Vom Flughafen-Murks in Berlin bis zu Raketenstarts in Saarbrücken
Es zahlt sich aus, dass wir mehr als 200 Euro jährlich für die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender an Gebühren berappen müssen. Tatsächlich gucken wir Nachrichten-Sendungen, die keine Fake News verbreiten. Die ARD erfreut uns mit „Extra 3", während das ZDF mit „Die Anstalt" aufwartet. Wir sehen Berichte, die exzellent recherchiert sind, sodass wir seit einiger Zeit auf Claus Kleber und Ingo Zamparoni verzichten können.
„Extra 3" setzte mit Neuigkeiten über einen peinlichen Vorfall in Peine in Erstaunen. In diesem Örtchen gibt es nicht nur eine 30 Jahre alte Holzbrücke, die unbedingt der Renovierung bedarf. Dort gibt es auch einen Stadtrat, dessen Mitglieder offensichtlich zu viel Zeit haben. Die denken viel nach und wollen alles mit preußischer Genauigkeit bewerkstelligen. Deshalb gaben sie erst einmal ein Gutachten in Auftrag. Dieses gefiel nicht allen, sodass ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben wurde, was wiederum nicht allen gefiel. Kurz und schlecht: Inzwischen wurden sieben Gutachten erstellt. Die kosteten mehr als 100.000 Euro, und niemand hat bisher gemerkt, dass die Gemeinde damit gehörig auf dem Holzweg ist.
Baustelle Deutschland. Bei „Die Anstalt" erfuhren wir die Geschichte des Tunnel-Bahnhofs Stuttgart 21. Zur Erinnerung: Dort wurden protestierende Demokraten von Polizisten zusammengeprügelt und mit Wasserwerfern, Pfefferspray und anderen Kampfmitteln zwecks Erhaltung der freiheitlichen Grundordnung traktiert. Das Verwaltungsgericht Stuttgart verurteilte das Vorgehen der Ordnungshüter später als gesetzeswidrig. Gebaut wird weiter. Oder auch nicht. Denn statt der veranschlagten zwei Milliarden Euro Baukosten werden es wohl zehn Milliarden Euro werden, und niemand weiß so recht, wie das alles letztlich finanziert werden soll.
Es geht in Stuttgart nicht nur um ein offensichtlich untaugliches Projekt, sondern auch um Konzern-Interessen, hoch dotierte Posten. „Die Anstalt" hatte das wunderhübsch aufgearbeitet. Politiker, Firmen, Journalisten sind dermaßen miteinander verbandelt, dass inzwischen von einer „schwäbischen Mafia" die Rede ist.
Wobei wir zur „hanseatischen Mafia" kommen. In Hamburg musste unbedingt die Elbphilharmonie gebaut werden. Zeitpläne, Kosten wurden wie in Stuttgart nicht eingehalten. Aber an der Elbe darf wenigstens gefiedelt werden. Das gefällt allerdings auch nicht allen. Bei Klassik-Konzerten strömen Touristen während hochklassiger Darbietungen ins Freie. Für die wirklich Interessierten hätte wohl ein Raum für Kammer-Konzerte gereicht. Für die anderen könnte ja künftig Florian Silbereisen zum „Schlagerfest der Bestien" in die Elbphilharmonie einladen.
Über den Berliner Flughafen BER wollen hier nur so viel schreiben: Jedes Mal, wenn Kabarettisten lediglich „Berliner Flughafen" sagen, setzt das Gelächter des ausgesuchten Publikums schon ein. Die Bundesregierung hat offensichtlich den Baumurks noch nicht mitbekommen. Sie plant ein deutsches Weltraumgesetz. Irgendwann sollen bemannte und befraute Raketen ins Weltall geschossen werden. Sollte das in Berlin nicht klappen, empfehlen wir den Flughafen Saarbrücken.
In der idyllischen saarländischen Landeshauptstadt gibt es genügend Kapazitäten für neue Bauten. Mit Begeisterung verfolgen wir, wie für den Fußball-Regionallisten
1. FC Saarbrücken das Ludwigspark-Stadion für schlappe 38 Millionen Euro runderneuert wird. Zeitplan und Kosten werden zwar auch nicht eingehalten, aber irgendwann wird das Schmuckstück schon stehen. Hauptsache, der Verein steigt nicht noch einmal ab.
Es gibt also Hoffnung – hoffentlich auch für die fast zwei Millionen Mitbürger, die Angst haben müssen, bald die Miete für ihre Wohnung nicht mehr bezahlen zu können. Geld für Sozialwohnungen scheint vorhanden zu sein. Was fehlt, sind Maurer, Glaser, Schreiner. Als Ergebnis der vielen Bildungsreformen werden bald 20 diplomierte Architekten einem Handwerker zuschauen, wie der eine Schubkarre übers Gelände fährt. Und der kommt dann auch noch aus Algerien, Marokko oder Tunesien.