Im vergangenen Jahr musste das Antattack-Festival ausfallen, aber die Organisatoren gaben nicht auf und melden sich zurück. Horst Brünnet, einer von vier Gesellschaftern der Antattack Event GmbH, berichtet über Freud und Leid als Veranstalter.
Herr Dr. Brünnet, gab es in den vergangenen neun Jahren Situationen beziehungsweise Shows, die Sie wohl nie vergessen werden?
Das war sicherlich, als wir das erste Mal ausverkauft waren. Das müsste 2014 gewesen sein, als das Festival noch im Lokschuppen in Dillingen stattfand. Außerdem hatte ich mit meiner Band, den Punkrockern Ascension, ein Gastspiel auf dem Festival, was natürlich ein ebenso denkwürdiges Ereignis war.
Hat man als Veranstalter überhaupt irgendwie Zeit, sich ein paar Lieder einer Band in Ruhe anzuhören?
Im Endeffekt ist man den ganzen Tag wie im Tunnel. Nach hinten raus, etwa bei den letzten beiden Bands, löst sich langsam die Anspannung, und man findet die Muße, sich mal ein, zwei Lieder anzusehen. Aber nicht in Ruhe – das wäre übertrieben. Doch wenn bis dahin alles gut gelaufen ist, fällt ein Stück weit der Stress ab.
Ihr Budget ist sicherlich begrenzt, und Sie können nur Bands bis zu einer gewissen Preisklasse buchen, oder?
Das ist korrekt. Wir waren früher als Veranstalter persönlich haftbar, als die Firma noch eine GbR war. Da mussten wir natürlich immer aufpassen, dass wir nicht in Situationen geraten, die uns vor existenzielle Probleme hätten stellen können. Ein gewisser Anteil des Budgets wird durch Sponsoring abgedeckt. Wir müssen jedes Jahr schauen, welche Summen wir durch Sponsoring akquirieren können beziehungsweise, ob wir das von uns gesteckte Ziel erreichen können. Klar ist, dass wir keine Bands buchen können, die eine Gage von 30.000 oder 40.000 Euro abrufen.
Für dieses Jahr waren bereits Skindred angekündigt, mittlerweile gehört die Band jedoch nicht mehr zum Line-up dazu. Was wurde aus ihnen?
Tatsache ist, dass Skindred als Vorgruppe für die Europatournee von Disturbed angefragt worden sind. Diese Gelegenheit wollten sie unbedingt wahrnehmen und haben alle Termine, die zeitgleich lagen, abgesagt. Obwohl sie uns den Auftritt auf dem Antattack-Festival bereits bestätigt hatten, sagten sie leider auch uns ab.
2015 zog das Festival vom Lokschuppen Dillingen in die Neue Gebläsehalle in Neunkirchen. Was gab den Ausschlag hierfür?
Das war die kulturelle Ausrichtung der Stadt Dillingen. Man hatte uns mehr oder weniger deutlich mitgeteilt, dass unsere Punkrock-Veranstaltung nicht unbedingt das sei, was man sich unter kultureller Arbeit vorstelle. Und das obwohl wir nie Probleme hatten – es gab nie Schlägereien oder dergleichen. Die Polizei gab uns jedes Jahr ein positives Feedback. Wir hatten dann aber auch keine Lust, unsere Energie in Überzeugungsarbeit zu stecken und sahen uns nach Alternativen um. Da ich den heutigen Neunkircher Bürgermeister und aktuellen OB-Kandidaten Jörg Aumann gut kannte, fragte ich bei ihm an, ob das Festival nicht in Neunkirchen stattfinden könne. Das hat auf Anhieb geklappt und war die bestmögliche Entscheidung. Die Unterstützung in Neunkirchen ist hervorragend.
Im vorigen Jahr musste das Festival pausieren. Können Sie noch mal erklären, wie es dazu kam?
