Weltweit suchen Forscher nach effektiveren Methoden zur Bekämpfung der Verschmutzung der Meere. Neue Verfahren lassen dem Magnetismus in Verbindung mit Eisenoxid eine zentrale Rolle zukommen.
Die Belastung und Verschmutzung der Ozeane durch Öl oder ölbasierte Kraftstoffe wird regelmäßig nur dann so recht ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt, wenn mal wieder eine spektakuläre Havarie eines Tankschiffs oder ein Mega-Gau auf Ölförderplattformen zu beklagen ist. So erst kürzlich wieder im März 2019, als nach dem Untergang des Frachters „Grande America", der 2.200 Tonnen des für die Umwelt besonders schädlichen Schweröls geladen hatte, in der Biskaya die französische Atlantikküste von einer Ölpest bedroht wurde. Wobei das Ausmaß des Unglücks – im Vergleich mit anderen – mit einem etwa zehn Kilometer langen und rund einem Kilometer breiten Ölteppich noch relativ überschaubar war.
Bei diesen Katastrophen verteilt sich der anfänglich zusammenhängende Ölfilm nach und nach im Meer, saubere Kraftstoffe können partiell bei günstigen Temperaturverhältnissen sogar verdunsten, der größere Batzen aber sinkt gen Meeresboden oder kann in Gestalt von Teerklumpen an den Küsten angespült werden. Solche Unglücke sind aber gewissermaßen nur die verheerende Spitze des Eisberges. Denn die Umwelt, vor allem auch Meerestiere und Seevögel, deren Gefieder gravierend geschädigt wird, wird quasi jeden Tag durch die Verölung der Meere kontinuierlich belastet. Schätzungen gehen davon aus, dass jährlich abseits aller spektakulären Vorkommnisse auf ziemlich unauffällige Weise bis zu eine Million Tonnen Öl in die Ozeane gelangen (selbst im überschaubaren Gebiet der Nordsee sind es jährlich bis zu 6.000 Tonnen).
Jährlich gelangen bis zu eine Million Tonnen Öl ins Meer
Der Großteil stammt von Ölverschmutzungen aus industriellen oder kommunalen Abwässern sowie vom Routinebetrieb der Bohr- und Förderinseln. Auch der reguläre Schiffsbetrieb mit illegalen Tankreinigungen oder kleineren, aber häufigeren Unfällen auf See ist erheblich dafür verantwortlich. Auf längere Sicht dürften die Folgen nicht nur für die Umwelt, sondern auch für Fischerei, Tourismus oder Küstenschutz ziemlich fatal sein. Auch wenn es spezielle Bakterien gibt, die sich schon seit Jahrtausenden von Kohlenwasserstoffen ernähren und das Naturprodukt Öl nach und nach zumindest teilweise in den oberen Meeresschichten abbauen können.
Bislang kommen bei größeren Ölverschmutzungen oder bei Ölteppichen infolge von Katastrophen verschiedene Bekämpfungsmethoden zum Einsatz, die allesamt wenig effektiv und teilweise wegen der Verwendung von Chemikalien als ökologisch ziemlich bedenklich einzustufen sind. Durch das gängige Abbrennen der Ölteppiche gelangen umweltschädliche Stoffe in die Atmosphäre. Den Einsatz von chemischen Reinigungsmitteln, die nur oberflächlich wirken und das Öl letztendlich nur in tiefere Meeresgefilde ziehen, wo das Gemisch zusätzlich die Unterwasserwelt verseuchen kann, halten manche Experten als noch umweltschädlicher als das Öl selbst. Das Aufsaugen von Öl mittels Pumpen ist bei größeren Mengen keine sonderlich praktikable Lösung, weil das Aufnahmevermögen der dabei zum Einsatz kommenden Spezialschiffe wegen der schlechten Trennbarkeit von Wasser und Öl schnell an seine Grenzen kommt. Auch schwimmende Barrieren oder Öl-Sperren machen kaum Sinn.
