In der vergangenen Woche gab es zwei Rücktritte von Funktionären. Zuerst nahm Franz-Josef Schumann, Präsident des Saarländischen Fußball-Verbands, seinen Hut. Einige Tage später war dann Deutschlands oberster Fußballer, Reinhard Grindel, fällig. Die beiden Fälle haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun, sind aber zwei Seiten einer Medaille. Beide Männer fielen am Ende über hausgemachte Affären. Schumann wurde zum Verhängnis, dass er als damaliger Vizepräsident des Landessportverbands an der Ausrichtung einer Geburtstagsfeier für Innen- und Sportminister Klaus Bouillon beteiligt war. Grindel wiederum hat „vergessen", darüber zu informieren, dass er entgegen aller Absprachen eine zusätzliche Vergütung einkassiert und eine Luxusuhr angenommen hat. Es ist ein Akt der Fairness festzuhalten, dass sich der Saarländer persönlich nicht bereichert hat. Im Vergleich zu anderen Funktionären lebte Schumann eine wohltuende Bescheidenheit vor, die dem gestürzten DFB-Boss Grindel übrigens fremd war. Eine weitere Parallele besteht dennoch. Sowohl Schumann als auch Grindel sprachen in ihren Rücktrittsschreiben vom „öffentlichen Druck". Und so landet der Buhmann dann doch wieder bei den Medien. Dabei ist es deren ureigenste Aufgabe, über Missstände zu berichten. Die Pleite des Landessportverbands, die viele unbescholtene Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz gekostet hat, beschäftigt Staatsanwaltschaft, Gerichte und eben auch die Medien. Bei Grindel wurden Indiskretionen direkt aus der DFB-Zentrale durchgestochen. Dass kein Mensch gern etwas Negatives über sich in der Zeitung liest, liegt in der Natur der Sache. Aber: Öffentliche Funktionen sind „geliehene" Ämter auf Zeit. Sie bringen Verantwortung, aber auch Privilegien mit sich. Ehemalige Berufspolitiker wie Schumann und Grindel sollten dies wissen. Kein regionales Medium hat übrigens den Rücktritt Schumanns gefordert, wohlwissend, dass seine Schuld gering und seine Verdienste groß waren. Warum aber ist es so schwer einzugestehen, dass man einen Fehler gemacht hat? Das tief erschütterte Vertrauen in die Verbände würde wachsen, bekäme die Öffentlichkeit endlich das Gefühl, dass „Verantwortung übernehmen" nicht nur eine Worthülse ist.
SPORT
Foto: Andreas Schlichter
Nachspielzeit: Zwei Seiten einer Medaille
Sport - Kolumne
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