Mit 49 Jahren ist der Saarbrücker Patrick Hoffmann an der Spitze seiner Leistungsfähigkeit angekommen. Als Jet-Ski-Rennfahrer lässt er weltweit die deutlich jüngere Konkurrenz hinter sich. Nach einem fast tödlichen Unfall und acht Jahren Pause sagt er: „Ich will Weltmeister werden."
Man stelle sich einmal vor: Man nimmt an der Deutschen Jet-Ski-Meisterschaft teil und wird bei Tempo 120 von einem Konkurrenten absichtlich „abgeschossen". Der Körper prallt gegen eine Stahlwand, sechs Rippen brechen, Blut gelangt in die Lunge, die in der Folge trotz Behandlung einige Male kollabiert. Nach sechs Wochen verlässt man gegen den Rat der Ärzte das Krankenhaus und steigt sofort wieder auf das nächste Wassermotorrad. So geschehen im Jahr 2007. Der Name dieses offenbar Sportverrückten: Patrick Hoffmann. „Das ist lange vorbei", wiegelt er ab. Der heute 49-jährige Saarländer rang nach dem schweren Unfall zwischenzeitlich mit dem Tod. Der Fall landete vor Gericht. Nach acht Jahren Pause setzt sich Hoffmann seit 2015 wieder den Gegnern und den Wellen aus – und ist als mit Abstand Ältester der Szene erfolgreicher denn je. Um das Boot bei Spitzengeschwindigkeiten um die 160 Stundenkilometer halten und die Fliehkräfte von bis zu 4G aushalten zu können, muss man topfit sein. Ohne höchste Konzentration, die Körperbeherrschung und Fitness eines Leistungssportlers und große Reaktionsschnelligkeit kommt man hier nicht weit. Patrick Hoffmann kann all das. „Die anderen nennen mich Opa, ich bin der mit Abstand Älteste", bringt es der maximal erfahrene Saarbrücker auf den Punkt. Ganz falsch ist diese Bezeichnung nicht, schließlich ist Hoffmann seit fünf Monaten stolzer Großvater einer Enkeltochter.
Einen eigenen Trainer hat er nicht
Patrick Hoffmann wohnt im Saarbrücker Stadtteil St. Arnual und arbeitet schon seit über 20 Jahren als Ofenführer bei ZF in Saarbrücken. Fast genauso lange ist er im Jet-Ski-Sport unterwegs. Obwohl er nicht weit von der Saar entfernt wohnt, fährt Hoffmann zum Training rund 40 Kilometer an einen französischen Weiher, manchmal sogar bis nach Belgien. Um den Motor zu schonen, trainiert er vor Wettkämpfen nur Fitness: Radfahren, laufen. Einen Trainer hat er nicht. Aber er trainiert andere Piloten. Jüngere, versteht sich. Doch wie kam es dazu, dass der sportverrückte Typ aus St. Arnual mit fast 50 zu den besten Jet-Ski-Fahrern der Welt gehört?
Sein damaliger Chef, der Besitzer einer Kartbahn, gab Hoffmann sein nagelneues Jet-Ski zum Testen mit in den Urlaub. „Dabei hatte ich gar keine Ahnung davon", erinnert sich der Familienvater. Von Leistungssport schon. Der damals 25-Jährige war schon Bundesliga-Ringer, Weltmeister im Westernreiten und erfolgreicher Kartrennfahrer. Kaum am Meer angekommen und das motorisierte Mini-Boot ein paar Mal über die Wellen gejagt, war klar: „Ich musste einfach mit diesem Sport anfangen", erinnert sich Hoffmann mit strahlendem Lächeln und funkelnden Augen zurück. Wenige Monate später nahm er selbst an seinem ersten Rennen teil. Auf Anhieb landete der Saarländer auf Platz zwei. Das war 1995. Thomas Porda, Geschäftsführer des Fachbetriebs Jet-Porda in Darmstadt, wurde auf den Saarländer aufmerksam. Er investierte in das Motorsport-Talent, stellte ihm das erste eigene Jet-Ski zur Verfügung. Die Investition lohnte sich – bis heute wurde Hoffmann elf Mal Deutscher Meister und gewann einige Medaillen bei Europameisterschaften. Den ersten Europameister-Titel holte sich Hoffmann 2015 – zum Auftakt seiner „zweiten Karriere".
