Eine Karriere als Fußballer dauert normalerweise bis maximal 35. Viele Spieler versuchen sich schon während der aktiven Laufbahn als Geschäftsmänner. Manche haben als solche noch mehr Erfolg als auf dem Platz.
Dass Klischee, dass Fußballer meist schlichte Persönlichkeiten – andere sagen gern auch „dumm" – sind, ist eigentlich längst widerlegt. Das heutige Fußball-Geschäft ist ein solch forderndes, dass man ohne Intelligenz eigentlich gar nicht ganz oben ankommen kann. Neben dem klassisch sportlichen Talent braucht es viele Skills, um eine große Karriere hinzulegen. Man muss Versuchungen widerstehen, darf nicht auf Scharlatane reinfallen, muss auch als Millionär von Anfang 20 selbstkritisch bleiben und weiterarbeiten, darf nicht in Social-Media-Fallen tappen und bei Pfiffen der Fans, Shitstorms im Netz und Verrissen in den Zeitungen nicht den Halt verlieren.
Für ein klassisches BWL-Studium bietet solch eine Fußballer-Karriere freilich wenig Raum. Wo andere ein solches Studium beginnen, sollte der Fußballer schon den Durchbruch als Profi geschafft haben, wenn es mit der Karriere was werden soll. Doch manch einer absolviert neben der Karriere ein Fernstudium, liest auf den vielen Flug- und Busreisen Fachliteratur und belegt Fortbildungen. Und für einen Start ins Geschäftsleben bietet eine lange und erfolgreiche Fußballer-Karriere zudem hervorragende Voraussetzungen: Man hat einen Namen, man lernt viele Leute kennen, man hat in der Regel ein gutes Startkapital und sollte im Idealfall auch schon den Umgang mit Geld oder sogar Anlagen gelernt haben. Zudem muss man sich ja eine neue Herausforderung suchen, wenn die Karriere mit etwa Mitte 30 – also mehr als 30 Jahre vor dem normalen Renteneintritt – beendet ist.
Viele Ex-Profis werden nach der Karriere als aktiver Spieler Geschäftsmann in ihrem gewohnten Metier. Sie fungieren als Sportvorstand, Geschäftsführer oder Funktionär bei einem Profi-Club oder werden Spielerberater. Andere strömen in alle möglichen Formen der Gastronomie, dies oft auch schon während der Laufbahn. So betreibt Weltmeister Lukas Podolski in Köln zwei Eisdielen und eine Dönerbude, von seiner Männerkosmetik-Linie „Straßenkicker" werden bei dm Deos und Duschgels verkauft, in einem eigenen Laden in der Altstadt kann man „Straßenkicker"-Mode kaufen. Dass sein Ruf dabei Vor- und Nachteil sein kann, spürte Podolski schnell. Bei der Eröffnung war ein Riesenandrang, erste Kundin war eine junge Dame, die extra fünf Stunden aus Kassel angereist war. Auf der Gegenseite verrissen einige Fans von Borussia Mönchengladbach, dem Erzrivalen von Podolskis Herzensverein 1. FC Köln, im Internet gezielt Podolskis Dönerladen. Warum sich „Prinz Poldi" dort engagiert, erklärt er in der ihm eigenen Art. Andere Fußballer würden „Autos oder Häuser sammeln. Oder die stehen den ganzen Tag auf dem Golfplatz. Das ist nicht so mein Ding", sagte er der „FAZ". Ein Restaurant sei schon immer eine Alternative gewesen, „aber ein Fünf-Sterne-Restaurant ist nichts für mich, ich bin nicht so der Anzugtyp. Ich wollte den Leuten auch etwas zurückgeben."
„Ich wollte den Leuten auch etwas zurückgeben"
Dabei fungiert Podolski nicht nur als Unternehmer, sondern natürlich auch als Testimonial. Ein Geschäftspartner kümmert sich im Alltag darum, dass die Läden laufen. Podolski spielt schließlich noch in Japan. Doch nur damit, seinen Namen zu geben und am Ende die Gewinne einzusacken, ist es nicht getan. Podolski ist oft in Köln, schaut nach dem Rechten, engagiert sich und bringt sich ein.
Ähnlich läuft es bei Yussuf Poulsen. Der dänische Nationalspieler von RB Leipzig ist sicher einer der cleversten Köpfe der Szene und betätigte sich schon ganz früh in seiner Karriere als Unternehmer. Seine beiden zusammen mit Freunden betriebenen Cafés in Kopenhagen laufen bestens, haben schon Preise eingesackt. „Dass ich dänischer Nationalspieler bin, hilft natürlich auch ein bisschen", sagte Poulsen schon 2016, damals gerade 22, der „Bild"-Zeitung: „Wenn es so gut weitergeht, wollen wir auf jeden Fall expandieren." Seine Freundin vermietet übrigens Handtaschen oder Schmuck für besondere Anlässe.
