Melanie Streibelt erforscht den methodischen Einsatz von Puppen und leitet Seminare zu dem Thema. Erfunden hat sie dafür ihre sprechende Puppe Päckchen. Das Duo kommt viel herum und verbreitet Freude.
Kinderersatz? Wie kommen Sie denn darauf? Päckchen ist doch kein Ersatz. Päckchen ist ein buntes, lustiges Fantasiewesen, ein schier allwissendes Unikum, eine Bereicherung für diese Welt, kurzum: eine Freundin fürs Leben."
Mit diesen Sätzen charakterisiert nicht nur die Schöpferin von Päckchen, Melanie Streibelt, ihre sprechende Puppe. Auch Kinder, mit denen Päckchen im Krankenhaus über ihre Ängste vor der nächsten Operation gesprochen hat. Manager, mit denen Päckchen auf Fortbildung zur Teambildung war. Oder Erzieher, Lehrer, Pädagogen, Ärzte und Teilnehmer ihres Puppen-Kurses, die befreit mit Päckchen eigene Verhaltensmuster überdacht und Anregungen für die eigene berufliche Arbeit bekommen haben. Sie alle reden von Päckchen, als wäre es ein Familienmitglied. „BFF" sozusagen – „best friend forever", wie auf Schulhöfen heute zur „Busenfreundin" gesagt wird.
Wo immer Päckchen auftaucht, sorgt der Latzhosen tragende Rotschopf mit Knubbelnase für Lachen und Verwunderung. Zumal Päckchens Name auch zugleich Programm ist: Päckchen kennt jeden und jeder kennt Päckchen. Denn Päckchen ist das sprichwörtliche Päckchen, das jeder zu tragen hat. Distanz oder Fremdeln gegenüber Päckchen? Schier unmöglich. Aussehen und Sprache schaffen auf Anhieb Nähe. Jeder will Päckchen knuddeln.
„Päckchen spricht einen starken regionalunabhängigen Dialekt", erklärt Melanie Streibelt, die vor rund 20 Jahren anfing, mit ihrer Kunstfigur zu experimentieren. „Ich habe bewusst eine Art ‚Kindersprache‘ entwickelt, eine Mischung aus Französisch, Holländisch, Jiddisch, Kölsch …, eben den besten Akzenten der Welt. Päckchen soll nämlich überall reden können und von jedem verstanden werden."
2003 hat die 39-Jährige ihre ersten Geschichten über Päckchen geschrieben. 2007 ließ die studierte Literatur-, Geschichts- und Theaterwissenschaftlerin den ersten Puppenkörper von den Kumquats-Puppen anfertigen. „Ich wollte jedoch einen Puppenkörper, der auch auf einer Bühne wirken kann, Päckchen musste deshalb größer werden."
Nachdem ihre Ideen für die Ausgestaltung von Päckchen realisiert waren, wagte sich die gebürtige Paderbornerin in Berlin an die Öffentlichkeit. „Zuerst trat ich in Kindergärten, Krankenhäusern und bei Demenzgruppen auf. Päckchen kam überall super an. Mit einfachen Wahrheiten entlockte Päckchen Kindern und Kranken und zurückgezogenen Zuhörern schnell ein Lächeln. Psychotherapeuten, Ärzte, Pädagogen erkannten schnell das Potenzial von Päckchen." Ihre Erfahrungen setzte Melanie Streibelt schließlich auch auf Kleinkunstbühnen um. Ihre Erfolge sind ermutigend.
Mit Zuwendung und Liebe zur friedlichen Welt
„Mit Päckchen wird die Welt bunt, schön, lustig und vor allem friedlich." Das ist das Hauptanliegen von Melanie Streibelt, die die Herzen der Menschen mit Päckchens unbekümmerter Art öffnen will. „In unserer globalisierten Welt, in der vieles so schnelllebig und unverbindlich ist, will Päckchen zum Innehalten aufrufen, in jedermanns Gesicht ein Lachen zaubern und jedem zurufen: ‚Du wirst geliebt, du wirst geschätzt, du bist ein wertvoller Mensch‘. Ich glaube, dass vor allem Zuwendung und Liebe wichtige Voraussetzungen sind, die Welt zu einem friedlicheren Ort zu machen. Alle Menschen haben es verdient, geliebt zu werden. Und Päckchen transportiert diese Werte zu ihrem Publikum. Päckchen legt auch schon mal den Finger in die Wunde. Mit Humor."
Was so sanftmütig und weltverbessernd daherkommt, ist mittlerweile in den Köpfen vieler Wirtschaftsbosse und Manager angekommen. In Berlin wurde Melanie Streibelt von etlichen Unternehmen gebucht, wenn es um Teambildung, Verbesserung der Unternehmenskommunikation und des Betriebsklimas sowie um Selbstentwicklung und Entspannung ging.
2018 kam die Improvisationskünstlerin ins Saarland. „Der Liebe wegen", sagt Melanie Streibelt. Schnell knüpfte sie Kontakte zur örtlichen Kunst- und Kulturszene, zur Volkshochschule, zu pädagogischen und sozialen Einrichtungen. Innerhalb weniger Monate hat sich eine Fan-Gemeinde entwickelt, die die Lebensweisheiten von Päckchen schätzt, die sich durch ihr genießendes, quiekendes oder juchzendes Lachen aus ihrem Alltag reißen lässt und sozusagen „Geschwister von Päckchen" geschaffen hat. So hat jüngst ein Puppen-Kurs der Volkshochschule des Regionalverbandes einer „Päckchen-Freundesgruppe" zum Start verholfen. Peter Weichardt, Esther Schönsiegel und ihre Schwester Brigitte Janson haben das Seminar mit Päckchen genutzt, um ihren eigenen Puppen Leben einzuhauchen und sie in ihrer beruflichen Arbeit einzusetzen.
„Meiner Erfahrung nach trauen sich manche Patienten nicht, sich Therapeuten gegenüber zu öffnen", erzählt die Ärztin und Leiterin einer Fachschule für Ergotherapie, Brigitte Janson. „Wenn Patienten hingegen mit einer Puppe reden können, entwickeln sie eine ungeahnte Dynamik, ihre Wut, Trauer, Freude oder Aggressionen ungehemmter nach außen zu lassen." Ähnliche Erfahrungen bestätigt Ester Schönsiegel, die gerade in ihrer Arbeit als Küsterin erlebt, dass Kinder im Umgang mit Puppen auch lernen, mutiger zu werden und zu ihren Gefühlen zu stehen. Peter Weichardt von der Fairtrade-Initiative Saar hofft mit Hilfe von Päckchen, schon Kinder und Jugendliche für die Ideen des Fairen Handels gewinnen zu können. „In Päckchen sehe ich eine tolle Form der Kreativität, Menschen auf unterschiedlichen Ebenen zum Wohle eines bundesweiten bürgerlichen Engagements anzusprechen."
Regelmäßig treffen sich die jüngsten Puppenspieler zusammen mit Päckchen und Melanie Streibelt im Atelier. „Gestalten" von Barbara Seithe im Kultur- und Werkhof N19 in der Nauwieser Straße 19, neben dem Kino „Achteinhalb". Zuwachs erwünscht.
Wie man es schafft, Puppen Leben einzuhauchen und ihnen eine ganz individuelle Persönlichkeit zu verschaffen, zeigen Melanie Streibelt und Päckchen demnächst in einem VHS-Kurs.