Die Beachvolleyball-WM in Hamburg zählt zu den Höhepunkten des Sportsommers. Aber ausgerechnet in diesem Jahr schwächeln vor allem die deutschen Frauenteams. Olympiasiegerin Laura Ludwig hat mit ihrer neuen Partnerin Margareta Kozuch dennoch große Pläne.
Was wäre Hamburg ohne das Wasser? Die Lage an Elbe und Alster, die vielen Brücken und Kanäle und natürlich der weltberühmte Hamburger Hafen machen die Stadt zu einer besonderen Perle. Da überrascht es nicht, dass die letzte große Werbeaktion vor der Beachvolleyball-WM in genau diesem Element stattfand. Drei Wochen vor Beginn der Weltmeisterschaften (ab 28. Juni) traten Deutschlands Olympiasiegerin Laura Ludwig und ihre Partnerin Margareta Kozuch Anfang des Monats zu einem Showmatch auf dem Wasser an. Zusammen mit dem tschechischen Team Marketa Slukova und Barbora Hermannova spielte sich das Duo auf einem Feld die Bälle zu, das auf einem Ponton von einem Boot auf dem Fluss durch Hamburg gezogen wurde. „Es war einmalig! Es war sehr eindrucksvoll vor der Elbphilharmonie", sagte Ludwig. Und Kozuch fügte hinzu: „Es war ein bisschen schwierig, die Balance zu halten, da sich alles bewegte. Es war aber ein großer Spaß, mitten auf der Elbe Beachvolleyball zu spielen."
„Es war ein bisschen schwierig, die Balance zu halten"
Die Zuschauer konnten sich vom Ufer oder von Booten aus ein Bild von dem Spektakel machen. Die Vorfreude auf das Weltturnier in der Hansestadt dürfte dadurch weiter gestiegen sein. Zum zweiten Mal nach der WM 2005 in Berlin werden die Weltmeisterschaften in Deutschlands ausgetragen. „Es wird ein großartiges Turnier, auf das sich die Sportfans in ganz Deutschland freuen können", sagt René Hecht, der Präsident des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV). Für Hamburgs Innen- und Sportsenator Andy Grote ist die Beachvolleyball-WM sogar „der fantastische Höhepunkt dieses Sport-Sommers."
Tatsächlich war Beachvolleyball bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro (Brasilien), als Laura Ludwig zusammen mit Kira Walkenhorst die Goldmedaille gewann, die Sportart mit den höchsten Einschaltquoten im deutschen Fernsehen. Neben der Turn-WM im Oktober in Stuttgart handelt es sich zudem um die einzige Weltmeisterschaft in einer olympischen Sommersportart, die in diesem Jahr in Deutschland stattfindet. Bei der Handball-WM im Januar war neben Deutschland auch Dänemark Gastgeber, wo auch das Endspiel stattfand; in den Wintersportarten war Winterberg Gastgeber der Rodel-WM. Der Stellenwert der Beachvolleyball-WM zeigt sich auch darin, dass Aldi Nord als Hauptsponsor eingestiegen ist. Es ist das erste Sportereignis, für das sich der Discounter jemals engagiert hat.
Für Laura Ludwig, die in Hamburg lebt und für den Hamburger SV antritt, bietet sich damit ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes die Gelegenheit, ihren WM-Titel von 2017 in der eigenen Stadt zu verteidigen. „Ich nehme es mal als Zeichen, dass Teos erster Geburtstag genau auf den ersten Tag der Weltmeisterschaft fällt", sagte sie dem „Hamburger Abendblatt". Beim Turnier vor zwei Jahren im österreichischen Wien hatte sie gemeinsam mit Kira Walkenhorst die Goldmedaille gewonnen. Es war der erste Titel eines deutschen Frauenteams in der WM-Geschichte. Bei den Männern hatten zuvor 2009 in Stavanger (Norwegen) Julius Brink und Jonas Reckermann ebenfalls triumphiert.
Zur Heim-WM tritt Ludwig allerdings nicht mehr mit Walkenhorst an, die aufgrund anhaltender Verletzungen ihre Karriere beendet hat. Die neue Partnerin an der Seite der 33-Jährigen heißt seit dieser Saison Margareta Kozuch. 2017 spielten die beiden schon einmal zusammen, als Kozuch die damals erkrankte Kira Walkenhorst beim Major-Turnier in Porec (Kroatien) vertrat. Es war die erste Saison Kozuchs im Sand, die davor viele Jahre lang zu den besten Hallenspielerinnen der Welt gehörte und unter anderem 336 Mal für das Nationalteam auflief. Zweimal war sie Vize-Europameisterin in der Halle, ehe sie sich für eine Beachkarriere entschied.
