Gleich drei Bundesminister haben mit großem Aufwand ihre „konzertierte Aktion Pflege" vorgestellt. Verbände vermissen aber konkrete Maßnahmen und fordern eine Steuerfinanzierung der erwartbaren Milliarden Mehrkosten.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz ist enttäuscht und unzufrieden, entsprechend harsch ihre Kritik an der Konzertierten Aktion Pflege: „Die Ergebnisse der Aktion Pflege sind nicht viel mehr als heiße Luft", bringt es der Stiftungsvorsitzende Eugen Brysch auf den Punkt. „Es ist nicht neu, dass der Pflegejob attraktiver und besser bezahlt werden muss", ergänzt der Patientenschützer. Vor allem vermisst er eine klare Antwort, woher das Geld kommen soll. Die Patientenschützer befürchten, dass es letztlich auf einen höheren Eigenanteil der Pflegebedürftigen hinausläuft. „Die Leistungsfähigkeit der Pflegebedürftigen ist aber begrenzt", so Byrsch.
Auf der anderen Seite der Pflege befürchtet man bei der Ärztekammer eine Zementierung der Zwei-Klassen-Medizin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte angekündigt, dass zukünftig kleine ärztliche Tätigkeiten auch vom Heil- und Pflegepersonal übernommen werden könnten. Zum Beispiel das Verabreichen von Medikamenten. Im Ärzteblatt kritisierte der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Windhorst, „die Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten auf nichtärztliche Berufe sei Etikettenschwindel, der die Patientensicherheit gefährdet und zu einer Deprofessionalisierung der medizinischen Versorgung führt". Für den Kammerpräsidenten ein „Schritt in eine real existierende Zwei-Klassen-Medizin".
Ein langwieriger Streit zeichnet sich beim angestrebten einheitlichen Tarifvertrag für die Pflegekräfte ab. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) will sich notfalls gegen einen Tarifvertrag durch alle Instanzen klagen. Bei der Präsentation der „konzertierten Aktion Pflege" zog der Präsident des BPA, Rainer Brüderle, ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Der ehemalige FDP-Spitzenmann hat für die Idee eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages in den Pflegeberufen überhaupt kein Verständnis. Schließlich sind es die Personalkosten, die die Pflege teuer machen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kündigte seinerseits Maßnahmen an, dass es künftig keine nach Dumpinglöhnen bezahlten Kräfte mehr in der Pflege geben soll. Hier zeichnet sich vermutlich der größte Konflikt bei der angestrebten größten Pflegereform seit 20 Jahren ab.
Allen Beteiligten um die Pflege herum ist allerdings eines gemein: Sie alle fordern, mal mehr oder auch weniger offen, mehr Steuergelder in die Pflege zu geben. Dies wäre ein erster Schritt und ein Zeichen des guten Willens, würde der Staat per Steuerzuschuss mehr Verantwortung in der Pflege übernehmen, so der Tenor der Verbände. Will man explodierende Beiträge für die Arbeitnehmer und steigende Kosten für die Betroffene vermeiden, wird die Bundesregierung da wohl nicht darum herumkommen.