Mit SR Klassik am See, den Kammermusiktagen und der Musical-Neuproduktion „End of the Rainbow" legt die Musik & Theater Saar GmbH ein vielfältiges Programm zum Festivalsommer 2019 vor. Gründer und Geschäftsführer Joachim Arnold erläutert das Kommende.
Herr Arnold, Sie haben die Leitung der Kammermusiktage an Franziska Hölscher abgegeben – im Februar haben wir darüber berichtet. Was bewog Sie zu diesem Schritt?
Wir haben den Kammermusiktagen Mettlach bei ihrer Gründung 1986 einen sorgfältig überlegten Untertitel beigegeben: „Junge Solisten konzertieren in der Alten Abtei." Dies beschreibt die DNA des Festivals, die auch heute noch gültig und vielleicht der wichtigste Erfolgsfaktor ist. Insofern war bei der Künstlerischen Leitung ein Generationswechsel fällig. Die Kammermusiktage sind eine Marke der Musik & Theater Saar GmbH, deren Eigentümer ich bin. Daher konnte ich den Zeitpunkt des Wechsels und die damit verbundene Personalie frei entscheiden. Wir haben den Wechsel in Ruhe vollzogen. Franziska Hölscher ist eine großartige und junge Künstlerin. Sie wird die Kammermusiktage Mettlach künstlerisch weiterentwickeln: mit neuen Inhalten, Formaten und vor allem Menschen.
Die Kammermusiktage Mettlach haben Sie vor mehr als 30 Jahren aus der Taufe gehoben. Sozusagen als erstes Kind ihrer Unternehmung Musik & Theater Saar. Hat Sie an der Programmgestaltung von Franziska Hölscher etwas im Sinne von „Darauf wäre ich nicht gekommen?" überrascht?
Ich werde mich hüten, gefragt oder ungefragt die Programmgestaltung der neuen Künstlerischen Leiterin zu kommentieren. Der öffentliche Auftritt in
Sachen Programmgestaltung ist alleinige Sache von Franziska Hölscher. Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir sie an Bord haben.
Angekündigt sind 13 Konzerte, darunter ein Konzert mit Podiumsdiskussion mit Historiker Dr. Lucian Hölscher, Franziska Hölschers Onkel, Professor Emeritus der Ruhr-Universität Bochum, der der Frage nachgeht: Können Künstler unpolitisch sein? Was meinen Sie?
Ich und meine eigene „Musiker"-Generation waren stark davon geprägt, ihre Kunst zu machen, politisch die Klappe zu halten und dankbar dafür zu sein, dass man ein Engagement bekommt und dass man damit die Miete zahlen kann. Die junge Generation ist viel selbstbewusster. Gott sei Dank. Schauen Sie sich die Pianisten Fazil Say oder Igor Levit an – großartige Künstler, die öffentlich gegen politische Missstände Stellung beziehen und im Bewusstsein persönlicher Risiken eine klare Haltung einnehmen.
Das SR Klassik am See bringt jede Menge Filmmusik gespielt von der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern unter der Leitung von Pietari Inkinen. Mit welchen Musikstücken ist der Name John Williams zu verknüpfen?
Man sieht mit den Ohren und hört mit den Augen. Dies erschließt sich im Genre Filmmusik in besonderer Weise. Denkt man an Film-Klassiker wie „Der Dritte Mann" von Orson Welles, dann fällt einem sofort die Titel-Melodie ein. Die wenigsten Hollywood-Blockbuster wären zu solchen geworden ohne die entsprechende Musik – stellen Sie sich den „Weißen Hai" ohne das musikalisch aus der Tiefe heraufwabernde Grauen vor, oder „Star Wars" ohne die heroischen Fanfaren der Titel-Melodie. John Williams hat, wie Hans Zimmer oder Ennio Morricone, die Filmmusik zu einem eigenen Genre gemacht, die beim Publikum inzwischen auch ohne Film bestens ankommt. Der eigentliche „Gottvater" der Filmmusik aber ist der österreichische Komponist Erich Wolfgang Korngold. 1934 von den Nazis vertrieben wurde er in Hollywood der wichtigste Filmkomponist – mit großem Einfluss auf John Williams!
Eine besondere Solistin und ein besonderes Instrument stehen zudem im Fokus. Asya Fateyeva spielt Altsaxofon. Bei Saxofon denke ich an Big Band oder Jazz. Was genau ist ein Altsaxofon?
Eigentlich ist die Freilufttauglichkeit für die französische Militärmusik das erklärte Ziel seiner „optimierten Klarinette" – so beschreibt der Erfinder des Saxofons, Adolf Sax, im Patentantrag von 1848 sein Instrument. Es war ganz aus Metall und damit nicht wetteranfällig für den Outdoor-Einsatz. Vom Charakter sollte es den Streichinstrumenten nahekommen, aber mehr Kraft und Intensität besitzen. Das Altsaxofon bildet, wie im klassischen vierstimmigen Satz, die dunkle und warm timbrierende „Frauenstimme", neben Sopran-, Tenor- und Basssaxofon.
