Jaron Schäfer musste mit 25 Jahren die schwere Entscheidung über sein vorzeitiges Karriereende treffen. Doch anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, sieht er es als Chance, persönlich zu wachsen – und kann Vorbild für viele Menschen sein.
Wenn Fußballstars ihre Karriere frühzeitig beenden müssen, werden sie meist von der ganzen Welt umarmt. Wenn ein Spieler aus der Vierten Liga seine Karriere beenden muss, bekommt die Welt das meistens nicht einmal mit – obwohl es für diesen Spieler eine größere Zäsur darstellt als für den großen Star. Als Uli Hoeneß im Alter von 27 Jahren aufgrund seiner Knieprobleme aufhörte, ging er direkt ins Management des FC Bayern, als Sebastian Deisler seine Karriere aufgrund mentaler Probleme beenden musste, garantierte der FC Bayern dem hochtalentierten Mittelfeldspieler finanzielle Sicherheit. Um es nicht falsch zu verstehen: Auch wenn ein Spieler aus der Bundesliga seine Karriere frühzeitig beenden muss, ist das schlimm. Unbestritten ist aber, dass sie wesentlich weicher fallen als Spieler, die auf dem Sprung zum Vollprofitum die Schuhe an den Nagel hängen müssen.
Ein paar Auftritte in der Dritten Liga für den 1. FC Saarbrücken
Jaron Schäfer begann das Fußballspielen mit fünf Jahren in seinem Heimatort Wemmetsweiler. Sein Talent wurde früh erkannt, und so ging es für ihn zum damaligen Lokalmatadoren, dem 1. FC Saarbrücken. Dort spielte Schäfer insgesamt zehn Jahre, fast die komplette Jugend, bis es dann sogar zu ein paar Auftritten in der Dritten Liga reichte. Nachdem in Saarbrücken die Chance auf weitere Entwicklung aber ausblieb, wechselte der Linksaußen zu den Grün-Weißen nach Homburg, wo ihm in der Regionalliga dann der Durchbruch gelang. In insgesamt 62 Regionalliga-Einsätzen für den FCH kam er auf zwölf Torbeteiligungen. Doch wie es dann manchmal passiert, blieb Schäfer in einem Testspiel plötzlich mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Kurze Zeit danach war es dann bittere Gewissheit: Kreuzbandriss. Diese Verletzung bedeutet in der heutigen Zeit eigentlich bei keinem Spieler mehr das sofortige Karriereende. Jedoch machte das Knie nach der Operation immer wieder Probleme. „Da gibt es keinen Meniskus mehr und die Hauptproblematik ist, dass an der Hauptbelastungszone des Knies dadurch Knorpel an Knochen reibt, bei Abbremsbewegungen kommt es somit zwangsläufig zum Knorpelschaden, was immer wieder Schmerzen bereiten würde", beschreibt der mittlerweile 26-Jährige seine Situation. So folgte eine weitere Operation, die letztlich den Gedanken auf ein vorzeitiges Ende der Karriere reifen ließ. „Ich zog zurück zu meinen Eltern, da ich mich mit der Bewegungsschiene für drei Monate kaum rühren konnte", erzählt Schäfer. „Das war wohl der Tiefpunkt meiner verletzten Zeit." Wenn Jaron Schäfer von dieser Zeit erzählt, wirkt er aber nicht traurig oder nachdenklich, sondern eher aufgeräumt und klar strukturiert: „Wenn du dich drei Monate nicht bewegen kannst, dich vorher aber nur mit Fußball und Ernährung auseinandergesetzt hast, stellst du dir natürlich irgendwann die Frage: War das alles?"
So begann die Entwicklung eines Menschen, der sich völlig neu erfinden musste – und das dann auch wollte. Obwohl er nicht mehr aktiv spielt, wirkt er austrainiert, trägt stets ein Lächeln im Gesicht. Er wirkt nicht wie jemand, der sich den Kopf über die neue Situation zerbricht, sondern ganz gut mit ihr leben kann. „Für mich war klar: ‚Du musst persönlich wachsen und dich weiterbilden, um in der wirklichen Welt fernab vom Fußball klarzukommen‘", erklärt Schäfer. So begann er in der Kanzlei seines Vaters zu arbeiten, um sich dieses Berufsfeld genauer anzuschauen: „Ich sah dadurch jeden Tag viele Menschen aus ganz vielen unterschiedlichen Bereichen und konnte mir ein Bild darüber machen, wie es in der arbeitenden Gesellschaft aussieht." Um in dieser Fuß fassen zu können, belegte er sogar Volkshochschulkurse, um den Umgang mit einem Computer und dessen Programmen zu erlernen. Diesen Schritt zu gehen war auch nicht einfach, sondern kostete Überwindung: „Ich musste über meinen Schatten springen, um mich bei diesen Volkshochschulkursen anzumelden – ich war mit Abstand der Jüngste und es gab dann auch mal schiefe Blicke, aber da musste ich durch", erzählt Schäfer mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Allgemein hat sich der Tagesablauf des ehemaligen Fußballers deutlich verändert. „In der Zeit, in der das Ende der Karriere noch nicht fix war, ich aber weit entfernt vom Fußballspielen war, fing ich an, jeden Tag zu lesen. Ich wollte wissen, was es sonst noch so in der Welt gibt: Wirtschaft, Politik, Finanzen", erklärt er. Während dieser Selbstfindungsphase streuten sich auch immer wieder Arzttermine ein, irgendwann war die Entscheidung dann definitiv: Nie wieder Fußball. „Das Knie würde immer wieder Probleme bereiten. Ausschlaggebend war wohl der Gedanke daran, dass ich mit meinen Kindern irgendwann einmal im Garten spielen und laufen will, ohne humpeln zu müssen und ohne Schmerzen im Knie zu haben – darauf will ich einfach nicht verzichten müssen", erläutert Schäfer. Das Ergebnis dieser Leidenszeit kann sich aber durchaus sehen lassen. Schäfer wirkt gut sortiert, immer noch durchtrainiert und mit sich selbst absolut im Reinen. „Ein Tiefpunkt ist immer eine Chance, neu anzufangen", sagt er. Und er tat es. Er ist weiterhin beim FC 08 Homburg angestellt, nicht mehr als Fußballer, sondern als Dualer Student im Studiengang Sportökonomie. Dabei kümmert er sich vor allem um die Jugend-Reha und um Schulprojekte. Gerade in Sachen Reha kann er seine Erfahrungen gut einbringen, da er dort „einige Zeit verbracht" hat. Ganz auf den Fußball verzichtet er aber nicht. Als Co-Trainer im Jugendbereich bleibt er dem FCH auch auf dem Platz erhalten.
„Das Knie würde immer wieder Probleme bereiten"
„Es ist ein neues Leben, aber ich gehe es mit riesengroßer Freude an", sagt Jaron Schäfer. Dabei wirkt er zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt oder insgeheim traurig. Schäfer stellt dabei klar: „Ich bin nicht der arme Kerl, der seine Karriere beenden musste und jetzt nicht weiß was er mit sich anfangen soll. Ich habe gelernt, dass es noch viel mehr im Leben gibt als nur den Fußball."