Drittligist 1. FC Kaiserslautern kämpft ums nackte Überleben. Die finanzielle Rettung steht nun offenbar bevor. Doch die Gräben innerhalb des Vereins sind tief, personelle Konsequenzen wohl unausweichlich.
Wer die Gemütslage auf Deutschlands höchstem Fußball-Berg verstehen will, kommt um die Lektüre des Internetportals „Der Betze brennt" nicht herum. Mehrere tausend Anhänger des Fußball-Drittligisten 1. FC Kaiserslautern haben sich dort versammelt und diskutieren was das Zeug hält. Die Stimmung auf „dem Betze" ist schlecht.
Das Team um Trainer Sascha Hildmann dümpelt im grauen Mittelfeld der Dritten Liga, die finanzielle Situation ist eine einzige Katastrophe. „In den vergangenen 20 Jahren hat der Verein lustvoll seine Selbstzerstörung inszeniert", schrieb die lokale Tageszeitung „Die Rheinpfalz" kürzlich. Kein Trainer, kein Sportdirektor, kein Funktionär in den vergangenen beiden Jahrzehnten, der nicht mit Schimpf und Schande vom Berg beziehungsweise wie die Sau durchs Dorf getrieben wurde.
In Kaiserslautern gibt es nur zwei gesellschaftliche Höhepunkte. Das Pfalztheater und die Roten Teufel. Während die Letztgenannten schon dabei waren, die erste Drittliga-Saison der Vereinsgeschichte nach Strich und Faden in den Sand zu setzen, präsentierten die Intendanten noch „Biedermann und die Brandstifter" von Max Frisch auf der Bühne. Untertitel: „Ein Lehrstück ohne Lehre."
Viele Biedermänner und Brandstifter rund um den FCK
Das passt ziemlich gut zu dem, was derzeit in der Fußball-Oper einige Höhenmeter entfernt inszeniert wird. Nur dass die Rollen unklar verteilt sind. Wer ist Biedermann und wer Brandstifter? Das operative Geschäft des 1. FCK befindet sich mittlerweile in einer ausgegliederten Kapitalgesellschaft. An ihrer Spitze stehen Martin Bader und Michael Klatt. Bader, zuvor in Nürnberg und Hannover, sollte den Verein sportlich in die Spur bringen, Finanzmann Klatt die Lizenz für eine weitere Drittligasaison besorgen. Derzeit sieht es so aus, als sei Klatt erfolgreicher gewesen. Der Betriebswirt verfügt in Fußball-Deutschland mittlerweile über ein exzellentes Netzwerk, in Kreisen des Deutschen Fußball-Bundes spricht man voller Hochachtung „von dem Mann aus Kaiserslautern". Doch ob der 50-Jährige die Schlacht um den Betze überlebt, ist ungewiss. Klatt harmoniert gut mit Sportvorstand Bader, der allerdings ist nur mäßig erfolgreich. Und er hat einflussreiche Gegner, was aber auch an seinen Befürwortern liegen mag. Denn hinter den Kulissen tobt ein erbitterter Machtkampf.
