Die Direktwahlen haben überraschend viele Wechsel an Rathausspitzen gebracht. FORUM hat einige der Wahlsieger quer durchs Land nach ihren Plänen und Ideen gefragt.
Dominik Jochum, (CDU, gewählt mit 53,4 Prozent) – Großrosseln (Regionalverband Saarbrücken)
Herr Jochum, was sind Ihre ersten Ziele als Bürgermeister?
Die ersten Ideen sind: Ich werde mir erstmal alles genau ansehen.
Das klingt pragmatisch, wie meinen Sie das?
Es ist nun mal so: Ich bin ein junger Mann und will nicht blauäugig an die Sache rangehen. Die Zeit muss ich mir deshalb nehmen. Ich werde mir Zeit lassen und alles ganz genau prüfen. Zu Beginn sind die einfachen Sachen unser erstes Ziel. Es soll in unserer Gemeinde wieder schöner, attraktiver und sicherer werden. Das sind Kleinigkeiten, die nicht viel Geld kosten.
Um welche Kleinigkeiten wird es gehen?
Es geht darum, zu schauen, dass die Flächen der Gemeinde wieder gepflegt werden. Wir sind eine Gemeinde, die direkt an der Grenze ist. Das ist schon etwas, das nicht ganz so ist, wie es mir persönlich gefällt. Es gibt vieles zu tun, was wir angehen müssen. Was wir auf jeden Fall schnell bearbeiten sollten, ist das Thema Sicherheit. Wir brauchen Kameras in der Gemeinde und müssen den Sicherheitsbeirat wiederbeleben. Die Gemeinde braucht solch ein Gremium für die Zukunft.
Welche Probleme bringt die Grenze mit sich?
Das Problem ist, dass das Gewerbe der Spielcasinos sehr umfangreich ist. Dadurch zieht man Kriminalität an. Ich will aber nicht behaupten, dass nur die Leute von drüben die Kriminalität mitbringen. Natürlich gibt es auch kriminelle Deutsche. Generell ist es aber schon ein großes Geschäft, dort haben wir es mit viel Kriminalität zu tun.
Welche Lehren ziehen Sie aus Ihren Erfahrungen im Wahlkampf?
Es ist sehr wichtig, dass man bürgernah sein sollte. Außerdem sollte man immer das Gespräch mit den Bürgern suchen, um sich selbst weiterzuentwickeln. Man sollte die Gemeinde nicht aus seinem Kopf führen, sondern jedem die Chance geben, mitzumachen. Jeder, der teilhaben möchte, wird die Möglichkeit kriegen, konstruktiv mitzuarbeiten. Wir wollen ja alle dasselbe: ordentlich und in Ruhe und in Frieden in einer schönen Gemeinde leben.
Was erwarten Sie vom Land?
Ich erwarte vom Land die Unterstützung bei den Plänen, deren Umsetzung wir vorhaben in Bezug auf die Sicherheit. Wir haben wie gesagt Probleme im Bereich der Grenzkriminalität: Dort sollten wir den Hebel ansetzen. Ich erwarte, dass die Landesregierung uns bei vielen Sachen unterstützt. Eigentlich würde ich das Land gern mehr mit einbeziehen in die Arbeit vor Ort.
Bernd Huf (parteilos, gewählt mit 58 Prozent) – Spiesen-Elversberg (Kreis Neunkirchen)
Herr Huf, welches sind Ihre Ziele nach Ihrer Wahl?
Mein Ziel ist erst mal, mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen. Dann haben wir in unserer Gemeinde Probleme, was die Betreuung der Schul- und Kindergartenkinder angeht. Außerdem möchte ich die Ortskernentwicklung klimafreundlich vorantreiben.
Welche Probleme sind das?
Da geht es um den bedarfsgerechten Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und der Bereitstellung einer Grundschul-Infrastruktur nach dem neuesten Stand der Technik. Außerdem besteht im Ortszentrum von Elversberg die Gefahr, dass ab Ende des Jahres keine Nahversorgung mehr vorhanden ist. Der Einzelhandel zieht nach und nach einfach weg. Hier müssen wir gegensteuern.
Sie selbst sind begeisterter Sportler, waren jahrelang in Vereinsgremien aktiv. Was wollen Sie für die Vereine in Spiesen-Elversberg machen?
Wir brauchen vor allem ein bedarfsgerechtes Hallenangebot für die Kultur- und Sporttreibenden. Der Sport ist mir wichtig. Aber alle Vereine und Organisationen in Spiesen-Elversberg leisten viel für unser Gemeinwesen und sind genauso wichtig. Für sie möchte ich eine feste Anlaufstelle in der Verwaltung schaffen.
Welche Lehren ziehen Sie aus Ihren Erfahrungen im Wahlkampf?