Wie läuft der Vorverkauf für das Open Air SR Klassik am See? Haben sich die Kartenpreise verändert?
Wir haben bisher 4.000 Karten verkauft. Es ist uns wichtig, dass das Konzert in einem überschaubaren und damit für die Besucher angenehmen Ambiente stattfindet. Das betrifft besonders die beliebte Picknickwiese. Das darf nicht zu eng werden. Daher werden wir den Verkauf auf insgesamt etwa 5.000 Karten limitieren. Die Preise bleiben „volkstümlich". Die Tickets sind an der Abendkasse zehn Euro teurer.
Was passiert eigentlich, wenn es regnen sollte?
Seit 1997 steht in unserem Lager eine Palette mit einigen Tausend Regencapes. Die bleibt auch in diesem Jahr gerne dort.
Vasiliki Roussi spielte im Musical „Cabaret" im Zeltpalast 2013 die Sally Bowles, die Rolle, die Liza Minelli berühmt machte. Judy Garland war Minellis Mutter. Die Besetzung der Judy Garland im Musical „End of the Rainbow" mit Vasiliki Roussi ist geradezu ideal und folgerichtig.
Das ist für uns ein Glücksfall. Vasiliki ist ein künstlerisches Ausnahmetalent und ein großartiger Mensch. Sie spielt aktuell in Berlin die Piaf mit riesigem Erfolg. Ihre unbändige Energie und ihre Fähigkeit zu den unterschiedlichsten Ausdrucksnuancen sind stupend. So wird sie in unserer Neuproduktion im Zeltpalast die Brüche im Seelenleben der Judy Garland erlebbar machen.
„End of the Rainbow" ist ein Musical-Drama über das Leben des Hollywoodstars Judy Garland. Ein Leben mit Alkohol, Tablettensucht, Krankheit und fünf Ehemännern. Extreme sind immer ein idealer Stoff, um den Weg auf die Bühne zu finden, stimmt’s?
Es geht im Theater um Menschen. Ihre Sehnsüchte, Enttäuschungen, Eitelkeiten, Verzweiflung, ihr Verhältnis zum Unerklärlichen, zur Vorbestimmung, zum Zufall – oder Schicksal. Früher war das das „Göttliche". Nur in der Darstellung des Extremen auf der Bühne kann das Publikum die Distanz dazu überwinden und diese Wahrheiten als seine eigenen erkennen und mitfühlen. Es liegt nahe, dass Menschen, die es auf die Bühne zieht, auch privat anfälliger sind für ein Leben in Extremen.
Wie sind Sie darauf gekommen, dieses Musical zu präsentieren?
Wir wollten ein Stück abseits des Mainstreams machen. Bei aller Unterhaltung soll eine Haltung erkennbar sein. Wir wollten ein Stück, das starke schauspielerische und auch musikalische und Show-Komponenten verbindet. „End of the Rainbow" erzählt die tragische Geschichte eines echten Stars und ist dabei stellenweise auch zum Lachen. Es bietet Weltklasse-Songs. Eine besondere Stärke unserer Eigenproduktionen ist die Live-Musik mit einer groß besetzten Band aus hervorragenden Musikern. Menschen, die zu uns in den Zeltpalast kommen, wissen das zu schätzen.
Andreas Gergen übernimmt die Regie. Er ist sozusagen ihr Hausregisseur. Wie haben Sie einander gefunden?
Wir kennen uns seit den 90er-Jahren und haben uns und unsere gegenseitige Wertschätzung bei aller Unterschiedlichkeit der Wege nie aus den Augen verloren.
Sönke Feick wird für die Projektionen auf der Bühne verantwortlich sein. Die digitalen Möglichkeiten erlauben, auf handwerklich gefertigte Bühnendekorationen zu verzichten. Bringt das eine Kostenersparnis?
Geld spielt hier sicher keine Rolle. Künstlerisch hochwertige digitale Gestaltungs-Instrumente sind in der heutigen Theaterwelt nicht mehr wegzudenken.
Stimmt es, dass Sie auch Comedy-Veranstaltungen anbieten werden?
Am 13. und 14. September wird im Zeltpalast das „1. Saarländische Comedy-Festival" stattfinden. Es wird kuratiert von Jörg Schumacher, der eine außergewöhnliche Karriere vom stellvertretenden „Bild Saarland"-Chef zum Stand-up-Comedian gemacht hat. Er lebt seit vielen Jahren in Hamburg und ist in der Comedy-Szene bestens vernetzt. Wir werden am Freitagabend ein Newcomer-Battle, am Samstagnachmittag ein Familienprogramm und am Abend eine Comedy-Gala anbieten. Der Vorverkauf läuft.
Bitte ergänzen Sie diesen Satz: Der Festivalsommer 2019 von Musik & Theater Saar wird …
... qualitativ hochwertig, bietet dem Publikum vielfältige Kunsterlebnisse und wird von uns mit aller Leidenschaft umgesetzt.