Immer nur an den Wannsee? So ein Quatsch, es gibt genügend andere Seen! Aber wo macht der Sprung ins kalte Wasser am meisten Spaß? Und wie kommt man an die Strände in Berlin und rundherum? Ein kleiner Bade-Guide.
Gelobt sei die Eiszeit – ohne sie wären die vielen brandenburgischen Seen nicht entstanden. Gewaltige Gletscher aus Skandinavien bewegten sich vor etwa 24.000 Jahren nach Süden. Sie rutschten über das Land, schrammten Rinnen in den Grund und formten die Urstromtäler, in denen heute Spree und Havel fließen. Bis es um das Jahr 10.000 v. Chr. auf einmal um zehn Grad wärmer wurde – die Eiszeit war vorbei. Die gewaltigen Eisblöcke blieben liegen, das Schmelzwasser schwemmte das Gestein aus, es entstanden die Hohlformen für die vielen Seen. Zum Beispiel für den Tegeler See oder den Werbellinsee und die vielen anderen Gewässer, die mitunter gar nicht mal so tief sind, aber sich weit ausbreiten. Umso besser zum Baden, gerade auch mit Kind und Kegel. Wir alle profitieren von Seen satt – hier haben wir uns auf sieben der schönsten und am besten erreichbaren beschränkt.
Dass es mal ein Hai in den Müggelsee geschafft hat, war ein Gag von ein paar Filmemachern – angeblich wollte man so den Tourismus ankurbeln. Das braucht es eigentlich gar nicht, gerade die Ostberliner schätzen „ihren" See nach wie vor als Ausflugsort sehr. Am Ufer des Müggelsees bieten sich zahlreiche Orte zum Baden an. Zum Strandbad Müggelsee haben Badegäste freien Eintritt, seit es keinen Betreiber mehr gibt. Das Strandbad wird saniert und soll im Glanz der 30er-Jahre neu entstehen. Westlich des Strandbades Müggelsee unter dem Steilufer gibt es einen FKK-Bereich. Auch das Strandbad Friedrichshagen am Seeufer gegenüber bietet Sand und Urlaubsfeeling. Der Müggelsee ist der größte der Berliner Seen und gehört zum Bezirk Treptow-Köpenick.
Anfahrt: Vom Alexanderplatz mit der S3 zum S-Bahnhof Friedrichshagen. Die Tramlinie 61 bringt Badegäste direkt zum See (Pkw-Stellplätze kaum vorhanden).
Der zweitgrößte See Berlins nach dem Müggelsee ist nicht der Wann-, sondern der Tegeler See. Obwohl große Teile seines Ufers in der Hand von Wassersportvereinen, Bootsbesitzern, Yachtclubs und Hotels sind, lohnt es sich, die verstreuten Badestellen zu besuchen. Im See befinden sich insgesamt neun Inseln. Einige davon beheimaten Ausflugslokale, die man bequem mit der Fähre erreichen kann. An der Greenwichpromenade legen Dampfer ab, die über den See und immer der Havel nach bis nach Potsdam fahren – denn auch der Tegeler See ist eine Ausbuchtung der Havel. Das Strandbad Tegel ist derzeit geschlossen, seit Jahren tobt ein Streit ums Geld für die Renovierung. Dennoch ist es möglich, auch hier ins Wasser zu waten. Die Badestelle Saatwinkel hat einen großen Badestrand mit feinem Sand, es geht flach ins Wasser, und es gibt einen markierten Schwimmbereich. Rund um den See befinden sich eintrittsfreie Badestellen, die durch die DLRG gesichert werden.
Anfahrt: U6 bis Holzhauser Straße oder Alt-Tegel, weiter mit Bus oder Fahrrad
Hier hat sich schon Einstein im Sommer abgekühlt – im Schwielowsee. Caputh, der Sommersitz des Gelehrten, Ferch und Geltow bilden die gleichnamige Gemeinde. Eigentlich ist er ja kein See, sondern ein ausgebeultes Stück Havel. Dieser träge Fluss macht vom Templiner See kommend einen Bogen, verbreitert sich, fließt nordwestlich unter der Baumgartenbrücke weiter – und heißt von da an wieder Havel. Am See gibt es bewachte Strandbäder (mit Eintritt), aber auch genug Stellen, wo man einfach so ins Wasser spazieren kann.
Anfahrt: Der Schwielowsee liegt südlich von Potsdam und ist mit S- oder Regionalbahn und Fahrrad leicht zu erreichen. Einfach in Potsdam aussteigen, über die Lange Brücke radeln und dann immer nach Süden, schon sieht man die ersten Badestellen.
