Heide Stein, Gästeführerin des Landkreises Neunkirchen, führt als „Gräfin Friederike von Reden" Besucher durchs ehemalige Grubengelände und die Wassergärten in Landsweiler-Reden.
In einem historisch nachempfundenen bodenlangen schwarzen Kleid erwartet Heide Stein die Besucher. Eine Haube aus schwarzer Spitze, ein Schal sowie ein feines schwarzes Täschchen vervollständigen das Bild der Gattin des Friedrich Wilhelm von Reden. Hilde Stein selbst hatte vor Jahren die Idee, in der Rolle der Friederike Gräfin von Reden Interessierte durch das ehemalige Grubengelände in Reden zu führen. Die aus Wiebelskirchen stammende Gästeführerin lebt mit ihrem Mann Manfred nur unweit des Grubengeländes in Reden. Die ehemalige Sekretärin der Neunkircher Eisenwerke war bereits in ihrer Kindheit interessiert an Heimat- und Reiseliteratur und schrieb eigene Reiseberichte. Später, nachdem sie spannende Geschichten von ihre Mutter und Großmutter erfahren hatte, zeichnete sie das Gehörte auf. „Frauen erzählen einfach mehr als die Männer. Ich war eine gute Zuhörerin und habe dadurch eine Menge über die Sorgen und Nöte meiner engsten Familie erfahren. Vater und Großvater meines Mannes waren Bergleute in Reden, und so erfuhr ich auch viel aus dem Leben der Bergleute."
Heide Stein eignete sich eine Fülle an Bergmannswissen an. Als 2008 das Bergwerksgelände stillgelegt wurde, begannen sowohl Heide als auch ihr Mann Manfred eine Ausbildung zum Gästeführer unter der Leitung von Delf Slotta, einem ausgewiesenen Kenner der saarländischen Bergbaukultur. Bereits einige Jahre vor dieser Ausbildung besuchte sie mit ihrem Mann verschiedene Geschichtswerkstätten in Berlin. Heide Stein interessierte sich in erster Line für Preußens Geschichte, „denn", so Heide Stein, „Staat und Wirtschaft waren damals wie heute eine Macht. Die Bergwerke im Saarland gehörten fast alle zum preußischen Besitz, und der Staat gab alles vor, was zu tun war."
Nach ihrer Ausbildung zur Gästeführerin bot sie Frauenspaziergänge an. Von der Klinkentalhalle, wo ganz in der Nähe der erste Stollen angehauen wurde, vorbei am Klinkenbach zum Bergwerksgelände Reden. „Es waren unterhaltsame Führungen über den Werdegang der Bergleute und des Ortes", so Heide Stein.
Wenig später wurden Gästeführer für den Standort Reden gesucht.
Heide Stein erzählt, dass Frauen in den Geschichtsbüchern einfach schlecht wegkämen. Deshalb beleuchtet sie seit einigen Jahren die Entwicklung der Bergbausiedlung Landsweiler-Reden aus der Sicht der Frauen. Aus diesen Gedanken heraus entwickelte Heide Stein die Idee, in die Rolle der Gräfin Friederike von Reden zu schlüpfen.
Erster Blick hinunter zu den Wassergärten
Seitdem zieht sie als „Gräfin" durchs Zechenhaus und die Anlage des Geländes und erzählt den Besuchern spannende Geschichten aus der Zeit, als das Bergwerk in Reden noch in voller Blüte stand. Heide Stein möchte Heimat begreifbar machen und wünscht sich vor allem, dass möglichst viele Kinder aus den Grundschulen des Kreises oder am besten des gesamten Saarlandes ihre unmittelbare Heimat und die dazugehörige Geschichte während eines Besuchs in Reden kennen und verstehen lernen.
Vor dem zwischen 1936 und 1942 erbauten neoklassizistischen Eingangsportal steht überlebensgroß der „Redener Hannes", geschaffen vom großen deutschen Bildhauer Fritz Koelle. 1937 ließ er vor dem Redener Zechenhaus eines seiner Hauptwerke aufstellen.