Es gab eine Vielzahl von Ereignissen. Den entscheidenden Ausschlag gab die kurzfristige, verletzungsbedingte Absage der Band Die Kassierer. Es war bereits das dritte Mal, dass wir sie gebucht hatten, und es war uns bewusst, dass das Gros der Besucher hauptsächlich wegen ihnen kommen würde. Zu dem Zeitpunkt war leider der Kartenvorverkauf noch nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir hätten sicherlich noch in den letzten Wochen mit Werbung gegensteuern können; da war ich noch sehr optimistisch. Hinzu kam, dass wir durch den Umzug von Dillingen nach Neunkirchen im Jahr 2015 noch daran arbeiteten, die Sponsoring-Struktur aufrechtzuerhalten und zudem neue Sponsoren zu gewinnen. Genau im letzten Jahr sagten uns jedoch einige langjährige Unterstützer ab, und wir konnten keinen adäquaten Ersatz finden. Dadurch war die Finanzierung sowohl vom Kartenvorverkauf als auch vom Sponsoring her nicht optimal. Am Ende war die einzig sinnvolle betriebswirtschaftliche Lösung, auch im Sinne der Besucher, das Festival abzusagen.
Hatten Sie sich gefragt, ob Sie überhaupt noch einmal ein Festival angehen wollten? Oder waren Sie durch diese Entscheidung eher noch motivierter an die Planung für 2019 rangegangen?
Wir setzen uns nach jedem Festival zusammen und analysieren es und versuchen Fehler beim Ablauf oder beim Booking ausfindig zu machen. War das Line-up optimal? Haben wir unsere Werbekanäle optimal genutzt? Natürlich stellt man dann auch das Gesamtkonzept in Frage. Ist das Festival, so wie wir es in den letzten Jahren realisiert haben, noch zeitgemäß?
Im letzten Jahr, wo wir wirklich sehr viel Pech hatten, sind wir aufgrund der Tatsache, dass wir zuvor alljährlich zwischen 1.100 und 1.500 Besucher angezogen hatten, zu dem Schluss gekommen, dass die Zielgruppe noch vorhanden ist. Von daher war relativ schnell klar, dass wir in diesem Jahr einen erneuten Versuch starten würden. Klar war auch, dass wir früher die Webetrommel rühren mussten, um den Leuten klarzumachen, dass die Absage eine einmalige Sache war. Der Wunsch war auch, das Line-up möglichst früh beisammenzuhaben, um zeitig in die Werbung zu gehen. Das war uns eigentlich geglückt, doch dann kam uns die Absage von Skindred dazwischen (lacht). Man steckt halt nicht drin.
Einen Tag vor dem Antattack Festival feiert das 9kircher POP Festival Premiere. Wie kam es dazu?
Wir hatten schon vor längerer Zeit mit der Neunkircher Kulturgesellschaft gGmbh vereinbart, dass es charmant wäre, die Halle das ganze Wochenende zu nutzen. Die Logistik ist ja vorhanden. Es sollte allerdings in eine andere musikalische Richtung gehen. Wir schauten uns etwas im Bereich Pop um und hatten, nachdem wir es schon seit drei Jahren versucht hatten, es aber immer an der Verfügbarkeit von Künstlern gescheitert war, diesmal Glück und konnten Joris verpflichten. Um seine Show herum wollten wir ein alternatives Festival aufziehen und so – mit Unterstützung des Poprats – einen Mehrwert für den Standort Neunkirchen und auch das Saarland schaffen.
Welche Rolle spielen bei Ihren Festivalplanungen generell lokale Bands?
Beim Antattack-Festival beginnt traditionell immer eine lokale Band. Und beim 9kircher POP Festival haben wir über den Poprat die zwei Plätze für die lokalen Künstler vergeben, die letztlich Frau Wolf und OQMan Solo bekamen. Ich bin als Musiker im Jahr 2004 Veranstalter geworden und wollte immer Events für primär regionale Nachwuchsbands stemmen. So entstand damals in Saarwellingen das Rock-Well-Festival. Diesen Anspruch, die lokale Musikszene einzubinden, habe ich nie aufgegeben. Wobei man auch betriebswirtschaftlich denken muss und ein paar Künstler von außerhalb braucht, die genug Zuschauer anziehen, um die Kosten zu decken.