Saarbrücken – eine Hochburg neuer Unternehmensgründungen? Ideen gibt es rund um die Hochschulen viele. Die heißesten Start-ups, die frisch auf dem Markt sind, stellen wir in einer kleinen Serie vor. Im zweiten Teil: NE Holo und Risklytics.
Gerade was Start-ups angeht, zählt das Saarland nicht gerade zu den heißesten Hotspots der Republik – Berlin erscheint hipper, die Technologiehochburgen in Bayern und Baden-Württemberg attraktiver. Dennoch liegt die Saar-Uni laut deutschem Stifterverband bundesweit an zweiter Stelle in Sachen Gründungsförderung. Wichtig erscheint dies deshalb, weil laut „Gründerradar" des Verbandes 78 Prozent der Neugründungen in der Region verbleiben – ein gewichtiges Argument in einem Bundesland, das gerade zum zweiten Mal, nach Kohle und Stahl, einen Strukturwandel hin zu einem bedeutenden IT-Standort durchläuft. Dass dieser Wirklichkeit wird, daran arbeiten unter anderem zwei Holo-Tüftler und ein Unternehmen für Risikomanagement-Software.
NE Holo
NE Holo – was soll das denn bitte bedeuten? Hinter dem ungewöhnlichen Namen verbirgt sich eines der spannendsten Start-ups an der Saar. Gregor Neisius und Heiko Engel haben sich vor genau einem Jahr zusammengeschlossen, um sich nach ihrem BWL-Studium künftig Hologrammen zu widmen. Gregor Neisius erklärt sein Unternehmen an einem Beispiel: „Stell dir vor, du gehst durch deinen Baumarkt. Dort ist extrem viel Werbung, die ignorieren wir alle bewusst. Doch plötzlich stehst du vor einem 1,80 Meter großen Hologramm eines Bauarbeiters, der gerade Zement anrührt und Werbung für einen Zementhersteller macht." Ein Hologramm, also eine dreidimensionale Projektion soll nach Meinung der Gründer eine besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen: „Wir sagen: selbst die Hausfrau, die keine Lust hat, Zement zu kaufen, bleibt stehen und fragt sich, was dieser holografische Bauarbeiter da in ihrem Baumarkt macht." Soll heißen: Selbst die, die sich eigentlich nicht für Zement interessieren, bleiben stehen und setzen sich mit einem Produkt auseinander. Dass das funktioniert, ist durch Marktforschung bereits erwiesen. Die beiden Gründer sahen deshalb eine Lücke, die sie nutzen wollten. Begonnen hat alles, als Neisius und Engel an der HTW studierten. Dort gab es ein Seminar mit dem Namen „Fünf-Euro-Start-up", in dem die beiden mit einem dritten Studenten für drei Monate eine befristete GmbH gründeten. „Ich wollte seit Jahren mit Hologrammen arbeiten", erzählt Neisius. Also entwickelten die Gründer die „SayHolo! Card". Eine Hologramm-Grußkarte, mit der das Start-up für Aufsehen sorgte. Deutschlands größter Glückwunschkarten-Verband lud das Jungunternehmen daraufhin zu einer Sitzung ein, die ersten Abnehmer waren gefunden, etwa für Give-Aways aber auch für Weihnachtskarten. Als der dritte im Bunde sich familienbedingt zurückzog, machten Neisius und Engel weiter. Über einen Gründerkredit sicherten sie sich Stammkapital und gründeten eine GmbH. Die beiden ergänzen sich perfekt. „Heiko hat einen Akkuschrauber mit in die Wiege gelegt bekommen und er setzt dann meine verrückten Ideen um. Wir sind Visionär und Tüftler", sagt Neisius. Die Arbeitsteilung funktioniert seit dem vergangenen Jahr. „Seitdem arbeiten wir an den Produkten", sagt Neisius und kann von ersten Erfolgen berichten: „Mittlerweile haben wir einen Investor gefunden, der uns wohl die nächsten drei Jahre finanzieren wird." Ein Naturkosmetikhersteller wird als Pilotkunde Hologrammdisplays des saarländischen Start-ups in Apotheken aufstellen. Ihre Vision ist, in Zukunft für viele Kunden Lösungen zu finden, dank Hologrammaufstellern ihre Abverkaufsraten zu verdoppeln. „Wir suchen dazu aber derzeit noch weitere Pilotkunden", sagt Neisius.
Risklytics
Diplom-Kaufmann Andreas Holzinger hatte die Geschäftsidee für eine Risikomanagement-Lösung. Im Rahmen seiner Tätigkeit in der Factoring-Branche sah er, dass bestehendes Risikomanagement oft unstrukturiert und ineffizient war. Meist war es eine zentrale Person, die mühsam und mit hoher Fehleranfälligkeit manuell Daten zusammentragen und in Excel-Tabellen verwalten musste. Er erkannte, dass eine Software eine große Hilfe darstellen könnte. Allerdings war am Markt keine Lösung dafür verfügbar, die seinen Anforderungen entsprach. Also setzte er sich mit seinem langjährigen Bekannten, dem an der Saar-Uni promovierten Informatiker Dr. Oliver Demetz zusammen.
„Eine Speziallösung, geschaffen, die es vorher nicht gab"
Aus dem zunächst informellen Gedankenaustausch zwischen Betriebswirt und Informatiker wurde sofort ein gegenseitig motivierendes Brainstorming, und die Geschäftsidee war geboren. Für die Realisierung der Idee waren die Beziehungen zur Universität des Saarlandes in doppelter Weise hilfreich. Die Professoren Dr. Gerd Waschbusch und Dr. Peter Loos beraten die Gründer als Mentoren, was dem Projekt ein wissenschaftliches Fundament garantiert. „Zudem eröffnete uns das Gründungsnetzwerk der Universität des Saarlandes mit der perfekten Infrastruktur viele Möglichkeiten", sagt Demetz. Für ihre Geschäftsidee erhielten Holzinger und Demetz ein „Exist"-Stipendium des Bundeswirtschaftsministeriums. Binnen Wochen entstand ein erster Demonstrator, den die beiden Gründer im Lauf des Jahres 2017 mehreren Pilotkunden erfolgreich präsentierten. „Wir haben die eine Speziallösung erschaffen, die es vorher nicht gab", sagt Demetz, der sich allerdings von dem Begriff Start-up distanzieren will. „Das sind wir ungern, denn bei einem Start-up weiß man nie, ob es die noch gibt, oder ob sie schon von Google aufgekauft sind", sagt er. Risklytics legt Wert darauf, nicht auf Fremdkapital angewiesen zu sein. „Uns ist die Seriosität enorm wichtig, wir sind keine Fancy-Typen, sondern eher ein Gegenbeispiel", sagt er. Bei den Kunden kommt das gut an. Denn die Daten, die Risklytics verwaltet, sind die kritischsten Daten, die eine Firma zu bieten hat. Nach der erfolgreichen Markteintrittsphase suchen die beiden Gründer nun Mitarbeiter, doch gute Informatiker zu finden, ist im Saarland nicht einfach. „Aber wir würden gern im Saarland bleiben, das ist das typische Saarländer-Problem", sagt Demetz und lächelt. Ein Team von zehn Mitarbeitern würde er sich wüschen. Und den nächsten Schritt in der Entwicklung: „Der nächste Schritt soll das europäische Ausland sein", sagt er.