Manfred Oldenburgs Hommage an und namens „Kroos" porträtiert die schwierigen Stationen, die der elegante Dirigent am Ball von Greifswald über München und Leverkusen bis nach Madrid absolvierte. Er durchdribbelte die Höhen der WM 2014, die dreifachen Champions-League-Gewinne mit Real, stolperte aber auch mit Bayern München gegen Chelsea und litt unter der verpatzten WM 2018 in Russland.
Der ist mit allen Abwassern gewaschen", würde heute der Ex-FC-Kölner Norbert Dickel mit seiner falschen Wortwahl schwärmen und auch Franz Beckenbauer lobte als „Experte" in der Sky-Saison 2009/2010 am elften Spieltag: „Das kannst nur, wenn du es kannst". Seine Treffer bei Bayer 04 Leverkusen sind unvergessen. Schon auf der Webseite des FC Hansa Rostock wird das am 4. Januar 1990 geborene Ausnahmetalent 2005 zelebriert wie ein junger Gott: „Toni, Sohn des C-Jugend-Trainers, gilt als eines der ganz großen Talente des Clubs. Der Junge, der beidbeinig den Ball spielt, hat eine gute Technik und Spielübersicht. Er operiert im zentralen, offensiven Mittelfeld, ist charakterlich stark, kann mit Druck umgehen und behält auch in komplizierten Situationen den Durchblick." Er sei „ein bescheidener Junge ohne Allüren", einer, der „gut in der Schule und noch besser auf dem Fußballplatz" sei. Und einer, der ebenso bescheiden sagt: „Ich spiele gerne Fußball, mehr nicht. Ich bin nichts Besonderes." Die typische Kroos-Attitüde, die ihn so liebenswert macht. Gerade hier und heute, wo der Fußball zur monetären Supershow der Fifa und Uefa degeneriert ist. In einer Zeit der massiven Korruptions- und Steuerhinterziehungsskandale à la Uli Hoeneß oder Josef Blatter. Von den astronomischen Gagen, Ablöse- und Transfersummen einmal abgesehen, sind einst bodenständige Miteinanderspieler zu geldgefräßigen Models mutiert, die inklusive geltungssüchtiger Ehefrauen mit Werbeverträgen und Roter-Teppich-Auftitte eher die Klatsch-und Schmähpresse befeuern.
Ehrlich, tolerant und transparent
Alles gottlob ohne diesen Toni Kroos und seine Frau Jessica: Der instinktiv vorausschauende Mittelfeld-Maestro ist stattdessen für einzigartige Spielzüge und Bilderbuchtore bekannt. Er, der als zu verhalten gilt, wurde deshalb oft bekrittelt. Dennoch stieg er unaufhaltsam in den Fußballolymp auf und verbucht heute ungeschlagen auf der Instagram-Präsentationsweide zehn Millionen Follower.
Ehrlichkeit, Toleranz und Transparenz sind seine natürlichen Geheimwaffen: Bei der WM-Schmach in Russland schossen nach seinem legendären Siegtor im WM-Match für Deutschland gegen Schweden (2:1) die Wut und Frust aus ihm heraus wie eine Ballwurfmaschine im Edeltennisclub: „Man hatte das Gefühl, viele Leute in Deutschland hätte es riesig gefreut, wenn wir ausgeschieden wären. Aber so einfach machen wir es denen nicht", grämte er sich nach dem Spiel im Interview vor ARD-Journalisten. Und räumte gleichzeitig enttäuscht eigene Patzer ein: „Natürlich ging das erste Tor einzig und allein auf meine eigene Kappe. Aber wenn du in einem Spiel 400 Pässe spielen musst, gehen halt auch vereinzelte daneben. Man muss dann auch selbst die Eier besitzen, die zweite Halbzeit so zu spielen." Diese schonungslose Ehrlichkeit ist entwaffnend und brachte ihm in die Herzen der sonst so kritischen Spanier. Für Real Madrid ist Kroos ihr „geliebter Toni", auch letztlich nur ein Mensch mit Macken und Tücken.
Diese Begeisterung wird ebenso auf den Kinozuschauer überspringen, der weitreichende Einblicke hinter die Kulissen eines Spitzensportlers ganz privat bekommt. Wie er mit seinen Kids dribbelt, mit Frau Jessica harmoniert oder mit Bruder Felix debattiert. Interviews und Statements mit Förderern, Teamkollegen und Trainern runden das Gesamtbild wohlwollend ab. Weltfußballer Luka Modric analysiert und referiert fachmännisch wie Meistermacher Pep Guardiola und Alt-Ikone Jupp Heynckes. Und selbst Robbie Williams schwelgt versonnen über diesen A-Klasse-Kicker, sähe ihn „am liebsten im Manchester-United-Trikot".
Normaler Mensch mit Macken
Für Kroos selbst ist das Glück eher „Normalität" in geerdeter Harmonie mit sich selbst und den Seinen. Als zweifacher Vater engagiert er sich mit seiner Stiftung für schwerkranke Kinder und deren Angehörige. Ohne vollmundiges Bussi-Bussi-Charité-Showgebaren. Anscheinend denkt er wie der ehemalige österreichische Spieler und Nationaltrainer Toni Polster: „Ein Denkmal will ich nicht sein, darauf scheißen ja nur die Tauben." Toni Kroos würde sich kaum so plakativ ausdrücken. Denn er ist nach wie vor ein stiller und manierlicher Großer, bei dem das Runde nach wie vor ins Eckige gehört. Deshalb werden nicht nur fanatische Fußballjünger in den Lichtspielhäusern vor dem überdimensionalen Eckigen (Leinwand) Freude an diesem extraordinären Porträt haben – denn diese meisterlich-packend montierte Vita fußt auf profunder Dokumentations-Expertise. Nicht umsonst wurde Inszenator Manfred Oldenburg schon für seine Werke mehrfach prämiert. Er erhielt unter anderem den begehrten Deutschen Fernsehpreis für „Das Wunder von Bern – Die wahre Geschichte".
Getragen wird das aufwendige Projekt vom Erfolgsproduzenten und Emmy-Preisträger Leopold Hoesch, der unter anderem „Klitschko" und „Nowitzki – Der perfekte Wurf" publikumswirksam umsetzte.