Der Aufsichtsrat des Vereins, der auch gleichzeitig den Beirat der Kapitalgesellschaft bildet, ist tief zerstritten. An der Spitze des Obersten Kontrollgremiums steht seit einigen Wochen der CDU-Politiker Michael Littig, der Patrick Banf ablöste. Der bleibt aber an der Spitze des Beirats, weil die Statuten eine Abwahl nicht vorsehen. Und so wird Sportvorstand Bader, der „nebenbei" damit beschäftigt ist, eine schlagkräftige Mannschaft für die kommende Saison aufzustellen, zum Spielball der Fraktionen. Banf wollte im Rat zuletzt eine Vertragsverlängerung mit Bader durchsetzen, dessen Arbeitspapier am 31. Dezember 2019 endet. Das bestätigte Bader gegenüber dem Fachmagazin „Kicker". Das Trio um Michael Littig, Paul Wüst und Jürgen Kind, das die Arbeit Baders kritisch beurteilt, verhinderte dies jedoch und plant mit seiner 60:40-Mehrheit stattdessen, den Sport-Geschäftsführer abzusetzen und zumindest vorerst durch den aktuellen Vize-Vereinsvorstand und Ex-Profi Andreas Buck zu ersetzen. Banf kann dies als Chef des Beirats aber blockieren. Den Überblick zu behalten, wer beim FCK derzeit welche Strippen ziehe, sei eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, schrieb der „Kicker" kürzlich. Die „Bild"-Zeitung jedenfalls hat neben CDU-Mann Littig auch den Fan-Vertreter im Aufsichtsrat Jürgen Kind als Querulanten ausgemacht. Der 54-Jährige ist im Umfeld des Clubs eine Reizfigur. Unter dem Pseudonym „Altmeister" zählte er über Jahre zum Mitarbeiterstab von „Der Betze brennt". Viele Fans fühlen sich von ihm repräsentiert. Andere, wie der ehemalige Vorstandschef Stefan Kuntz, sehen ihn weitaus kritischer: „Die Zeit der Indiskretionen begann, als selbsternannte Fanvertreter in den Aufsichtsrat gewählt wurden", sagte Kuntz kurz nach seinem Ausscheiden beim FCK. Die Personalie Kind ist deshalb so wichtig, weil er die Bruchstellen im Verein markiert. Er hat den Hauptsponsor Harald Leyenberger hinter sich, der von seiner Facebook-Seite aus markige Kommentare gegen Banf schreibt, den potenziellen Investor Flavio Becca hatte er allerdings gegen sich. Der schillernde Geschäftsmann aus Luxemburg sollte die dringend benötigten Millionen zur Rettung beibringen und am besten auch noch das Stadion kaufen. Als Gegenleistung forderte Becca, der Littig gar nicht kannte, dessen Rücktritt sowie eine Vertragsverlängerung von Sportvorstand Bader. Er setzte dem Verein dabei eine Frist bis zum vergangenen Montag. Dann platzte die Bombe. Mit einer 3:2-Mehrheit setzten Littig sowie seine Mitstreiter Kind und Paul Wüst im Beirat ein alternatives Finanzierungsmodell durch. Demnach sollen bisher noch namentlich nicht bekannte regionale Investoren drei Millionen zur Sicherung der Lizenz bereitstellen. Weitere 20-25 Millionen Euro könnten kommen, allerdings wohl erst, sollte der FCK im kommenden Jahr in die Zweite Liga aufsteigen. Mit einem Sechs-Millionen-Etat soll der Sprung in der kommenden Saison möglicherweise erzwungen werden. Mit welchem Personal der FCK dieses Unterfangen angehen wird, ist dabei noch vollkommen offen.
Was passiert, sollte der Becca-Deal platzen?
Dass Sportvorstand Bader, der sich mit Leibeskräften an den internen Ränkespielen beteiligte, noch eine langfristige Zukunft auf dem Betzenberg hat, darf bezweifelt werden. Zudem stellt sich die Frage, wie die unterlegene Fraktion um den Beiratsvorsitzenden Patrick Banf reagiert, hinter dem auch einige regionale Sponsoren stehen. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe waren allerdings noch viele Fragen offen. „Weitere Vertragsdetails werden in den kommenden Tagen geklärt. Das Angebot des Herrn Flavio Becca ist damit nicht mehr existent", teilte der Pfälzer Club in einer Pressemitteilung erstaunlich offen mit. Eine Niederlage ist es vor allem auch für den Kaiserslauterer Oberbürgermeister Klaus Weichel. Der SPD-Mann hatte auf den Becca-Deal gesetzt, um auch die Stadionfrage zu lösen. CDU-Kontrahent Littig hat ihm nun einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wie es mit dem Millionengrab Betzenberg weitergehen soll, ist aber ungeklärt.