Das Verfassen eines Thrillers könnte so einfach sein: Man braucht ein oder mehrere Helden, die zum hundertsten Mal den Rest der Welt retten, ein paar Bösewichte, denen dies nicht in den Kram passt – und natürlich den Leser, der sich über einen spannenden Plot freut. Nun, über mangelnde Leser wird sich der Autor Benedikt Gollhardt, bekannt durch Serien wie „Türkisch für Anfänger" und „Danni Lowinski" wohl auch dieses Mal nicht beschweren können. Denn sein erster Thriller „Westwall" überzeugt nicht zuletzt gerade mit dem Bruch der klischeehaften Schwarz-Weiß-Malerei: Scheinbar zufällig lernt Polizeischülerin Julia den attraktiven Nick kennen. Nach der ersten gemeinsamen Nacht entdeckt sie, dass er ihr nicht nur einen falschen Namen genannt hat, sondern auch ein riesiges Hakenkreuz-Tattoo auf dem Rücken trägt. Julia ist geschockt und beginnt zu recherchieren. Ihr Leben gerät plötzlich in einen alptraumhaften Strudel, der droht, ihr alles zu nehmen, was ihr lieb ist. Aber Julia gibt nicht auf. Und ihre Suche nach der Wahrheit führt sie in die menschenleeren Wälder der Eifel – bis hin zum Westwall, einem alten Verteidigungssystem aus dem Zweiten Weltkrieg.
Benedikt Gollhardt hat für dieses Buch fleißig recherchiert. Die historischen Hintergründe wirken glaubwürdig. Der Westwall beispielsweise zog sich von den Niederlanden bis in die Schweiz. In der Eifel sind heute noch Teile davon erhalten. Gollhardt bemerkt dazu: „Ich hatte das Bedürfnis, eine Geschichte zu schreiben, die sich mit unserer unruhigen politischen Lage beschäftigt, in der wieder Mauern gebaut werden – auch in unseren Köpfen." Er sieht den Westwall dabei als Symbol „für alles, was wir glaubten, überwunden zu haben und was plötzlich wieder zur realen Drohkulisse wird: faschistisches Gedankengut, nationale Abgrenzung und aggressive Propaganda." Und da er auch bei der Schilderung der Protagonistin Julia keine fiktionale Mutter Teresa, sondern einen differenzierten Charakter zeichnet, ist der Thriller schnell gelesen. Fazit: Mehr davon!