Die Füchse Berlin qualifizieren sich trotz einer Pleite im Saisonfinale für den Europacup. Voll zufrieden sind die Verantwortlichen mit der Saison aber nicht.
Das Urteil war vernichtend, und es kam direkt nach dem Schlusspfiff vom eigenen Verein. „Ende. Das war nix", twitterten die Füchse Berlin nach der 25:27-Niederlage im letzten Saisonspiel gegen die HSG Wetzlar. „Am Ende fehlt das gewisse Etwas."
Dies ist auch eine passende Überschrift für die gesamte Saison des Berliner Handball-Bundesligisten, doch immerhin gab es einen „Trostpreis". Weil im Fernduell der Bergische HC gegen den neuen Meister SG Flensburg-Handewitt verlor (24:27), haben sich die Füchse doch noch für Europa qualifiziert. Der sechste Tabellenplatz berechtigt zur Teilnahme am EHF-Pokal in der kommenden Saison, doch so richtig freuen mochte sich darüber nach dem verpatzten Saisonfinale kaum jemand. „Das ist eine Riesenenttäuschung für mich. Ich hasse Niederlagen", sagte Trainer Velimir Petkovic erbost. Nationalspieler Paul Drux entschuldigte die Pleite mit den vielen Verletzungen während der Saison, „die haben uns schon belastet", so der Rückraumspieler. „Und dann fehlte uns in so einem Spiel auch einfach die Kraft." Besonders peinlich geriet die Niederlage, weil es für Wetzlar um nichts mehr ging und die Mannschaft die elftägige Ligapause vorher zu einem Kurztrip nach Mallorca genutzt hatte, während die Berliner fleißig in der Halle schufteten …
„Das ist eine Riesenenttäuschung"
Vor dem Anpfiff wurden Erik Schmidt (zu Magdeburg), Bjarki Elisson (Lemgo) und Malte Semisch (Minden) verabschiedet. Elisson hatte zuletzt mit ungewohnt offenen Worten für Aufsehen gesorgt, die zwischenmenschliche Probleme im Club offenbarten. „Ehrlich gesagt interessiert mich die Zukunft der Füchse nicht, weil ich bald kein Mitglied dieses Vereins mehr sein werde", sagte der Linksaußen.
Klar ist: Die abgelaufene Saison war keine, an die sich die Verantwortlichen noch gerne länger erinnern werden – trotz Finaleinzug im EHC-Pokal und dem respektablen Halbfinal-Aus im DHB-Pokal jeweils gegen den späteren Sieger THW Kiel. Dafür gab es zu viele Rückschläge, Verletzte und auch Streit. Der Europacup-Einzug überdeckt nur die Probleme. „Wenn wir die Qualifikation für Europa nicht schaffen", hatte Petkovic im Vorfeld des letzten Spiels gesagt, „machst du dir die ganze Saison kaputt."
Die Berliner haben nun ihr Minimal-Ziel erreicht. Der Wunsch nach der Champions League blieb zwar unerfüllt, doch angesichts der fehlenden Konstanz trauert kaum ein Fuchs der Königsklasse hinterher. Man hat sie in diesem Jahr schlichtweg nicht verdient.
Die Vorbereitungen auf das packende Saisonfinale standen für die Füchse unter keinem guten Stern. Elf Tage Pause lagen zwischen der Partie gegen Wetzlar und dem vorangegangenen Spiel. „Das ist nicht einfach", stöhnte Trainer Petkovic. Der Bosnier gab zu, dass seine Spieler in bestimmten Momenten schon im Urlaubsmodus waren: „Ich kann meine Jungs nicht die ganze Zeit Fußball spielen lassen, da muss auch mal der Handball her." Die Begeisterung über die Extra-Trainingseinheiten hielt sich zwar in Grenzen, aber die Hoffnung auf die Europacup-Teilnahme sorgte für die notwendige Motivation bei den Berlinern. Die Pause war deshalb so lang, weil zwischen den beiden letzten Ligaspieltagen das Final Four der Champions League in Köln geschoben wurde. Dadurch verlängert sich die Saison um eine Woche, und die ohnehin stressgeplagten Handballer bekommen in diesem Sommer noch weniger Urlaub und damit weniger Zeit zur Regeneration. „Einige kommen im Juli nach ihrem kurzen Urlaub zurück und haben sich gar nicht richtig auskuriert, starten direkt mit kleinen Verletzungen in eine harte Saison", mahnte Petkovic in der „Berliner Morgenpost". Schon in der abgelaufenen Spielzeit hatten die Füchse mit reichlich Verletzungspech zu kämpfen gehabt.
