In den kommenden Jahren müssen über 43 Millionen Führerscheine umgetauscht werden. Die neuen EU-Lizenzen gibt es nicht kostenlos. Und: Nicht jede Fahrberechtigung wird automatisch übertragen.
Wer heute noch mit einem grauen oder rosafarbenen Papierführerschein unterwegs ist, muss sich auf kurz oder lang von ihm trennen. Der Umtausch zum Scheckkartenformat ist Pflicht – für die einen früher, für die anderen später. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie, die Deutschland nun umsetzt. Bis spätestens 19. Januar 2033 sind alle Führerscheine umzutauschen, die vor Mitte Januar 2013 ausgestellt wurden. Abhängig vom Geburtsjahr des Besitzers oder Ausstellungsjahr des Dokuments müssen viele Lappen schon eher eingetauscht werden.
Es gehe um rund 15 Millionen Papierführerscheine aus der Zeit bis 1998 und weitere 28 Millionen Plastikkarten, die zwischen Januar 1999 und 2013 ausgestellt wurden, schätzt Gerrit Reichel vom Automobil-Club Verkehr (ACV). Als Grund für den Umtausch nennt das Bundesverkehrsministerium die Vereinheitlichung innerhalb der Europäischen Union, wo derzeit noch mehr als 110 unterschiedliche Führerscheinformate im Umlauf seien. Ein länderübergreifendes Format erleichtere die Kontrollen. Der neue EU-Führerschein sei auch besonders fälschungssicher.
Alte Klassen verschwinden
Mit dem Umtausch werden die alten Fahrklassen endgültig zu Grabe getragen. „Statt der alten Fahrerlaubnisklasse 3 hat der Führerscheininhaber zukünftig die Pkw-Klassen B, BE, C1, C1E, M, und L auf seiner Karte stehen", erläutert Jürgen Kopp von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände. „Hat er die Prüfung vor dem 1. April 1980 gemacht, kommen auch noch die Zweiradklassen A1 und AM dazu." Niemand muss laut Kopp aber befürchten, durch den Umtausch seine Fahrerlaubnis zu verlieren. Dies sei rechtlich gar nicht möglich. „In Deutschland gibt es ein Besitzstandsrecht", erklärt er. „Eine einmal erlangte Fahrberechtigung bleibt, es wird lediglich das Dokument dafür getauscht."
Allerdings werden Fahrberechtigungen, die per Antrag erteilt werden, nicht automatisch auf den neuen EU-Führerschein übertragen. Besitzer eines alten 3er-Führerscheins zum Beispiel konnten über den Zusatz CE 79 Lastzüge mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 18,5 Tonnen fahren. „Diese Fahrberechtigung gibt es beim Umtausch nur auf gesonderten Antrag. Ab dem 50. Lebensjahr ist hierzu außerdem eine Gesundheitsuntersuchung notwendig", erklärt Kopp.
Einen Nachweis über alle erlangten Fahrberechtigungen erhält man im Zweifel immer über eine Karteikartenabschrift der Behörde, die den Führerschein ursprünglich ausgestellt hat. Wer die Fahrprüfung in einem Automatikwagen gemacht hat, muss damit rechnen, dass im neuen Führerschein eine entsprechende Einschränkung durch die Schlüsselzahl (SZ) 78 vermerkt wird. Grundsätzlich geben diese klein aufgedruckten Zahlen in dem neuen Führerschein über Einschränkungen oder Erweiterungen Auskunft. SZ 01 beispielsweise bedeutet, dass eine Brille beim Fahren erforderlich ist, und SZ 172 berechtigt den Führerscheininhaber zum Fahren von Bussen – allerdings ohne Fahrgäste. Eine Übersicht zu den Schlüsselzahlen bieten Fahrschulen und Verkehrsclubs, der ADAC hat online eine zusammengestellt. Für den Umtausch notwendig sind ein biometrisches Passfoto, der aktuelle Führerschein sowie der Personalausweis oder der Reisepass. „Damit es bei den Führerscheinbehörden nicht zu einem Bearbeitungsstau kommt, erfolgt der Umtausch bei den älteren Dokumenten gestaffelt nach dem Geburtsjahr", sagt Reichel. Bei allen Führerscheinen, die ab dem 1. Januar 1999 ausgestellt wurden, entscheidet dagegen das Ausstellungsjahr über die Umtauschfrist.
Neue immer nur 15 Jahre gültig
Zu beachten ist: Der neue EU-Führerschein ist im Gegensatz zu den bisherigen Fahrberechtigungen nicht mehr unbegrenzt gültig. Nach 15 Jahren muss das ausgestellte Dokument erneuert werden. Grund für die Befristung ist dem ADAC zufolge die Fälschungssicherheit. Auch das neue Dokument werde dann wieder ohne Prüfung und Gesundheitsuntersuchung ausgestellt.
Ob dies tatsächlich langfristig so bleibt, davon ist Verkehrsrechtlerin Daniela Mielchen aus Hamburg nicht überzeugt. „Die Befristung beinhaltet eine gute Möglichkeit, hier absehbar auch eine Fahreignungsprüfung einzubauen", sagt sie. „Beispielsweise für Führerscheininhaber ab dem 70. oder 75. Lebensjahr." Die Einführung einer Art Seniorentest sei in jedem Fall denkbar.
Kritik ruft hervor, dass der Umtausch des Führerscheins nicht kostenlos ist. „Die 25 Euro sind einer von mehreren unerfreulichen Aspekten bei diesem Zwangsumtausch", moniert ACV-Mann Reichel. „Es wäre stattdessen fair, den Umtausch auf freiwilliger Basis anzubieten und nur neue Dokumente vom Führerscheininhaber bezahlen zu lassen." Der ADAC ist der Ansicht, dass die Gebühr nachvollziehbar sei. Wer den Umtauschtermin verstreichen lässt und bei einer anschließenden Kontrolle keinen neuen EU-Führerschein vorzeigen kann, riskiere nach jetzigem Stand ein Verwarngeld in Höhe von zehn Euro, erklärt Mielchen. „Als Fahren ohne Führerschein wird dies nicht angesehen." Es sei vergleichbar damit, wenn jemand seinen Führerschein zu Hause vergessen habe. Eine Aufforderung per Post zum rechtzeitigen Umtausch wird es laut ADAC nicht geben. Jeder Autofahrer ist also selbst gefordert, sich darum zu kümmern.