Gegensätzlicher könnten sie nicht sein: Alexander Lorch, Halbschwergewichtler, ist ruhig, boxt taktisch klug auf Punkte. Schwergewichtler Senad Gashi hingegen ist K.-o.-Experte – im realen Leben wie in seinen Träumen. Beide Boxer aus dem Saarland stehen vor wichtigen Kämpfen.
Alexander Lorch will in den nächsten drei Jahren um die Deutsche Meisterschaft boxen. So lautet das erste Etappenziel des 23-jährigen Profis im Halbschwergewicht. Um seinem Ziel näherzukommen, muss er seinen zweiten Profikampf am Samstag, den 13. April in der Sport- und Kulturhalle Uchtelfangen gewinnen. Nach seinem Profi-Debüt am 2. März in Kaiserslautern, wo Lorch den erfahrenen Michael Klempert nach Punkten besiegte, gönnte sich der junge Mann aus Dudweiler eine kurze Trainingspause. Danach widmete er sich vor allem dem Ausdauertraining. Profikämpfe gehen nun einmal über mehr Runden als Amateurkämpfe. „Man hat vielleicht gemerkt, dass gegen Ende noch ein paar Körner fehlten", gab Lorch nach den Sparrings beim öffentlichen Training am 23. März in der Neunkircher TuS-Halle zu.
Gegen Michael Klempert reichte die Kondition. Ganz seiner taktischen Grundausrichtung entsprechend gewann Alexander Lorch souverän nach Punkten und ließ sich von dem 21 Jahre älteren Kämpfertyp auf der Gegenseite nicht aus der Ruhe bringen. „Es war ein harter Kampf, aber es kam alles so, wie wir es uns vorgestellt hatten: ein klarer Punktsieg", sagte der überglückliche Lorch zum siegreichen Profi-Debüt vor über 1.000 Zuschauern in Kaiserslautern. „Am Anfang war ich ein bisschen aufgeregt, aber hatte die ganze Zeit ein gutes Gefühl. Ich hatte mich ja gut vorbereitet und bin überglücklich, dass ich gewonnen habe", freute sich der Elektriker, der die Atmosphäre „richtig cool" fand: „Es waren viele Freunde von mir in der Halle. Es war ein rundum gelungener Abend."
„Am Ende fehlen noch ein paar Körner"
Dass er so einen auch in Uchtelfangen erleben wird, hoffen nicht nur Lorch j88unior und sein Vater und Trainer Uwe, der erfahrene Ex-Profi und frühere Deutsche Meister im Cruisergewicht. Auch der Trainer und Veranstalter der Boxgala, Detlef Loritz, hält große Stücke auf den Saarländer: „Er ist ein ganz talentierter Junge", findet der Manager des FLP Box-Teams Koblenz: „Allerdings muss er die Umstellung zum Profi schaffen", weiß Loritz, „Er wird seinen Weg gehen, und wir werden sicher noch viel von ihm hören." Und das, obwohl mit Ivan Sakic ein erfahrener Kroate auf Lorch wartet, der alles andere als Laufkundschaft sein wird. Allerdings stand die finale Bestätigung von Sakics Boxstall zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch aus. „So einen wie Sakic muss Lorch besiegen. Wenn das nicht gelingt, muss man anzweifeln, ob es bis ganz nach oben reicht. Aber wie gesagt: Ich traue ihm das absolut zu", sagt der 72-jährige Loritz und weiß aus Erfahrung: „In jedem Profikampf geht es nicht mehr nur um Sieg oder Niederlage – es geht immer auch um die Zukunft im Boxsport. Nach der ersten Niederlage muss man sich gleich wieder hinten anstellen." Unterstützung soll Lorch vom heimischen Publikum erfahren. Weshalb der Austragungsort bewusst so gewählt wurde, erklärt Detlef Loritz so: „Ich mache seit über 50 Jahren solche Veranstaltungen. Normalerweise findet eine solch hochkarätig besetzte Gala nicht in so einer kleinen Halle statt", sagt er und ergänzt: „Das saarländische Publikum ist einfach sehr treu, anhänglich und fair. Wir wollten diesen tollen Fans, die uns sonst überallhin begleiten, etwas zurückgeben."
Ein anderer Boxer, der im Saarland sein Handwerk lernte, musste seinen Auftritt in Uchtelfangen absagen. Aus gutem Grund: Er steht vor dem größten Kampf seiner Karriere. „Wieder mal", scherzt Senad Gashi. Der Schwergewichtler mit kosovarischen Wurzeln, der in Zweibrücken aufwuchs und mittlerweile im spanischen Marbella lebt, trifft am 20. April in der Londoner O2-Arena auf Superstar und Ex-WBA-Weltmeister Dereck Chisora. Zufällig findet der Kampf am Geburtstag einer sehr prominenten Person statt, wie Gashi aufgefallen ist: „Nämlich an meinem", stellt er klar.
Seit fünf Wochen bereitet sich Gashi im Saarland mit seinem Trainer Sergej Ostrovski intensiv vor. „Ich bin in guter körperlicher Form, die Vorbereitungszeit passt auch", stellt er fest und gibt sich auf die Frage nach seiner Zielsetzung gewohnt selbstbewusst: „Ich werde ihn K. o. schlagen." Es geht sogar genauer: „Ich werde ihn in der siebten Runde mit einem Kopfhaken K. o. schlagen", ist sich Gashi sicher und erklärt: „Ich habe den Kampf in meinem Kopf schon ein paar Mal durchgespielt." Auch dies geht noch genauer. Auf Nachfrage führt der mehrfache Saarlandmeister aus: „Wir haben in meinem Kopf schon zehnmal gegeneinander geboxt. Neunmal habe ich gewonnen, einmal wurde ich disqualifiziert, weil ich ihm eine Kopfnuss gegeben hatte", berichtet Gashi und wirkt dabei weniger verwirrt, als es sich liest.
Gashi ist absolut selbstbewusst
Provozieren kann Senad Gashi selbst also auch gut. Der Hinweis mit der „Kopfnuss" ist eine Anspielung auf seinen vorletzten Kampf, der als „Eklat von Berlin" in die deutsche Boxgeschichte einging. Vor einem Jahr lag er gegen Tom Schwarz im Kampf um den WBO-Inter-Conti-Titel und die Deutsche Meisterschaft nach Punkten deutlich in Führung, als er sich zu mehreren Kopfstößen hinreißen ließ. Er wurde daraufhin disqualifiziert. Ungewöhnlich für Gashi, dem die Hutschnur platzte, nachdem sich der deutlich größere Schwarz mehrfach auf ihn legte.
Seine Lockerheit ist dennoch nicht gespielt, sondern echt. „Ich bin überhaupt nicht nervös. Ich wüsste nichts, was mich dabei überraschen könnte", sagt der bald 29-Jährige, der beim BC 1921 Neunkirchen das Boxen erlernte. Er wundert sich, „weshalb die Leute so aufgeregt sind. Ich bin immer tiefenentspannt." Selbstsicherheit gibt ihm die Erfahrung aus 19 Kämpfen (17 Siege, alle durch K. o.), die er seit seinem Profi-Debüt absolvierte und zahlreiche Sparrings gegen Weltklasse-Boxer: „Die kochen alle auch nur mit Wasser und haben zwei Fäuste. Wenn der Typ nicht plötzlich drei Hände hat, wird alles gut." Kaum auszudenken, was sich in seinem Kopf nach einem Kampf gegen den dreiarmigen Chisora noch alles abspielen würde.