Die Derby-Niederlage bei der SV Elversberg ist ein Spiegelbild der FCS-Saison. Die Unzufriedenheit ist groß, die Anzeichen verdichten sich, dass die Amtszeit von Trainer Dirk Lottner im Sommer endet.
Damit Marcus Mann mal aus der Ruhe gerät, muss schon viel passieren. Kürzlich aber platzte dem Sportdirektor des 1. FC Saarbrücken der Kragen. In einer fast schon legendären Pressekonferenz kritisierte der 35-Jährige die Berichterstattung zur Personalie Dirk Lottner. Was viele Fans als Rückendeckung für den Trainer einordneten, war von Mann allerdings anders gemeint. „Mich hat es massiv gestört, dass Journalisten auf einer Pressekonferenz des FC Homburg Fragen stellen und so tun, als wäre es das Schlimmste auf der Welt, Trainer des 1. FC Saarbrücken zu sein", erklärt der Sportdirektor und dann folgt ein Satz, der tief blicken lässt. „Wir hätten in den vergangenen drei Jahren mehrfach die Gelegenheit gehabt, den Trainer zu wechseln und haben es nicht getan. Also soll man nicht behaupten, das wäre hier ein Schleudersitz."
Um die Debatte um den Trainer zu verstehen, muss man ins vergangene Frühjahr zurückblicken. Bei einem Aufstieg hätte sich der Vertrag von Lottner um ein Jahr verlängert, das Präsidium bot dem Trainer folglich auch für die Regionalliga einen Kontrakt mit der gleichen Laufzeit an. Nach dem unglücklichen Scheitern in den Aufstiegsspielen drängte dann die Zeit.
Die Fronten verhärteten sich. Lottner blieb stur, Vizepräsident Dieter Ferner auch. Der plädierte stattdessen dafür, Kontakt zu Bernhard Trares aufzunehmen, dessen Vertrag bei Waldhof Mannheim zu dem Zeitpunkt noch nicht verlängert war. Den Gordischen Knoten durchschlug schließlich Präsident Hartmut Ostermann, der erklärte, das zweite Jahr für Lottner „auf seine Kappe" zu nehmen, der sportlichen Leitung aber einräumte, nach dieser Saison Bilanz zu ziehen. „Daran hat sich nichts geändert, und das ist auch klar kommuniziert. Ich werde mich nach dem letzten Spiel mit Dieter Ferner und Marcus Mann zusammensetzen, um zu analysieren, was diese Saison schiefgelaufen ist. Wir werden uns sicherlich neu aufstellen müssen." Während Lottner bei einem Teil der Fanszene immer noch beliebt ist, ist das interne Verhältnis mittlerweile stark abgekühlt. Vize Ferner gilt dabei als schärfster Kritiker des Trainers, dem eine verkorkste Saisonvorbereitung sowie taktische Fehler vorgeworfen werden.
Präsidium will nach der Saison Bilanz ziehen
Im prominent besetzten 24-Mann-Kader gibt es Woche für Woche Härtefälle, die Unzufriedenheit ist groß. „Ich sage ihm seit drei Jahren, dass er auch mal mit den Spielern sprechen muss, die nicht spielen und nicht nur mit den gleichen fünf, sechs. Aber er macht es einfach nicht", stöhnte Mann unlängst gegenüber einem Spielerberater. Der Sportdirektor versucht seit Wochen die Brandherde trockenzulegen. Winterneuzugang Ivan Franjic ist völlig frustriert, denkt bereits wieder über einen Abschied aus Saarbrücken nach. Mario Müller, zwei Jahre Stammspieler und dann bei Lottner in Ungnade gefallen, will trotz laufendem Vertrag weg. Er hat eine lukrative Offerte eines norddeutschen Drittligisten vorliegen. Und Sascha Wenninger, der von Lottner seit Wochen ignoriert wird, erhielt unlängst vom Sportdirektor den Hinweis, dass er nicht anderswo unterschreiben und abwarten solle, was „hier passiert." Ein Beispiel für das schlechte Klima ist der Umgang mit Talent Lukas Quirin. Vor drei Wochen wurde er in Worms eingewechselt, fand sich danach wieder auf der Tribüne wieder. Der 19-Jährige musste in der folgenden Trainingswoche von mehreren erfahrenen Spielern wieder aufgebaut werden. Sportdirektor Mann versucht, die Themen bis zum Saisonende unter der Decke zu halten.
Doch dass Lottner, der intern ankündigte während der englischen Woche rotieren zu wollen, in Elversberg mit nahezu der gleichen Aufstellung auflief, verschärfte die Spannungen. Mit der Tatsache konfrontiert, dass in letzter Zeit mehrere Spieler bei ihm vorstellig wurden, um ihre Unzufriedenheit mitzuteilen, antwortet Mann wortkarg: „Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen." Ein Dementi hört sich jedenfalls anders an. Kein Dementi gibt es übrigens in Sachen Gillian Jurcher. Der mit 13 Treffern zweitbeste Torschütze testet derzeit offenbar seinen Marktwert. Anfang April war er mitsamt Berater beim Zweitligisten SV Sandhausen zu Gast. Offiziell ein Kennenlerngespräch. „Sein Berater bietet ihn in ganz Deutschland an, Sandhausen ist sicher nicht der einzige Kandidat", sagt Mann. Jurcher, der in Saarbrücken für kleines Geld kickt, ist unzufrieden, weil er künftig nicht mehr von der „Frankreich-Regelung" in Sachen Steuern profitiert. Der FCS hat ihm nun eine Gehaltserhöhung in Aussicht gestellt unter der Voraussetzung, dass Jurcher seinen Vertrag vorzeitig verlängert. „Er ist ein talentierter, deutscher Spieler. Es wäre unnormal, wenn es für ihn keinen Markt geben würde", sagt Mann. Einen Markt gibt es auch für Torjäger Sebastian Jacob. Kein Geheimnis ist, dass der SV Wehen Wiesbaden, bei dem der 25-Jährige im vergangenen Jahr Trainingsgast war, Interesse an einer Verpflichtung hat. Der Saarlouiser, vom Sportdirektor als „intelligent, bodenständig und anständig" beschrieben, hegt allerdings keinen akuten Wechselwunsch: „Sebi kennt seine vertragliche Situation und weiß, dass er für uns ein Schlüssel zum Erfolg ist. Das ist für ihn kein Problem", sagt Mann. Viel wird ohnehin davon abhängen, wer das Team im kommenden Jahr trainiert.
Stefan Krämer oder eine größere Lösung
Dass Vize Ferner Kontakt zum Ex-Uerdinger Stefan Krämer hat, wird mittlerweile nicht mehr abgestritten. Krämer saß bei der 3:4-Pleite in Elversberg bereits auf der Tribüne. Präsident Ostermann soll aber eine größere Lösung favorisieren. Das Anforderungsprofil ist dabei klar umrissen. „Erfahren, detailversessen, fleißig", heißt es in der Führungsetage des Vereins: „So ein Typ wie Ralf Rangnick."
Dass der 1. FC Saarbrücken drei Jahre lang trotz eines der höchsten Liga-Etats jeweils die Saisonziele verpasste, nervt die Verantwortlichen extrem. Sportchef Mann sagte schon vor Wochen: „Gier und Leidenschaft muss man vorleben."