Jens Jakob, Peter Wirbel und David Christian verfolgen im „Le Comptoir" in der Saarbrücker Försterstraße ein ganz eigenes Konzept. Gegessen wird an der Theke, es gibt nur Menüs – und kein Servicepersonal.
Le Comptoir heißt auf Französisch die Theke. Und dieser Name ist für das kleine Restaurant in der Försterstraße in Saarbrücken nicht nur einfach ein Name, sondern spiegelt auch die Philosophie wider, die dort herrscht. Denn gegessen wird hier am Tresen.
Es ist schon weit über ein Jahrzehnt her, dass ich bei einem meiner alljährlichen Paris-Besuche ein Restaurant im siebten Arrondissement besuchte, in der Rue de Montalembert: das Atelier von Joel Robuchon. Auch hier werden die Gäste an eine lange Theke gesetzt. Tische gab es damals gar keine, und die Gäste konnten Köchen aus der ganzen Welt zuschauen, die unter Leitung eines Vertrauten des zu früh verstorbenen „Koch des Jahrhunderts" dessen Spezialitäten kochten. Nach meinem ersten Besuch stellte ich in Gesprächen mit saarländischen Spitzenköchen fest, dass auch diese gerne das Atelier besuchen. Christian Bau etwa, Wolfgang Quack und auch Cliff Hämmerle.
Vor etwa acht Jahren besuchte auch Jens Jakob diesen besonderen Laden nicht weit vom Musée d’Orsay. Dort holte sich seine eigenen Inspirationen, die er jetzt im „Le Comptoir" umsetzt. Jakob wurde einem breiten Publikum durch sein Restaurant „Le Noir" bekannt, dessen Küche mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet war. Später ging Jakob in zwei anderen Restaurants weitere Konzepte an, die aber nicht annähernd so erfolgreich waren wie früher das „Le Noir". Also musste er sich etwas Neues überlegen …
Nach anfänglichen Schwierigkeiten läuft das Konzept
Schon im „Le Noir" setzte er auf eine offene Küche, dafür wurde er im Jahr 2009 mit dem Gastro-Award für Trend und Style ausgezeichnet. Das ist jetzt auch im „Le Comptoir" so. Hier gibt es auch keine Servicekräfte, sondern nur drei gleichberechtigte Köche: Jens Jakob, Peter Wirbel und David Christian. Die beiden letzteren sind langjährige Weggefährten Jakobs und längst Freunde , die zur Kochfamilie gehören. Peter Wirbel etwa steht schon seit elf Jahren mit Jakob in der Küche. Er hat als junger Mann mit 21 Jahren bei ihm angefangen, nachdem er von Wolfgang Quack ausgebildet worden war. Er arbeitete sich bei Jakob bis zum Küchenchef hoch und war auch bei Gastkochevents in Asien immer an der Seite seines Chefs. David Christian lernte im „Le Noir". Nach einer Rundreise zu anderen Gastronomen – er kochte unter anderem bei Cliff Hämmerle, in Korsika, in Südfrankreich und in Aachen – kam er zurück und blieb.
Zusammen entwickelten die drei das Konzept für „Le Comptoir". „Weniger ist mehr" sagt Jens Jakob, der nicht mehr den riesigen Betrieb mit unzähligen Angestellten haben wollte. „Die alten Pferde weiter zu reiten, brachte nichts. Ich hatte einst 39 Festangestellte, und ich wollte diesen Umsatzzahlen nicht mehr hinterher laufen müssen. Das war Wahnsinn." Im „Le Comptoir" soll die Kommunikation mit den Gästen im Mittelpunkt stehen, und das geht am besten, wenn die Gäste an der Theke sitzen. Jakob ist nicht nur Koch, sondern auch gelernter Restaurantfachmann, seine beiden Mitstreiter sind sehr kommunikativ und auch mehrsprachig. Die Gäste sollen sich wie im heimischen Wohnzimmer fühlen. Für Rollstuhlfahrer und für Gäste, die mit der Theke nicht klarkommen, gibt es auch drei, vier Tische. Und ganz am Ende des Tresens gibt es etwa acht Plätze, an denen sich die Gäste gegenüber sitzen. Optimal für kleine Gruppen.
Anfangs war das Konzept für viele Gäste ungewohnt, doch nun funktioniert das Ganze. Natürlich sind die Gerichte nicht ganz so anspruchsvoll wie früher im Sternetempel. Was sich aber nicht geändert hat, sind die hochwertigen Produkte, mit denen die drei kochen. Zubereitet wird im hinteren Teil in der Küche, vieles wird aber auch direkt vor den Augen der Gäste fertiggestellt.
Die Menüs lassen sich erweitern oder auch verändern
Es gibt übrigens nur Menüs: mittags die kleinere Version, abends die etwas größere. Ich habe beides probiert, und beides war hervorragend. Das Mittagsmenü enthält drei Gänge und wird für 28 Euro angeboten. Alle Menüs stehen jeweils einen Monat auf der Karte. Dann werden sie komplett gewechselt. Bei meinem kürzlichen Besuch gab es mittags etwa Pulpo mit Avocado-Creme und Chili, Gurken-Limettenschale mit Minze, Saltimbocca-Maishähnchen mit Kräutersaitlingen, Risotto mit Saarbrücker Pilzen, Loup de Mer und ein Dessert du jour. Das Abendmenü kostet mit vier Gängen 69 Euro, mit fünf 79 Euro. Dort gab es beispielsweise Entenleber Piña Colada, ein Jakobsmuschel-Carpaccio, Putenbrust mit Sommertrüffel und Salzwiesenlamm, um nur einige Positionen zu nennen. Bei allen Gängen hat der Gast die Möglichkeit, auszuwählen und auch zu erweitern. Selbstverständlich gibt es auch vegetarische Varianten. Wer komplett vegan essen möchte, sollte dies im Vorfeld seines Besuchs anmelden. Dann ist auch das kein Problem.
Auch die Weinkarte wurde mit viel Sachverstand zusammengestellt und macht viel Freude. Einige Weine gibt es glasweise, etwa weiße aus der Pfalz, der Lombardei, von der Rhône, aus Bordeaux und dem Languedoc. Bei den Roten gibt es ein Gläschen aus Rheinhessen, der Rhône, der Toskana, der Rioja und dem Roussillon. Flaschen gibt es aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Natürlich finden sich Namen, die auf jede gute Weinkarte gehören – von Knipser über Wittmann bis zum Zweitwein von Ornellaia.
Übrigens: Jens Jakob ist seit zehn Jahren Fernsehkoch bei der Sendung „Kaffee oder Tee" im Regionalprogramm von SR und SWR. Ab Oktober gibt es noch eine weitere Sendung mit Tim Mälzer und Tim Raue auf Vox. An dem Haus in der Försterstraße, in dem das „Le Comptoir" zu finden ist, hängt eine Gedenktafel, die an Max Ophüls erinnert. Der Film- und Theaterregisseur lebte hier einige Jahre. Sein Zitat „Leben, das ist für mich Bewegung" passt perfekt für die Umsetzung des Konzepts im „Le Comptoir".