaterbetriebe GmbH, hat die Kulturszene im Saarland mit einer pfiffigen Idee bereichert: Die 54-Jährige funktioniert die Säle des Passage-Kinos in Saarbrücken zu Theater- und Musikbühnen um.
Frau Lauer, Musik und Theater im Kino, wie kamen Sie darauf?
Diese Idee beschäftigte mich schon seit zwei, drei Jahren. Ich betreibe ja das UT-Kino und das Passage-Kino. Im Passage-Kino haben wir aufgerammte Bühnen, und die Kinostühle sind wie bei einem Amphitheater aufgebaut. Da dachte ich mir, dass sich diese beiden Säle im Passage-Kino sehr gut für Live-Veranstaltungen anbieten würden. Wie gesagt war diese Idee immer in mir drin und dann kam letztes Jahr die Nachricht, dass die Kleinkunstbühne im ‚Leidinger‘ geschlossen wird. Das war dann so wie eine Initialzündung.
Sind Sie sehr kulturaffin?
Ja, denn Kino und Kultur liegen natürlich eng beieinander. Die Firma heißt ja Saarfilm Theaterbetriebe GmbH. Und da habe ich schon immer gedacht: Theaterbetriebe, wir könnten doch eigentlich Theater spielen. (lacht) Aber wie es so oft ist, setzt man so eine Idee dann doch erst mal nicht um. Dann kam wie gesagt die Schließung bei ‚Leidinger‘. Und dann ging alles ganz schnell.
Wie sind Sie gestartet?
Es fing damit an, dass eine Freundin auf mich zukam, die mir sagte, dass sie eine der Darstellerinnen aus dem Homburger Frauenkabarett kennt, dass die Gruppe eine Location in Saarbrücken sucht. Da habe ich gedacht: Moment! Das könnte ich doch jetzt einfach mal angehen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Das Homburger Frauenkabarett hat sich dann gleich mit drei Terminen eingebucht. Bei der ersten Vorstellung war der Saal so halbvoll und dann waren wir plötzlich komplett ausverkauft. Dann kamen alle möglichen Künstler, der Kalender ist jetzt ganz voll. Außer in den Sommermonaten, da wollen die Künstler lieber auf Festen im Freien spielen.
In welcher Frequenz finden jetzt hier Veranstaltungen statt?
Im Moment haben wir keinen Rhythmus, keinen festen Plan. Es ist mal ein Donnerstag, mal ein Freitag, mal ein Samstag und sonntags Matinee, das probieren wir auch.
Und parallel dazu läuft auch noch der Kinobetrieb?
Wir haben das Glück, dass wir noch das UT-Kino haben, mit vier Sälen. Wenn wir dann zum Beispiel hier im PassageKino im großen Saal eine Veranstaltung haben, dann müssen wir schauen, dass wir den Film an dem Abend in einem anderen Saal im UT-Kino unterbringen.
Und läuft im Passage-Kino parallel zu den Live-Veranstaltungen auch noch ein Film?
Ja, das funktioniert einwandfrei. Wir legen das natürlich zeitlich ein bisschen auseinander. Die Säle sind ja auch so konzipiert, dass man nichts im anderen Saal hört. Nur ein einziges Mal mussten wir leiser drehen. Wir hatten Kabarett und im anderen Saal lief der Film „Bohemian Rhapsody". Und den muss man ja laut spielen. Da bin ich dann schnell raus und hab gesagt: ‚Leiser, leiser‘. (lacht)
Wie viele Zuschauer passen in die Säle?
In den großen Saal 260, in den kleinen Saal 126. Wir nehmen dann den Saal, den die Künstler sich wünschen. Manche wollen lieber zuerst mal im kleinen Saal auftreten und wenn es läuft, dann beim nächsten Mal im Großen.
In welche Richtung geht das Programm?
Im Moment ist alles möglich und auch dabei: Theater, Kabarett, Bands aller Richtungen – ich schränke da nichts ein. Es kommen auch Künstler überregional, zum Beispiel aus Berlin. Ich bin bis Dezember voll gebucht. Im Moment muss ich aufpassen, dass es nicht zu viel wird, ich habe ja auch noch das Kinogeschäft. Ich bin jetzt schon dran, für nächstes Jahr Termine zu buchen. In der Szene spricht es sich schnell herum.
Mussten Sie noch viel investieren?
Wir mussten natürlich auch unsere Technik aufrüsten. Wir hatten natürlich auch anfangs technische Probleme, zum Beispiel mit Tonkopplung, da mussten wir dran arbeiten. Wir haben kräftig investiert, zum Beispiel ein großes digitales Mischpult gekauft, Mikrofone, Boxen, Headsets und so weiter. Wir bekommen jetzt im großen Saal noch ein richtig professionelles Bühnenlicht, denn das Kinolicht ist nicht so hell. Im Moment stellen wir Strahler auf.
Wie reagieren die Zuschauer?
Wir machen ja immer eine Pause, dann kommen die Zuschauer ins Foyer, trinken ihr Weinchen, und dann hören wir uns um. (lacht) Ohne arrogant zu klingen: Die sagen alle: „Wow, was für eine Location, mal was ganz anderes." Die Leute sind happy. Ich habe auch zuerst gedacht, hoffentlich tun die sich nicht schwer. Auch wegen der vielen Treppen, gerade für das ältere Publikum. Doch bis jetzt habe ich nur gute Resonanz.
Sie strahlen richtig. Da fließt anscheinend viel Herzblut rein …
Ja, das ist so. (lacht) Mein Herz schlägt nach wie vor fürs Kino, aber das Theater ist jetzt mein zweites Kind. Mir geht es primär überhaupt nicht ums Geld. Ein Veranstalter verdient dadurch nicht großartig. Das hab’ ich gelernt. Die Investitionen sind sehr groß und je nachdem, wie die Verträge ausgelegt sind, ist es ein nettes Zubrot.
Also eine ideologische Geschichte?
Im Moment auf jeden Fall. Ich bin ja ganz neu da drin. Am Anfang hab ich gedacht: „Ach, prima, es gibt die Eintrittsgelder, jeder bekommt seinen Teil und fertig ist." Ist nicht. Ich muss zum Beispiel auch die Gema und die Künstlersozialabgaben übernehmen. Wenn man alles hochrechnet, was dann übrig bleibt, dann muss ich sagen, das muss man gern machen.
Wie sind Ihre weiteren Pläne?
Ganz klar ist, dass ich dieses Jahr alles Mögliche an Künstlern reinhole. Dann schau ich mal, was besser läuft und was weniger ankommt. Und wo der Kinosaal am besten angenommen wird. Dann werde ich schon mal aussortieren, was wirklich passt. Kabarett und Musik soll aber bleiben. Das möchte ich schon haben.
Bei der Musik muss ich schauen, was am besten ankommt. Ich habe noch viele Fragezeichen vor mir. Da ich das 2021 und 2022 weitermachen will, werde ich Anfang nächsten Jahres meine Listen durchgehen. Wie etwas läuft, merke ich auch an den Künstlern, wenn die happy sind und sich noch mal einbuchen möchten.
Sollen die Veranstaltungen auf einen festen Tag etabliert werden?
Das muss ich sehen. Ich könnte mir vorstellen, dass es gut passt, wenn die Menschen irgendwann wissen, dass zum Beispiel immer am ersten und zweiten Wochenende im Monat im Passage-Kino eine Kulturveranstaltung stattfindet. Das hat jetzt dieses Jahr nicht reingepasst, weil so viele gekommen sind. Es ist dieses Jahr noch kein Schema drin. Aber ab nächstem Jahr hab’ ich das vor.