Nicht weiter verwunderlich daher, dass seit Jahren weltweit intensiv an besseren Verfahren geforscht wird, mit deren Hilfe das Öl effektiver aus dem Wasser entsorgt werden kann. 2012 hatten Wissenschaftler der Rice University in Houston mit Kohlenstoff-Nanoröhrchen bestückte ferromagnetische Schwämmchen im Labor entwickelt, die zu Teppichen zusammengefügt das Öl in beträchtlichen Mengen aus dem Meer aufsaugen und anschließend mittels an Schiffen angebrachter Magnete an Bord gehievt werden sollten.
2014 hat der US-Physiker Arden Warner eine neue, ebenfalls auf Magnetismus basierende Methode erarbeitet und patentieren lassen. Er hat bei seinen Experimenten herausgefunden, dass sich Eisenpartikel und speziell das stark magnetische Mineral Magnetit mit Öl perfekt zu einer zähen Masse verbinden lassen, die mithilfe eines Magneten angezogen und entsorgt werden könnte. Einen Nachweis über die Anwendbarkeit des Verfahrens in der Meeres-Praxis konnte Warner allerdings nicht liefern.
Forscher der australischen University of Wollongong in Wassertank-Versuchen haben 2016 ebenso den Magnetismus ins Spiel gebracht, indem sie eine ölverseuchte Flüssigkeit durch Hinzufügen von Eisenoxid-Partikeln magnetisch aufladen und anschließend mit einem herkömmlichen Stabmagneten aus dem Wasser heraushieven konnten. Ob das Verfahren auch bei größeren Wassermengen funktionsfähig ist, blieb allerdings offen.
Ökologische Katastrophen verringern
Nun hat eine interdisziplinäre Forschergruppe der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) unter Federführung von Prof. Marcus Halik vom Department Werkstoffwissenschaften einen neuen Vorstoß auf der Basis von Magnetismus unternommen und ihre Ergebnisse im Februar 2019 im Fachmagazin „Advance Functional Materials" veröffentlicht. Auch die deutschen Wissenschaftler setzten bei ihrer Studie auf Eisenoxid als Basis, das von sich aus schon magnetisch ist, aber zusätzlich wurden die Eisenoxid-Partikel noch mit einer Säureschicht überzogen, die ölige Stoffe geradezu magisch anzieht. Das dabei entstandene Eisenoxid-Puder wurde auf eine Ölflüssigkeit aufgestreut, wobei sich belegen ließ, dass das Volumen der sich um die staubfeinen Eisenoxid-Teilchen anlagernden Ölmoleküle 14-mal größer war als der winzige Partikelkern.
Daraus konnte geschlossen werden, dass sich mit Eisenoxid-Partikeln verhältnismäßig viel Öl im Wasser binden lässt. Das entstandene Öl-Eisenoxid-Pudergemisch konnte problemlos mittels eines normalen Magneten von der Wasseroberfläche abgehoben werden. Nach Entfernen der Öl-Anlagerungen sind die Eisenoxid-Teilchen laut den FAU-Forschern erneut verwendbar. Derzeit arbeiten die FAU-Forscher schon gemeinsam mit Partnern aus der Industrie daran, die Methode auf reale Anwendungen zur Gewässerreinigung zu übertragen. Dazu müssen sie das ölanziehende Eisenoxid in größerem Umfang produzieren, um das Verfahren auch mal außerhalb des Labors in Gewässern auf den Prüfstand stellen zu können. Die verwendete Säure und das Eisenoxid lassen sich problemlos herstellen, allerdings sollte die Produktion der beiden Bestandteile in großen Mengen auch möglichst kostengünstig vonstattengehen. „Das vorgestellte System", so die FAU-Forscher, „könnte in Zukunft helfen, durch Ölverschmutzungen ausgelöste ökologische Katastrophen deutlich zu verringern."