In den Räten von Städten und Gemeinden ist es unübersichtlicher geworden. Die Großen verlieren, die Grünen gewinnen, heißt es auch dort. Die Suche nach stabilen Mehrheiten wird schwieriger.
Der Trend des Mammutwahlsonntags hat sich bis auf die unteren Ebenen durchgezogen. Auch bei den Gemeindewahlergebnissen zeigen sich gleiche Entwicklungen. Die CDU verliert, bleibt stärkste Kraft, die SPD verliert deutlicher. Im Saarland haben allerdings im Gegensatz zu Bundesentwicklungen die Wähler insgesamt eine vergleichsweise hohe Bindung an die großen Parteien. CDU und SPD erreichen zusammen zwei Drittel der Wähler. Beide großen Parteien gewinnen sogar noch Stimmen dazu, die CDU knapp 14.000 (insgesamt 177.000), die SPD immerhin noch ein Plus von 3.100 Stimmen (gesamt rund 155.000). Die prozentualen Verluste ergeben sich durch die deutlich höhere Wahlbeteiligung, die von 52,5 auf deutlich 63,8 Prozent gesprungen ist.
Dafür dürften eine Reihe Faktoren verantwortlich sein. Die Zusammenlegungen insbesondere mit der Vielzahl von Direktwahlen hat das Interesse, überhaupt zur Wahl zu gehen, deutlich erhöht.
Ohne Zweifel gibt es aber auch ein neu erwachtes Interesse am politischen Diskurs. Vielerorts hatten sich Parteien und Kandidaten selbst zusammengetan, um sich in Diskussionen den Wählern vor Ort zu stellen. Und ohne Zweifel war „Fridays for Future" Initialzündung für Diskussionen, die jetzt bis auf den Platz gefüllt waren, wo man vor nicht allzu langer Zeit im Wesentlichen nur bekannte Gesichter angetroffen hätte.
In Zahlen hat sich das eindrucksvoll auf dem Konto der Grünen niedergeschlagen. Die elf Prozent sind für eine Partei, die bislang, das heißt seit den Kommunalwahlen 1984, zwischen vier und sechs Prozent gependelt ist, ein beträchtlicher Erfolg. Die Dimension wird in absoluten Zahlen deutlicher. Mit einem Zugewinn von 31.600 Stimmen (auf 55.200) sind sie der klare Gewinner des Wahlsonntags.
Das dürfte zu Lasten der großen Parteien, vermutlich besonders der SPD gehen und belegt, dass der Paradigmenwechsel der Themen bis auf die Gemeindeebene reicht. Dass CDU- und SPD-Direktkandidaten das Thema „Nachhaltigkeit" plakatierten, kam nicht von ungefähr, allein die Zuschreibung der Kompetenz in diesem Bereich liegt derzeit fast monopolartig bei den Grünen. Bei allem Erfolg bleibt, wie auf Kreisebene, die Erkenntnis: Das Saarland ist kein Pflaster, auf dem die Bäume für die Grünen weit in den Himmel ragen. Das Potenzial jedenfalls ist im Ergebnis in der Landeshauptstadt zu sehen. Mit 19,9 Prozent kratzen sie dort am Bundesergebnis, sicherlich auch dank der OB-Direktkandidatin Barbara Meyer-Gluche, die mit 14,4 ein beachtliches Ergebnis erzielt, aber die Stichwahl verpasst hat.
Die Linke hält sich vergleichsweise stabil, obwohl der Landesverband in einem wenig guten Zustand ist. 6,5 Prozent bedeuten zwar prozentual ein leichtes Minus von 0,8 Punkten, in der Summe hat die Partei aber knapp 1.700 Wähler dazu gewonnen, ist mit insgesamt rund 32.500 Stimmen klar viertstärkste auf kommunaler Ebene.
Gewonnen hat auch die AfD, die bei den Gemeindeergebnissen landesweit auf 5,0 Prozent kommt (knapp 24.800 Stimmen), nachdem sie vor fünf Jahren bei zwei Prozent lag.
Die FDP hat mit einem Ergebnis von vier Prozent ihr derzeitiges Potenzial ausgeschöpft, ein Zugewinn von 8.800 Stimmen auf knapp 20.000.
In den Rathäusern der großen Städte wird eine Mehrheitsfindung nach dieser Wahl schwierig. Die Ergebnisse lassen unterschiedliche Konstellationen zu. Bemerkenswert ist die Verschiebung in Saarbrücken. Die CDU überflügelt mit 26 Prozent, wenn auch knapp, die SPD (25,2 Prozent). Die Linke büßt bei praktisch gleich gebliebener Wählerzahl an Prozenten ein (von 11,9 auf 9,6 Prozent), die Grünen erreichen fast 20 Prozent, die FDP kommt auf 5,3. Damit hätte rechnerisch nach Prozenten die Fortsetzung der rot-rot-grünen Zusammenarbeit eine deutliche Mehrheit, Jamaika (Schwarz-Gelb-Grün) bringt es zusammen auf knapp über 51 Prozent. Die Stichwahl um den Oberbürgermeisterposten dürfte wesentlichen Einfluss haben, wie man sich nun zusammenrauft im Rat der Hauptstadt.
In Neunkirchen hat die SPD deutlich verloren, kommt auf 37,2 Prozent (minus 10,6) auch die CDU hat Federn gelassen (von 30,2 auf 27,0 Prozent), auch hier legen die Grünen stark zu (von 4,4 auf 11,1 Prozent), die Linke bei 8,2, FDP bei 5,8 und eine AfD mit über zehn Prozent.
Ähnlich sieht es sich in einer Reihe anderer Städte und Gemeinden, in denen die Grünen zum Zünglein an der Waage geworden sind. Landeschef Markus Tressel sieht nicht nur einen kurzfristigen Trend fürr die Grünen, sondern einen „Themen-trend", dem auch auf kommunaler Ebene Rechnung getragen werden müsse. Für die CDU räumt Fraktionschef Alex Funk ein, dass das Ergebnis „Licht und Schatten" habe. Das Verhltnis zu jungen Wählern sei problematisch. SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn zeigt sich zwar insgesamt nicht unzufrieden mit dem Ergebnis in den Kommunen, räumt aber ein, dass es die SPD auf Bundesebene nicht schaffe, die richtigen Antworten zu geben.