Der Klimawandel verändert unsere Natur. Auch den Affenbrotbäumen soll er schaden. Die Giganten Afrikas können mehrere tausend Jahre alt werden. Ob sie tatsächlich bedroht sind, lässt sich nicht eindeutig sagen.
Baobabs, auch Affenbrotbäume oder wissenschaftlich Adansonia digitata genannt, sind Afrikas pflanzliche Wahrzeichen der Savannenlandschaften. Dank ihrer einzigartigen Form sind sie leicht identifizierbar und wurden früher, als es noch kein GPS oder gute Landkarten zur Orientierung gab, gerne als Wegweiser und Treffpunkte genutzt. Seit Tausenden von Jahren sind sie nützlich für Mensch und Tier in ihrem Ökosystem. Vor einiger Zeit haben sie aus einem traurigen Anlass von sich reden gemacht: Angeblich sollen die „Lebensbäume" vom Aussterben bedroht sein.
Ein internationales Forscherteam um Adrian Patrut – mit Stephan Woodborne, Roxana T. Patrut, Laszlo Rakosy, Daniel A. Lowy, Grant Hall und Karl F. von Reden – untersuchte Zustand und Verbleib der dreizehn größten und ältesten Affenbrotbäume. Das Studiengebiet beschränkte sich auf das südliche Afrika. Die Forscher stellten fest, dass neun der ältesten und fünf der sechs größten Exemplare in den letzten zwölf Jahren abgestorben waren. Als eine der möglichen Ursachen brachten sie den Klimawandel ins Gespräch, wiesen aber gleichzeitig darauf hin, dass für eine sichere Erkenntnis weitere Forschung nötig wäre. In der Fachpublikation „Nature Plants" veröffentlichten sie ihren Beitrag „The demise of the largest and oldest African baobabs" im Juni 2018. Die Presse störte sich an der Einschränkung nicht – sie titelte weltweit, dass Affenbrotbäume vom Aussterben bedroht wären.
Nützlich für Mensch und Tier gleichermaßen
Für Affenbrotbäume ist ein Alter von etwa 800 Jahren nicht ungewöhnlich. Im Dorf Zwigodini in Südafrika steht der Sagole Big Tree, den das Forscherteam auf etwa 850 Jahre datierte. Frühere Messungen hatten über 1.200 Jahre ergeben. Bei der verwendeten Methode der Radiokarbondatierung können Abweichungen von mehreren hundert Jahren auftreten. Beim Platland Baobab, der ebenfalls in Südafrika wuchs, stellte man ein höheres Alter fest und bei Exemplaren in Namibia sogar über 2.000 Jahre. Am Platland Baobab brach 2016/2017 der Hauptstamm zusammen. Für sein partielles Ableben gibt es Gründe, die wenig mit dem Klimawandel zu tun hatten. Mit zunehmendem Alter höhlen Baobabs von innen aus. Das schadet den Bäumen nicht, sie leben trotzdem weiter. Die Besitzer des Landes, auf dem der Baum wuchs, hatten sich diese Eigenschaft zunutze gemacht und ihn weiter ausgehöhlt. Fortan diente er als Bar, in der 40 Personen Platz fanden und als Lagerplatz für Wein. Um den Riesen legten sie eine Rasenfläche an, die sie regelmäßig wässerten. Durch die Besucher verdichtete der Boden. Baobabs mögen es trocken und wachsen bevorzugt in Gegenden mit wenig Niederschlag. Während der Regenzeit speichern sie in speziellen Zellen Wasser für trockene Phasen. Die meiste Zeit seines Lebens hatte sich der Baum aus natürlichen Wasserquellen versorgt. Plötzlich war er dauerhaft mit Wasser konfrontiert. Zu viel Staunässe vertragen die Bäume nicht – sie bekommen davon Wurzelfäule. Das, so nehmen Forscher in Südafrika an, hat den Platland Baobab zu Fall gebracht: „Er kam mit dem verdichteten Boden und dem Rasensprengen nicht zurecht und faulte von innen heraus – der langsame Tod des gefallenen Stamms dauerte über 30 Jahre.
Ein weiteres Exemplar ereilte ein ähnliches Schicksal. Der Glencoe Baobab in der Nähe von Hoedspruit brach 2009 zusammen. Er lebte über viele Jahre auf einer Farm umgeben von Getreidefeldern. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die landwirtschaftliche Nutzung mit Bewässerung und dem Einsatz von chemischen Substanzen zu seinem Fall beigetragen haben. Doch am Glencoe Baobab zeigt sich eine besondere Fähigkeit der Bäume: Selbst wenn ein Riese fällt und alles nach seinem Ende aussieht, kann er aus am Boden liegenden Ästen wieder neue Stämme treiben und weiter wachsen.
Pflanzen sich nur etwa alle 100 Jahre fort
Ohne gesicherte Erkenntnisse ist es derzeit noch zu früh, um den Klimawandel für das Absterben der Bäume verantwortlich zu machen. Die Zahl der von Patrut untersuchten Bäume in der Studie ist sehr gering und gilt als nicht repräsentativ. Von ihr lässt sich schwer auf den Verbleib aller Baobabs schließen. Die in der Studie untersuchten Individuen hatten alle das durchschnittliche Alter um viele Jahre überschritten. Bedenkt man, dass das Absterben der Bäume vielleicht schon vor der Messung durch die Wissenschaftler über Jahre angedauert haben könnte, wäre es nicht korrekt, von „plötzlichem" Absterben zu sprechen, wie es in der Berichterstattung der Medien dargestellt wurde. Das kann zu vorzeitigen und falschen Schlüssen führen. Zu einer genauen Bewertung der Situation gehört auch eine Untersuchung des Lebensraums der Bäume. Sich nur auf die Ergebnisse der Radiokarbondatierung zu verlassen greift etwas kurz.
Gerade in Südafrika finden seit vielen Jahren regelmäßig wissenschaftliche Untersuchungen von Affenbrotbäumen statt. Bislang konnte noch nicht eindeutig geklärt werden, wie der Klimawandel die Populationen beeinflusst. Dazu sind weitere Langzeitstudien erforderlich. Fest steht in jedem Fall, dass Baobabs der nachkommenden Generationen in gutem Zustand sind. Trotzdem fällt auf, dass es die Bäume in dicht von Menschen besiedelten Gebieten schwer mit der Fortpflanzung haben. Heute weiß man, dass sie sich episodisch fortpflanzen. Das geschieht nicht jedes Jahr, denn die Samen der Bäume benötigen zum Keimen ideale Bedingungen. Das kommt zum Beispiel in Limpopo nur etwa alle 100 Jahre vor. Für die Riesen ist das an sich nicht weiter schlimm. Zum Arterhalt reicht es aus, wenn sie sich pro Baum einmal im Leben erfolgreich fortpflanzen. Doch in dicht besiedelten Gebieten steht ihr Lebensraum in Konkurrenz zu neuen Anbau- und Wohngebieten. Auch die Viehhaltung trägt ihren Teil bei, denn die kleinen Baobab-Schösslinge sind sehr beliebt bei Rindern, Ziegen, Schafen und Hühnern. Sie knabbern die frischen Triebe ab. Das lässt die jungen Bäume frühzeitig absterben. Das Problem wurde in Südafrika erkannt. Inzwischen gibt es Initiativen, die sich um die Aufforstung von Baobabs bemühen – damit die Giganten der Savannen auch für künftige Generationen erhalten bleiben.