Welches Kind bekommt in einer Zirkusvorstellung keine leuchtenden Augen, und wer würde nicht gerne einmal selbst in der Manege stehen? In der Zirkusschule Kokolores wird dieser Traum wahr – nicht nur in den Sommerferien.
Noch ist das kleine Zirkuszeltdorf in Saarbrücken-Malstatt verwaist, doch schon bald werden junge Zirkusartisten das Gelände mit Leben füllen. Hier hat die Zirkusschule Kokolores sozusagen einen Dauerstellplatz. Zum Inventar des kleinen Mitmach-Zirkus gehören ein dreiteiliges Zelt in leuchtendem Gelb und Rot sowie drei bunt angestrichene Zirkuswagen. Kokolores will unter anderem jungen Menschen – aber auch Erwachsenen – alle Sparten des Zirkus’ auf spielerische Weise näherbringen. Angefangen bei der Jonglage mit Tellern, Tüchern, Keulen, Bällen, Diabolos, Devilsticks und Feuerkeulen über das Bauen von akrobatischen Menschenpyramiden, Balancieren auf einer Laufkugel oder einem Lauf-seil, Laufen auf Hochstelzen, Clownerie, Luftartistik auf dem Trapez bis zum Einrad- und Hochradfahren ist alles dabei.
„Wir legen einen deutlichen Schwerpunkt auf Jonglier- und Balance-Angebote sowie die Akrobatik und Luftartistik", sagt Marco Weibel, Vorstandsmitglied vom Verein für Spiel und Theater, dem Trägerverein der Zirkusschule Kokolores. Die Zirkusschule finanziert sich über Zuschüsse der öffentlichen Hand und ist auf Spenden und Sponsoren angewiesen. Ein zehnköpfiges engagiertes Team – mitsamt den drei Vorstandsmitgliedern – leitet die Zirkusschule als Hobby. Unter anderem kümmern sich die Teammitglieder um die Planung und Organisation der Angebote.
Interessierte können sich bei der Zirkusschule für Tages- oder mehrwöchige Kurse, zum Beispiel Jonglier-Balance oder zur Luftartistik-Akrobatik-Clownerie, anmelden und werden dann in ihren Kurs eingeführt. Die Tageskurse finden von April bis November statt, die mehrwöchigen von November bis April. Die Teilnahme an diesen endet mit zwei gemeinsamen Vorstellungen. Möglich ist auch, die Zirkusschule für Kinder-, Schul- oder Betriebsfeste zu buchen. „Zu den Festen nehmen wir meist das Jongliermaterial mit und weniger die Ein- oder Hochräder", erklärt Weibel.
Jeden Freitagnachmittag trifft sich in der Zirkusschule die Präsentationsgruppe zum Üben und Ausprobieren. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen intensivieren dort ihre Kenntnisse und entwickeln Auftritte, die dann auch andere Einrichtungen vor Ort buchen können.
Spaß entscheidend, nicht Perfektion
Freitagabends geht es in den Zelten weiter mit dem offenen Treff. Dann treffen sich Interessierte mit Vorkenntnissen, die verschiedene Zirkuskünste wie Jonglieren, Luftartistik oder Akrobatik für sich oder gemeinsam mit anderen ausprobieren und weiterentwickeln wollen.
Während der Sommerferien bietet die Zirkusschule Kokolores ein ganz besonderes Programm – ansonsten läuft während der Ferienzeit kein normales Programm. In Kooperation mit dem Jugendamt des Regionalverbandes Saarbrücken veranstaltet die Zirkusschule Kokolores vom 1. bis zum 5. Juli eine Zirkuswoche. „In diesem Jahr werden wahrscheinlich 19 Kinder im Alter zwischen sechs und 14 Jahren dabei sein", sagt Marco Weibel.
Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen haben eine ganz unterschiedliche soziale Herkunft, wie Weibel berichtet. In den Kursen gäbe es ebenso Kinder aus ärmeren Familien wie solche aus Flüchtlings- und Migrantenfamilien und aus gut situierten Familien. „Wir beobachten auch im Sozialverhalten der jungen Menschen ein breites Spektrum, das von sehr angepassten und interessierten bis hin zu sehr verhaltensauffälligen Kindern mit emotionalen Störungen, wenig Geschicklichkeit und Ausdauer reicht", ergänzt Weibel. Die ausgebildeten Pädagogen und Sozialarbeiter im Team der Zirkusschule fangen in den Kursen diese eher schwierigen Kinder auf. In der Zirkusferienwoche können die zirkusbegeisterten jungen Teilnehmer alle Sparten ausprobieren. „Das Spezielle an diesem Sommerferienangebot ist, dass das Ganze am letzten Tag mit einer Präsentation endet", sagt Weibel. Eltern, Freunde und Interessierte dürfen zur Abschlussvorstellung kommen. Zweite Besonderheit: Je nach Alter und Reife können Kinder ab zwölf Jahren auch mit den Feuerkeulen arbeiten. „Zum einen wollen wir ihnen die Möglichkeit bieten, es zu testen, und zum anderen wollen wir sie für die Gefährlichkeit der Feuerkeulen sensibilisieren", sagt Weibel. Falls Interesse besteht, können die Kids auch in Clownerie und Zaubern hineinschnuppern.
Weibels Resümee: „Insgesamt haben wir den Eindruck, dass das Programm in der Breite von allen sehr gut angenommen wird." Besonders hoch im Kurs stünden bei den jungen Menschen das Trapez und das Trapeztuch, die Laufkugel, das Einrad, das Jonglieren und die Hochstelzen. Der spielpädagogische Ansatz des freien Trägers der Jugendhilfe ist entscheidend für die Arbeit mit den heranwachsenden Menschen.
„Bei uns stehen der Spaß und die Freude am Ausprobieren im Vordergrund. Ob eine Zirkusnummer gelingt, ist weniger wichtig", sagt Weibel. Stattdessen sei es für Kinder und Jugendliche wichtig, mit Frustration umzugehen, wenn ihnen nicht auf Anhieb etwas gelingt. Gerade bei enttäuschenden Erlebnissen stehen die Kursleiter unterstützend zur Seite. Entscheidend sei auch ein friedlicher und respektvoller Umgang miteinander. „Die einzelne und individuelle Leistung, die die Kinder zeigen können, ist allein schon lobens- und anerkennenswert. Dabei ist es ganz egal, wie toll oder wenig gelungen sie ist", stellt Weibel klar.
Nicht nur für die Ferienbetreuung und Freizeitgestaltung leistet die Zirkusschule Kokolores einen großen Beitrag, sie setzt sich auch für die Vernetzung der Zirkusgruppen im Saarland, Frankreich und Luxemburg ein. Alljährlich im Juni veranstaltet Kokolores einen Zirkus-Aktionstag, der sich an die bisherigen Kursteilnehmer, die Kinder der anderen Zirkusgruppen und deren Betreuer richtet. Die Zirkusschule Kokolores stellt ihre Aktivitäten und ihr Programm außerdem am 15. September von 15 bis 18 Uhr bei einem Tag der offenen Tür auf ihrem Gelände in der Stromstraße 10 in Saarbrücken vor. Außerdem ist sie anlässlich des Welt-Kinder-Tages am 25. August von 11 bis 18 Uhr im Deutsch-Französischen-Garten mit einem Mitmach-Angebot vertreten.