Es ist so, dass innerhalb der Bürgerschaft schon Interesse besteht, mehr an Projekten beteiligt zu werden. Sie wollen sich vielleicht nicht immer an allen gemeindepolitischen Themen beteiligen, aber an einzelnen Projekten würden sie gern teilhaben. Das will ich fördern. Ich möchte keine Politik der verschlossenen Türen, das ist mittlerweile überholt. Die Demografie in Spiesen-Elversberg ist so, dass wir eine hohe Altersstruktur haben. Wir müssen die älteren Alleinstehenden wieder aus ihrer Vereinsamung herausholen und Angebote machen, damit sie in der Dorfgemeinschaft wieder aufblühen.
Was könnte das sein?
Wir benötigen mehr Angebote für unsere Seniorinnen und Senioren. Der VdK hat zum Beispiel ein Projekt angestoßen, „auf Rädern zum Essen", statt Essen auf Rädern. Das bedeutet, man nutzt Gastronomie am Ort und bringt die Menschen dorthin, damit sie dort in Gesellschaft essen und sich austauschen können. Oder man richtet Tagesstätten ein, in denen sich die älteren Bewohner treffen können. Längerfristig stelle ich mir betreute Wohnformen in den Ortszentren vor.
Was erwarten Sie vom Land?
Dass der Saarlandpakt jetzt zügig umgesetzt wird und die Kommunen mehr entlastet werden. Das muss noch konkreter werden. Niemand weiß zurzeit, wie es genau funktionieren soll. Das muss umgesetzt werden.
Jörg Wilhelmy (parteilos, gewählt mit 56,6 Prozent) – Ensdorf (Kreis Saarlouis)
Herr Wilhelmy, welches sind Ihre Ziele nach Ihrer Wahl?
Kurzfristiges Ziel ist die Verbesserung der Transparenz von Entscheidungen auf gemeindlicher Ebene und die Schaffung eines direkten Kommunikationsdrahtes ins Rathaus und zum Verwaltungschef. Darüber hinaus der regelmäßige Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern nach quartierbezogenen Problemstellungen.
Mittelfristig die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch die Entwicklung der ehemaligen Industrieflächen am ehemaligen Kraftwerks- und Bergwerksstandort sowie die Behebung des umfangreichen Investitionsstaus in die gemeindliche Infrastruktur (Straßen, kommunale Gebäude, Schwimmbad). Langfristig wünsche ich mir eine den Ansprüchen aller Generationen gerecht werdende Gemeinde, auf die deren Bürger stolz sind.
Welche Lehren ziehen Sie aus hren Erfahrungen im Wahlkampf?
Während meiner Haustürbesuche und an meinen Wahlinfoständen habe ich zahlreiche Menschen und deren Anliegen kennengelernt. Den Menschen zuhören, sie ernst nehmen und ihnen auf Augenhöhe begegnen ist deren Erwartungshaltung und dementsprechend mein Ansatz für meine Amtszeit. Ich habe festgestellt, dass positiv honoriert wird, wenn ich nicht jedem das Blaue vom Himmel verspreche, sondern glaubhaft versichere, dass ich mich mit Herzblut kümmern und versuchen werde, das Problem zu lösen. Wohl wissend, es nicht allen recht machen zu können.
Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger?
Ich habe während meiner beruflichen Laufbahn drei Oberbürgermeister und zahlreiche hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete erlebt und begleitet. In dieser Zeit habe ich deren nach meiner Meinung positive Attribute und Ansätze verinnerlicht. Natürlich gab es in der Vergangenheit auch Punkte und Ansätze, die ich nach Möglichkeit vermeiden will. Gelebte Bürgernähe sowie glaubwürdig und authentisch bleiben stehen für mich ganz oben auf der Agenda.
Als gebürtiger Ensdorfer kommen Sie mit 37 Jahren Erfahrung ins Rathaus. Welche Vorteile bringt Ihnen das?
Die jahrzehntelange berufliche Erfahrung in zwei Rathäusern hilft natürlich enorm. Im Prinzip kann ich nahtlos übernehmen, da mir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Gemeinderat und insbesondere auch unsere Herausforderungen an die Zukunft bestens vertraut sind. Als Ur-Ensdorfer glaube ich zudem zu wissen, wie die Ensdorferinnen und Ensdorfer ticken. Wir sprechen da eine Sprache.
Was erwarten Sie vom Land?