Dass er nach dem Horror-Crash überhaupt noch einmal auf die Idee kam, ein Jet-Ski zu besteigen, ist nur schwer nachvollziehbar. Hoffmanns älteste Tochter Mandy, ebenfalls ein vielversprechendes Jet-Ski-Talent, hatte ihre Karriere nach dem Unfall ihres Vaters sofort abgebrochen. Anders der Papa: Kaum hatte er das Krankenhaus verlassen, saß er schon wieder auf einem Wassermotorrad. „So bin ich halt. Ich hatte einfach noch nicht damit abgeschlossen", sagt Patrick Hoffmann und das Funkeln in seinen Augen ist zurück: „Man muss schon immer Respekt haben auf dem Wasser. Aber man darf keine Angst haben." 2015, acht Jahre nach dem schweren Unfall, feierte er schließlich sein Comeback – als mit Abstand ältester Fahrer. „Seitdem habe ich alles gewonnen", fasst Hoffmann zusammen. Jedes Jahr wurde er Deutscher Meister in seiner Disziplin, dem „Ski-Stock". Dort geht es durch einen kürzeren, mit Kurven gespickten, kreisförmigen Parcours – vergleichbar mit einer Formel-1-Strecke.
„Lass den Motor machen, eine Couch kaufen wir später"
Auch international ist er nach wie vor erfolgreich. So nahm er 2018 an der Europameisterschaft der höchsten Klasse „Open" mit bis zu 650 PS starken Maschinen teil – allerdings mit seiner „nur" 400 PS starken „Stock"-Maschine. Nach drei zweiten Plätzen verlor Hoffmann die sicher geglaubte Vize-Europameisterschaft durch einen technischen Defekt. Trotzdem reichte es für Platz drei in der Gesamtwertung. Der Teamchef besorgte ihm daraufhin ein größeres, stärkeres Boot. Mit dem will Hoffmann jetzt „voll angreifen". Erstmals nimmt er mit dem neuen Ski auch an der Offshore-Langstrecken-Weltmeisterschaft teil. Dabei geht es 120 Kilometer schnurstracks geradeaus über das offene Meer. Seine nächsten Wettkampf-Stationen: Indonesien, Belgien, Arizona (USA) und Marokko. Im Dezember dann steht mit dem „Kings Cup" in Thailand das höchste der Gefühle der Jet-Ski-Welt auf dem Plan. Doch nur mitfahren ist nicht der Anspruch von „Opa Hoffmann". „Wir wollen dort überall voll angreifen", sagt er und schiebt nach: „Ich will Weltmeister werden."
Unterstützt wird er dabei nicht nur von seinem Team „Jet-Porda – Lightweight" seines Förderers Thomas Porda sowie den Jet-Ski-Tüftlern Norbert Weber und Mechaniker Daniel Hammes. Ganz wichtig sind der Rückhalt und das Verständnis seiner Familie. Beides ist Patrick Hoffman trotz aller Risiken – und eines weiteren schweren Unfalls, der allerdings glimpflich verlief, gewiss. Frau Andrea (48 Jahre) hält wie die Töchter Mandy (24) und Michelle (17) zu Patrick und seiner außergewöhnlichen Leidenschaft. „Ohne die Familie geht es nicht. Ich erinnere mich an die Anfangszeit, als einmal der Motor meines früheren Skis kaputtging. Ihn zu reparieren hätte zwei- bis dreitausend D-Mark gekostet. Zu dieser Zeit brauchten wir eigentlich auch eine neue Couch", erzählt Hoffmann, „Meine Frau sagte dann: ‚Lass den Motor machen, eine Couch können wir auch später noch kaufen.‘"
Die Couch ist aber ohnehin kein Ort, an dem sich Patrick Hoffmann lange aufhält. Er will Jet-Ski fahren „solange es geht", sagt er: „Sollte ich dieses Jahr wirklich Weltmeister werden und nächstes Jahr feststellen, dass ich nicht mehr ganz vorne mithalten kann – dann würde ich aufhören." Aber nur mit dem Leistungssport. Als Hobby hat das Jet-Ski-Fahren bei Patrick Hoffmann kein Verfallsdatum: „Es ist einfach schön – auch für die Familie. Man ist viel am Wasser, hat die Kinder dabei und verbringt eine schöne Zeit zusammen", findet „Opa" Hoffmann.