Im ehemaligen Zechenhaus befindet sich heute das Zentrum für Biodokumentation. Es beherbergt die naturkundlichen Sammlungen des Saarlandes mit Exponaten aus den Bereichen Flora, Fauna und Geologie. In den ehemaligen Bergwerksräumen finden Ausstellungen statt. Am Standort des Redener Hannes beginnt der Rundgang mit Gräfin Friederike von Reden durch die weiträumige Anlage. Während wir über den Parkplatz vor dem Haupteingang spazieren, vorbei an der Tourismus- und Kulturzentrale des Landkreises Neunkirchen, ein erster Blick hinunter zu den Wassergärten.
Heide Stein erzählt, dass der im Jahr 1815 verstorbene preußische Bergwerksminister Friedrich Wilhelm Graf von Reden und seine Frau Friederike Gräfin von Reden niemals den Ort Reden besucht haben. Allerdings war die Adelsfamilie von Reden dem Bergbau sehr verbunden. Nach erfolgreichen Studien in Halle und Göttingen, reiste von Reden durch Holland, England und Frankreich, um die dortigen Bergwerke und Hüttenanlagen kennenzulernen. Neben der Modernisierung verschiedener Bergwerke und Hütten leitete Reden Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrswege ein, um durch den Bau von Straßen, Gleisanlagen und Kanälen für eine bessere Infrastruktur zu sorgen. „Sein besonderes Verdienst für den Bergbau", so Heide Stein „war die Wasserhaltung in den Gruben in den Griff zu bekommen."
Nachdem wir die Tourismuszentrale passiert haben, führt der Weg zwischen Schacht V und Hauptgebäude nach rechts in die Gustaf-de-Lattin-Gasse.
Zwischen Friederike Gräfin von Reden, geborene Freiin Riedesel zu Eisenbach, und ihrem Mann Friedrich Wilhelm bestand ein Altersunterschied von 22 Jahren, führt Heide Stein weiter aus. Da die Ehe ohne Nachkommen blieb und Friedrich Wilhelm nach 13 Ehejahren verstarb, fand Friederike neuen Lebensinhalt im pietistischen Glauben. Sie richtete Suppenküchen ein und sorgte sich um das Wohl der Ärmsten. Wegen ihres sozialen Engagements wurde sie als die „Mutter des Hirschberger Tales" bezeichnet. Ihr Wohnsitz, Schloss Buchwald im Riesengebirge, wurde zu einem geistigen und geistlichen Zentrum des schlesischen Adels.
Ein Ort zum Ausruhen und Flanieren
Wir kommen zur Alexander-von-Humboldt-Straße, halten uns links und sind im weitläufigen modern sanierten ehemaligen Grubengelände unterwegs. Linker Hand liegen das Maschinenhaus und die Kompressorenhalle von Schacht V. Rechter Hand befinden sich die kleine Werkstatt und das Schalthaus und oben auf der Bergehalde ist die weit über den Landkreis Neunkirchen bekannte Almhütte zu sehen. Wir durchlaufen die Alexander-von-Humboldt-Straße bis zum Alfred-Wegener-Platz. Halbrechts von uns ist das Gebäude der großen Werkstatt und weiter hinten sind die Hallen von Gondwana. Dort erwartet die Besucher eine atemberaubende Reise in die Welt der Dinosaurier. Mit modernster Animationstechnik und audiovisuellen Verfahren unternimmt man eine Zeitreise in eine längst vergangene Welt. Nachdem wir auf der linken Seite Schacht IV mit der Maschinenhalle passiert haben, führt uns Heide Stein quer nach links über den Alfred-Wegener-Platz zum Stahlgeländer. Dort schwärmt sie von den Wassergärten, die sich unter uns ausbreiten. Im kaskadenartig gestalteten Wassergarten sind verschiedene Wasserbecken angelegt worden. Mal fällt das Wasser mit lautem Getöse in die Tiefe, mal fließt es ruhig und sanft – ein Ort zum Ausruhen und Flanieren. Wir steigen die Stufen nach unten. Vor allem der „Mosesgang" hat es Heide Stein angetan, hier fließt 32 Grad warmes Wasser, das aus der Grube gepumpt wird, über Kaskaden durch einen engen Gang wie in einem Canyon. Der Wassergarten besteht aus fünf unterschiedlich konstruierten Wasserbecken, neben dem Mosesgang spazieren wir vorbei am Nebelloch, dem Sumpfzypressenwald, dem Seerosenbecken sowie dem Simsen- und Binsenbecken.