Ungeachtet des Ausgangs im Saisonfinale trieben die Füchse ihre Personalplanungen für die Saison 2019/20 seit Wochen voran. Der dänische Nationalspieler Jacob Holm zum Beispiel verlängerte seinen Vertrag vorzeitig bis 2024. „Er passt in die Philosophie der Füchse, und ich bin mir sicher, dass wir noch viel Freude mit ihm haben", sagte Geschäftsführer Bob Hanning. Der 23 Jahre alte Rückraumspieler Holm bestritt 34 Bundesligaspiele und erzielte dabei 116 Tore. Nur sein dänischer Landsmann Hans Lindberg traf häufiger (160). Aus dem eigenen Nachwuchs wird Talent Torben Matzken mit einem Profivertrag ausgestattet.
„Perspektivisch optimal aufgestellt"
Der Königstransfer ist aber ein anderer. Ende Mai überraschten die Füchse mit der Meldung, dass sie den serbischen Torhüter Dejan Milosavljev verpflichten konnten. Der 23-Jährige war ein Garant dafür, dass der mazedonische Club Vardar Skopje beim Final Four in Köln zum zweiten Mal nach 2017 die Champions League gewann. Vor allem im Halbfinale gegen den FC Barcelona (29:27) überragte der Torwart mit 15 Paraden und einer Quote von 38 Prozent gehaltener Würfe. Zum Lohn wurde Milosavljev trotz einer Schwächephase im Finale gegen den ungarischen Vertreter Telekom Veszprem (27:24) ins Allstar-Team der Königsklasse gewählt. „In dieser Saison war nur der Himmel die Grenze", schrieb er auf Instagram. Ab Juli testet der hochtalentierte Torhüter (Vertrag bis 2024) die Grenzen bei den Füchsen Berlin. „Die Bundesliga ist eine sehr große Herausforderung, in der die Füchse einen unglaublichen Stellenwert einnehmen", sagte Milosavljev, der in Berlin auf seinen Landsmann Mijajlo Marsenic trifft. Bei so einem Weltklasse-Mann hatte der Bundesligist nur eine Chance, weil der Hauptsponsor von Vardar Skopje sich zum Ausstieg entschloss. Geschäftsführer Bob Hanning griff sofort zu, zumal der aufstrebende Schlussmann mittels eines privaten Sponsors finanziert wird. Dieser trägt die gesamten Kosten des Transfers und des ersten Vertragsjahres komplett. „Er ist eines der größten europäischen Torwarttalente, das durch seine Spitzenleistungen den Talentestatus sogar schon abgelegt hat", schwärmt Trainer Petkovic. Manager Hanning sieht durch diesen Wechsel das Team „perspektivisch optimal aufgestellt".
Nach aktuellem Stand gehen die Füchse mit dem Torwart-Trio Milosavljev, Silvio Heinevetter und Martin Ziemer in die neue Saison. Doch natürlich war die Verpflichtung des Serben auch ein klares Zeichen an Heinevetter. Der deutsche Nationalspieler, der bei der MT Melsungen bereits einen Vertrag ab Sommer 2020 unterschrieben hat und zuletzt mit Hanning öffentlich aneinandergeraten war, dürfte nur noch die Nummer zwei in Berlin sein. Eine sehr teure Nummer zwei, bedenkt man das üppige Jahresgehalt von geschätzten 400.000 Euro für den Freund von Schauspielerin Simone Thomalla. Hanning spielt den Ball an Heinevetter weiter. „Nach jetzigem Stand der Dinge wird da nichts mehr passieren", sagte der Füchse-Manager und fügte mehrdeutig an: „Nicht von unserer Seite."