Der für 2020 angekündigte Saarlandpakt wird uns sowohl beim Schuldenabbau als auch bei geplanten Investitionen helfen. Wir brauchen das Land aber auch als verlässlichen Partner in anderen Bereichen. Das Thema Digitalisierung bedarf eines glaubwürdigen Vorangehens des Landes bei der Generierung von bürgernahen Onlineangeboten. Bis zum Jahre 2022 müssen sämtliche Verwaltungsdienstleistungen von Bund, Ländern und Kommunen digital bereitgestellt werden. Dazu benötigt die kommunale Familie organisatorische wie finanzielle Hilfen.
Auch das Thema „Strukturwandel" kann in Ensdorf glaubhaft umgesetzt werden. Mit dem Duhamel-Park am ehemaligen Bergwerksgelände und dem Energie- und Ressourcencenter am ehemaligen Kraftwerksstandort stehen nach Meinung der Landesregierung zwei Leuchtturmprojekte zur Umsetzung an, in denen auch das Land seiner Verantwortung und seinen Versprechen aus der Vergangenheit gerecht werden muss.
Michael Clivot (SPD, gewählt mit 51,6 Prozent) – Gersheim (Saar-Pfalz-Kreis)
Herr Clivot, was sind Ihre ersten Ziele als neuer Bürgermeister?
Zum einen dauert es noch bis zum 1. Januar. Bis dorthin habe ich Zeit, zu überlegen, was ich als Erstes angehe. Das Thema, das uns den Wahlkampf stark getragen hat, ist das Thema Transparenz. Gerade in den ersten Monaten möchte ich mich darum kümmern. Denn das ist nichts, was viel Geld kostet. Ich möchte mehr Bürgerbeteiligung haben, Foren gründen, mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Das ist zuletzt sehr stark bemängelt worden. Die Bürger waren nicht informativ in die Gemeindepolitik eingebunden. Das zweite ist das Thema Digitalisierung. Das passt auch zum Thema Transparenz. Wir wollen die Kommunikation mit den Bürgern über neue Medien ausbauen.
Wie genau wollen Sie das Thema Social Media angehen?
Das klingt jetzt vielleicht banal, aber wir haben einen Internetauftritt, der sehr alt ist, der nicht den Anforderungen einer modernen Kommunikation entspricht. Touristinnen und Touristen hilft das nicht, ebenso wenig Unternehmen, die sich in der strukturschwachen Region ansiedeln wollen. Da sind sehr viele Dinge im Argen. Das Thema neue Medien erreicht Menschen jeden Alters, und da müssen wir schauen, dass wir zielgruppengerechte Plattformen nutzen.
Sie bringen als Projektleiter in einem IT-Unternehmen eine Erfahrung von 20 Jahren mit, waren viele Jahre stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender, gemeinsam mit Kevin Kühnert. Gute Voraussetzungen für eine Verwaltungsspitze?
Absolut, ich habe viele internationale Projekte begleitet und mit vielen Stakeholdern gearbeitet. Ich muss viel vermitteln, mitnehmen, habe viel mit Betriebsräten zu tun. Ich habe gelernt, Methodik anzuwenden. Das ist nichts, was man von heute auf morgen in der Verwaltung einsetzen kann. Aber einen Blick nach vorn kann man schon mal setzen. Menschen mitnehmen kann ich, glaube ich, ganz gut. Das will ich nutzen.
Welche Lehren ziehen Sie aus Ihren Erfahrungen im Wahlkampf?
Wir sind viel mit den Menschen ins Gespräch gekommen und haben sie dort abgeholt, wo sie sind. Uns ging es weniger darum, Veranstaltungen zur Selbstbeweihräucherung zu machen. Das ist die alte Krankheit der Volksparteien. Man macht eine große Veranstaltung und merkt, dass 95 Prozent der Anwesenden eigene Mitglieder sind. Die muss man im Idealfall nicht überzeugen. (lacht)
Was erwarten Sie vom Land?
Wir sind die höchstverschuldete Gemeinde im Saarland und die höchstverschuldete unter 10.000 in ganz Deutschland. Wir müssen deshalb Anstrengungen machen in Sachen ÖPNV, Mobilität und Naturschutz. Mit den riesigen Herausforderungen werden wir nicht alleine fertig. Wir haben diese Einnahmen nicht. Sonst werden wir weitere Schulden nicht verhindern oder uns kaputtsparen. Ich setze deshalb aufs Land. Aber nicht nur aus finanzieller Sicht. Ich glaube, die Rahmenbedingungen spielen auch eine Rolle. Wenn es darum geht, wie Wasserpreise zusammengesetzt werden, wenn es um das Thema Versorgung geht oder um die ÖPNV-Infrastruktur. Der ÖPNV soll günstiger und einfacher werden, das ist ein wichtiges Thema. Wir sind auf Individualverkehr angewiesen. Das sind Rahmenbedingungen, die das Land zugunsten der strukturschwachen Gemeinden verändern muss. Geld ist nicht das Einzige, das zählt.