Eher bodenständig ist das, was Holger Stanislawski tut. Der Ex-Profi und frühere Trainer von St. Pauli, Hoffenheim und Köln übernahm 2014 gemeinsam mit dem früheren HSV-Spieler Alexander Laas die Geschäftsführung eines Rewe-Supermarktes in Hamburg-Winterhude. „Stani" hatte sich schon zum Ende seiner Karriere kaufmännisch fortgebildet und ist ausgebildeter Sportfachwirt. Er hatte sich stets offengelassen, noch mal auf die Trainerbank zurückzukehren, hat dies trotz Angeboten aber seit sechs Jahren nicht getan. Sein Supermarkt, so berichtete die „Süddeutsche Zeitung" im Vorjahr, hat inzwischen 120 Mitarbeiter und macht 31 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Und der prominente Chef packt an. „Ich stehe hier mit dem Laden auch richtig in der Bütt", sagte er. „Mit dem Geld, das ich mir mit tausend Narben und Schmerzen und Metallplatten im Körper verdient habe." Zudem lässt sich Stanislawski als Referent buchen und fungiert als Experte im ZDF.
„Wenn es so gut weitergeht, wollen wir expandieren"
Ähnliche Beispiele, kleinere und größere, gibt es viele, in allen Bereichen der Gastronomie. Der ehemalige Frankfurter Profi Benjamin Köhler betreibt in der Berliner East Side Mall die Eisdiele „La Luna". Ashkan Dejagah, 2009 mit Manuel Neuer, Mesut Özil oder Mats Hummels U21-Europameister, besitzt in Berlin-Wilmersdorf die Shisha-Bar „21". Ex-Nationalspieler Marcell Jansen eröffnete mit TV-Koch Steffen Henssler das Restaurant „Ben Green" im Kölner Flughafen, in dem die Speisen nach Jansens Auskunft „zuckerarm, laktose- und glutenfrei, aber nicht alternativ" sind. Weltmeister Kevin Großkreutz ist Mitbesitzer der Kneipe „Mit Schmackes" im Dortmunder Kreuzviertel. Auf der Speisekarte stehen zum Beispiel „Ruhrpott-Carpaccio" (also eine doppelte Currywurst mit Fritten und Salat) oder die „Malocher-Pfanne".
Weitere kuriose Beispiele: Ein weiterer Weltmeister, Jérôme Boateng, gibt inzwischen das Livestyle-Magazin „Boa" heraus. Christian Fuchs, Ex-Bundesliga-Profi von Schalke und Mainz, gründete das Modelabel „No Fuchsgiven". Andrea Pirlo, 2006 mit Italien Weltmeister, ist nun Winzer. Der frühere Nationalstürmer Karl-Heinz Riedle besitzt im Allgäu unter anderem ein Hotel und ein Fußball-Camp. Christoph Metzelder, der unter anderem bei Real Madrid und Borussia Dortmund spielte, betreibt mit einem Freund eine Werbeagentur. Der Ex-Leverkusener Stefan Reinartz erfand mit seinem Spielanalyse-Start-up das „Packing". Wer bei „yachtcharter" exklusive Boote leihen will, trifft auf der Homepage auf Geschäftsführer Christian Lell, einst für den FC Bayern und die Hertha am Ball. Mathieu Flamini, französischer Nationalspieler des FC Arsenal, gründete schon 2008 mit einem Partner „GF Biochemicals", das unter anderem einen potenziellen Ersatzstoff für Erdöl herstellt.
Der bekannteste Fußballer-Geschäftsmann ist aber sicher Günter Netzer. Netzer hatte schon immer nicht nur ein Näschen dafür, in welche Gasse er den Ball spielen muss, sondern auch, auf welches geschäftliche Pferd er setzen muss. Was er anfasste, im Fußball oder im Geschäftsleben, wurde zu Gold. Von 1971 bis 73 betrieb er in Mönchengladbach die Disco „Lovers’ Lane". Am ganz großen Rad drehte Netzer später schließlich als TV-Rechte-Händler.
Am ganz großen Rad drehte Netzer als TV-Rechte-Händler
Bayern-Präsident Uli Hoeneß gründete 1985 mit einem Partner die Wurstwarenfabrik „Howe" in Nürnberg, die ein großer Erfolg wurde. Heute leiten Hoeneß’ Kinder die Geschäfte. Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm stieg 2015 als Gesellschafter beim Pflegeprodukte-Hersteller „Sixtus" ein. 2017 wurde er alleiniger Anteilseigner. „Kraft aus Natur" lautet der Slogan, angeboten wird unter anderem ein Fuß-Deo. Bayerns-Ex-Torhüter Oliver Kahn ist Mitgründer des Start-ups „Goalplay", bei dem Torhüter via Internet Trainingsanleitungen bekommen. Kahn bringt zudem auch eine limitierte Handschuhkollektion heraus. Der „Unternehmer mit Vision" (eigene Homepage) empfahl sich nicht nur als Vereins-Ikone, sondern auch als erfolgreicher Geschäftsmann als wahrscheinlicher Nachfolger von Bayern Münchens Vorstandsvorsitzendem Karl-Heinz Rummenigge.
Bleibt noch Björn Gulden. Der in der Schweiz geborene Norweger war ein guter Fußballer, spielte unter anderem für den 1. FC Nürnberg. Ein Superstar war er nicht. Das wurde er dann als Wirtschaftsmanager. Viele Jahre war er geschäftsführender Direktor des Schuhunternehmens Deichmann, seit 2013 ist er Vorstandsvorsitzender des Sportartikelherstellers Puma.