Oriett Juschak
Inhaberin Schneewitte | Berlin Prenzlauer Berg
Abgerechnet wird mit einer Kasse aus den 30er-Jahren. Der Zahlteller ist aus derselben Epoche, das Telefon kaum moderner. Während sie den Schreibkram an einem Tisch vom Trödel erledigt, sitzt in Reichweite häufig eine altehrwürdige Puppe wie Henriette mit dem Holzkopf oder Frieda im Dirndl. Im Secondhand-Laden Schneewitte scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Alles ist stilecht bis zu den Bügeln und der Deckenbeleuchtung: Ein auf Kreuzstickdeckchen stehendes Porzellan-Kaffeegedeck aus Kahla lässt Designerherzen höher schlagen. Die Dame von Welt findet hier ausgefallene Liebhaberstücke im Vintage-Stil. „Bloß nicht aussehen wie alle anderen", war schon immer die Devise von Oriett Juschak, die den Jugendstil liebt und zu DDR-Zeiten am liebsten Dekorateurin geworden wäre, doch dann ihren „Facharbeiter für Schreibtechnik" machte. Während die anderen Mädchen aus ihrer Sekretärinnenklasse im 80er-Jahre-Look mit blonder Dauerwelle gestylt waren, hatte sie glatte braune Haaren und war „Blueser". Das Hippie-Mädchen aus Ostberlin trug lange Röcke mit Spitzensaum und Parka. Einige Zeit arbeitete sie im Büro des Verbandes Bildender Künstler der DDR, der nach der Wende abgewickelt wurde. 08/15 ist auch heute nicht ihr Ding. Ihr Faible: farbenfrohe Secondhand-Kleider mit Blumen oder Punkten. Arbeit und Leben gehören für sie eben zusammen.