Kozuch lief 336 Mal für das Nationalteam in der Halle auf
Zuletzt hatte Margareta Kozuch mit Karla Borger zusammengespielt. Der Wechsel an die Seite von Laura Ludwig setzte nun eine ganze Wechseltirade in Gang, die von einigen Medien in Anspielung auf die gleichnamige Fernsehsendung ironisch als „Frauentausch" bezeichnet wurde. Karla Borger tat sich neu mit Julia Sude zusammen, die sich dafür von Chantal Laboureur trennte; diese wiederum musste sich mit Sandra Ittlinger eine neue Spielpartnerin suchen. Auf einmal stand die Beachvolleyballerin des Jahres 2018, die im vergangenen Jahr sogar kurzzeitig Platz eins der Weltrangliste innehatte, als Verliererin des Personalkarussells da. Der „Berliner Morgenpost" sagte Laboureur: „Mir hatte Julias Wechselentscheidung den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich eine Kämpferin bin. Ich sehe mit Sandra großes Potenzial, auch für ganz oben. Und der Druck liegt ja eher bei den anderen Teams, die sich so dringend verbessern wollten."
Bislang ist allerdings eher das Gegenteil eingetroffen. Ausgerechnet im Jahr der Weltmeisterschaften im eigenen Land schwächeln die deutschen Frauenteams – beim Weltserienturnier in Ostrava (Tschechien) schieden sie vier Wochen vor dem WM-Start sogar komplett in der Vorrunde aus und konnten dabei kein einziges Gruppenspiel gewinnen. Das hatte es davor noch nie gegeben. Verbandspräsident René Hecht bleibt zwar zuversichtlich: „Trotz aller Wechsel blicke ich sehr optimistisch auf die nächsten Monate und die Weltmeisterschaft. Wir haben im Frauenbereich eine unglaublich hohe Qualitätsdichte. Auch in den neuen Team-Konstellationen steckt sehr großes Potenzial", sagt er. Das ursprüngliche Ziel, mit beiden Geschlechtern mindestens mit einem Team jeweils das Halbfinale zu erreichen, wurde zuletzt dennoch nach unten korrigiert. „Viertelfinale wäre auch schon schön", meint nun DVV-Sportdirektor Niclas Hildebrandt.
Immerhin können sich die Gastgeber auf ihren Heimvorteil verlassen. Bis zu 12.000 Zuschauer können auf dem Center Court am Hamburger Rothenbaum dabei sein, es ist die größte Arena der WM-Geschichte. Normalerweise wird auf der Anlage Tennis gespielt, doch sie diente auch schon drei Mal als Austragungsort für die World Tour im Beachvolleyball. 2017 und 2018 fand in Hamburg sogar jeweils das Finale der World Tour statt. Der Eintritt zu den WM-Spielen ist frei. Die Vorrunde wird bei Männern und Frauen jeweils in zwölf Gruppen à vier Teams ausgespielt, von denen sich die Gruppenersten und -zweiten sowie die vier besten Gruppendritten für die Runde der letzten 32 qualifizieren. Die verbleibenden acht Gruppen-dritten spielen die restlichen vier Plätze aus, ehe es bis zu den Endspielen am 7. Juli im K.-o.-System weitergeht.
Der Eintritt zu den WM-Spielen ist frei
Insgesamt sind zehn deutsche Teams am Start. Noch mehr waren es bislang nur bei der WM 2015, als in Berlin sogar 13 DVV-Duos mitmischten. Bei den Frauen hatten sich Chantal Laboureur/Sandra Ittlinger, Karla Borger/Julia Sude, Victoria Bieneck/Isabel Schneider sowie Kim Behrens/Cinja Tillmann sportlich qualifiziert. Laura Ludwig und Margareta Kozuch (HSV) hatten die direkte Qualifikation knapp verpasst, sind allerdings per Wildcard ebenso dabei wie das noch sehr junge Duo Leonie Körtzinger/Sarah Schneider. Bei den Männern waren über die Weltrangliste nur die deutschen Meister Julius Thole und Clemens Wickler direkt qualifiziert, den zweiten garantierten Startplatz des Ausrichters erspielten sich Nils Ehlers und Lars Flüggen. Auch dort rutschten mit Philip-Arne Bergmann/Yannick Harms sowie Alexander Walkenhorst/Sven Winter zwei weitere Teams per Wildcard ins Feld.
Die Hoffnungen bei den Männern ruhen dabei insbesondere auf Julius Thole und Clemens Wickler, die in der Weltrangliste momentan auf Platz elf stehen. Beim Turnier in Ostrava konnten sie unlängst gegen das derzeit weltbeste Duo Anders Mol und Christian Sørum lange Zeit gut mithalten, auch wenn die Norweger am Ende den Sieg davontrugen. Als Weltranglistenerste, World-Tour-Sieger und Gewinner der vergangenen drei Vier-Sterne-Turniere gelten Mol/Sørum auch bei den Weltmeisterschaften als Topfavorit. Im Frauen-Wettbewerb finden sich unter den ersten zehn der Setzliste unter anderem zwei amerikanische Duos sowie gleich vier brasilianische Teams. Als derzeit Zweite der Weltrangliste haben aber auch die Tschechinnen Slukova/Hermannova gute Chancen, die bereits das spektakuläre Show-Match auf der Elbe mitbestritten haben.