Wer es klassisch mag, fährt nach Bad Saarow. Das 70 Kilometer südöstlich von Berlin gelegene Städtchen mit seinen klassizistischen Villen, dem Thermalbad und dem Moorheilschlamm war schon zu Kaiser Wilhelms Zeiten eine beliebte Sommerfrische für die Berliner. Zugänge zum Scharmützelsee gibt es reichlich, allein in Bad Saarow sind acht öffentliche Badestellen ausgewiesen, auch für FKK. Bei jedem Wetter ist Baden im Freizeitbad Schwapp in Fürstenwalde und in der Saarow-Therme möglich. Beliebt ist der Radweg rund um den See, welcher mit seinen sanften Hügeln auch für Kinder zu bezwingen ist. Da sollte man die Badesachen dabei haben, denn Schwimmen und Planschen ist fast überall möglich.
Anfahrt: Mit der Regionalbahn 1 bis Fürstenwalde, dort mit dem Bus weiter bis Bad Saarow. Dauer: eine Stunde und 20 Minuten.
Extrem klares Wasser, Sandstrand, ein Biergarten am Wasser, schattige Stellen unter großen Bäumen – was will man mehr von einem Badestrand? Der Sacrower See ist für die Heilandskirche bekannt, die allerdings nicht in den See, sondern in die Havel hinein gebaut ist. Der See liegt nördlich davon und ist als Badesee eigentlich nicht so populär. Denn er ist nicht leicht zu erreichen – was ein Glück für die ist, die es dennoch geschafft haben. Parkplätze gibt es kaum, wildes Parken wird streng geahndet, öffentliche Verkehrsmittel enden in Kladow. Doch das muss kein Nachteil sein.
Anfahrt: Wer vom Bahnhof Wannsee mit der Fähre hinüber nach Kladow schippert und sein Rad dabei hat, ist auf der sicheren Seite. Denn per Rad lassen sich die Uferstellen, an denen es ins kühle Nass geht, eigentlich bequem erreichen – wenn man sattelfest ist. Die Waldwege sind mitunter schwer befahrbar.
Bei den Mächtigen war der See immer schon beliebt: Göring legte hier eine Urwaldlandschaft für Wisente an. Honecker empfing Helmut Schmidt 1981 im Jagdhaus Hubertusstock am Werbellinsee. 1952 entstand an seinem östlichen Ufer die „Pionierrepublik Wilhelm Pieck", ein sozialistisches Vorzeige-Freizeitzentrum für Kinder und Jugendliche. Sechs Wochen im Sommer übten sich hier die jugendlichen Ernst-Thälmann-Pioniere in Sport und Marxismus-Leninismus. Nach der Wende übernahm das Land Brandenburg. Heute ist daraus die Europäische Jugend- und Erholungsstätte Joachimsthal geworden, natürlich mit direktem Zugang zum See. Rund um den Werbellinsee gibt es acht offizielle Badestellen und Strände, außerdem einige kleinere wilde und naturbelassene Stellen, die nur zu Fuß erreichbar sind. Je nach Vorliebe kann der Besucher ruhige Badewiesen zum Entspannen textilfrei nutzen, aber auch die Strände mit Sport, Spielplatz, Eiswagen und Imbissangebot.
Anfahrt: Die rund 60 Kilometer aus Berlin legt man mit der Regionalbahn R 3 ab Berlin Hauptbahnhof bis Eberswalde in einer Stunde zurück. Im Sommer fährt ein Ausflugsbus mit Fahrradanhänger um den Werbellinsee herum. Er bringt Besucher ab Eberswalde zu allen Orten und Sehenswürdigkeiten am See. Die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) fährt stündlich von Eberswalde nach Joachimsthal.
Der Liepnitzsee bei Wandlitz war lange ein Geheimtipp – heute ist er einer der beliebtesten und saubersten Badeseen der Berliner. Das Wasser ist glasklar. Wer möchte, kann beim Schwimmen unter sich die Fischwelt beobachten: Hechte, Maränen, Rotfedern, auch Krebse. Zur Erhaltung der vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt sind auf dem See keine Motorboote erlaubt. Nur die dieselgetriebene Fähre „Frieda" tuckert zur mitten im See gelegenen Insel Großer Werder. Das offizielle Strandbad, das Waldbad, liegt am Westufer. Wer will, kann beim Bootsverleih am Eingang zum Waldbad Ruderboote, Kajaks, Kanus oder Tretboote ausleihen. An manchen Stellen, zum Beispiel am Nordufer, findet man noch einsame Badestellen, zu denen sich nur wenige Leute verirren.
Anfahrt: Der Liepnitzsee liegt acht Kilometer nördlich von Berlin. Mit der Heidekrautbahn (RB 27) ab Gesundbrunnen bis Wandlitz (etwa eine Stunde) und von dort zu Fuß zum Waldbad am Liepnitzsee. Alternativ mit der S-Bahn bis Bernau fahren, dann per Bus bis zur Waldsiedlung und von dort aus weiter zu Fuß. Beide Fußwege dauern etwa
30 Minuten.